Marokko März 2025

Samstag, 01.03.2025

Nach dem Besuch der Kasbah sind wir nach Ouazazate weitergefahren, einer lebendigen Provinzstadt, touristischer Ausgangspunkt für Busreisen in die Wüste und Ort berühmter Filmproduktionen. Wir besichtigen die Atlas-Filmstudiosmit einem Führer. In Ouazarzate wurden und werden vor allem Filme gedreht, die in Wüstenlandschaften spielen. Aber nicht nur. „The Way Back“, der den Ausbruch einer Gruppe Gefangener aus einem Lager in Sibirien beschreibt, wurde ebenso hier gefilmt wie „Asterix und Kleopatra“ oder „Black Hawk Down“.

Ägyptischer Tempel für“Asterix und Cleopatra“.

Für einen Film, der in Tibet spielt wurden zweihundert chinesische Komparsen eingeflogen. Ein Set ist imposanter als das nächste – alles aus Holz und Gips, aber die perfekte Täuschung. Wir laufen durch ein nachgebautes Berberdorf und können optisch keinen Unterschied zur Kasbah von gestern erkennen – allerdings klingen die Wände hohl, wenn man dagegenklopft. Marokko hat sich laut Auskunft unseres Guides aus verschiedenen Gründen als Drehort etabliert: Wegen der vielfältigen Landschaften vom grünen Rif-Gebirge über den schneebedeckten Hohen Atlas bis zur Wüste, wegen der guten Handwerker und nicht zuletzt wegen der vergleichsweise geringen Produktionskosten. Viele Einheimische werden als Komparsen engagiert.

Fast wie in Ägypten: Nachbau des Tempels von Abu Simbel.

Am Nachmittag steht ein bereits länger angekündigtes Highlight auf dem Programm: Unter der Anleitung von Momo bereitet dir ganze Reisegruppe Tajine zu. Mit viel Hallo und Gelächter wird geschält, geschnippelt und gepuhlt, und später freuen wir uns über drei wirklich schmackhafte Tajines: Mit Huhn, mit Rindfleisch und mit Hackfleischbällchen. Mit dieser Anleitung können wir das vielleicht auch daheim nachkochen.

Tajine à la Momo!

Sonntag, 02.03.2025

Nach einem Abstecher in Aït Ben Haddou, das Maxie als Neuschwanstein Marokkos bezeichnet, verlassen wir die Wüste und fahren über einen Pass des Hohen Atlas nach Marrakech.

Die Altstadt von Aït Ben Haddou ist eine noch intakte befestigte Berberstadt „Ksar“, in der bis zu 1000 Menschen gelebt haben sollen. Die Sippe (Aït) der Ben Haddou kontrollierte einst den Karawanenhandel zwischen Timbuktu und Marrakech und errichtete die Stadt an einer zentralen Schnittstelle. Das Dorf besteht aus mehreren ineinander verschachtelten Wohnburgen (Tighrements) und wurde in seiner heutigen Form irgendwann zwischen dem 12. und dem 16. Jahrhundert erbaut. Es ist heute nicht nur UNESCO-Weltkulturerbe, sondern war auch Drehort für zahlreiche Filme und vor allem ein touristischer Hotspot Marokkos, durch dessen enge Gassen sich täglich Tausende von Menschen wälzen.

Eines der sogenannten Tighrements (befestigte Wohnhäuser) in Aït Ben Haddou.

Uns wurde gesagt, dass die Stadt wegen eines aktuellen Filmdrehs gesperrt sei und wir nur vom gegenüberliegenden Ufer aus Fotos machen könnten. Aber wir haben ein Riesenglück: Heute ist Drehpause, und weil das Ganze im Vorfeld unklar war, sind auch vergleichsweise wenige Besucher unterwegs. Gedreht wird übrigens „Odyssey“ unter der Regie von Christopher Nolan mit Matt Damon in der Hauptrolle. Für diesen Film wurde vor der Altstadt eine ca. 50 Meter lange Mauer mit einem riesigen Tor errichtet – aus Holz und Gips. Vor die Kulisse der echten Altstadt wurde damit eine künstliche Kulisse gesetzt.

Links die Altstadt von Aït Ben Haddou, rechts die künstliche Mauer mit Tor für den Film „Odyssey“.

Beim Weg durch das Dorf kann es passieren, dass man plötzlich im Wohnraum einer Familie steht, weil die Gassen buchstäblich durch die Häuser führen. Entschuldigungen sind gar nicht nötig, statt dessen wird man um einen Obulus gebeten. Vom höchsten Punkt des Dorfes hat man einen grandiosen Ausblick in alle Richtungen.

Ausblick vom höchsten Punkt des Dorfes Richtung Hoher Atlas.

Nach diesem Besuch fahren wir rund 200 Kilometer über einen 2.200 Meter hohen Pass durch den Hohen Atlas nach Marrakech. Die Fahrt ist unbeschreiblich schön, die Straßen super ausgebaut und der Himmel blau. 

Vor uns Maxie mit ihrem Bus.
Grandiose Landschaften auf dem Weg durch den Hohen Atlas.

In Marrakech übernachten wir auf einem Campingplatz etwas außerhalb, der auf einer Lehmpiste erreicht werden muss. Der Platz gehört zu einem sehr schönen Hotel mit Swimmingpool und ist echtes Glamping. Nachdem sich sehr schnell herumspricht, dass hier auch Alkohol ausgeschenkt wird (trotz Ramadan!), trudeln alle in der Bar zum Apéro ein. Zwar können die (Alkohol-)Preise mit Zürich mithalten, aber wir genießen den Abend trotzdem.

Glamping in Marrakech.

Montag, 03.03.2025

Dieter, mein Retter aus dem Rif-Gebirge, hat solch akute Rückenprobleme, dass er und seine Partnerin Claudia die Reise abbrechen müssen. Das ist umso bitterer, als eigentlich Claudia (chronisch) krank ist. Sie wollen nach Tanger Med fahren, um dort die Fähre nach Genua zu nehmen. Wir machen eine morgendliche Krisen- und Verabschiedungsrunde, bis sich herausstellt, dass die Fähre komplett ausgebucht ist und die nächste erst eine Woche später geht, Plan B ist der Rücktransport mit dem TCS (dem Schweizer Pendant zum ADAC). Um das in die Wege zu leiten, wird ein ärztlicher Befund benötigt. Also in die Notaufnahme. Momo sucht dafür eine Privatklinik heraus, und Maxie und ich begleiten Dieter, zur moralischen Unterstützung und zum Übersetzen. Der Arzt ist sehr versiert und kompetent, die Krankenschwester, die den Zugang legt und spritzt, forsch-zupackend, und das Ganze dauert natürlich Stunden. Aber Dieter wird gut versorgt und verlässt das Krankenhaus immerhin etwas aufrechter als auf dem Hinweg. Nach mehreren Telefonaten gibt es am Abend dann die erlösende Nachricht: Claudia und Dieter können notfallmäßig nach Hause fliegen, und das Auto wird aus Marokko in die Schweiz überführt,

Spritzen dürfen nicht wiederverwendet werden…

Dienstag, 04.03.2025

Nachmittags fahren wir mit Taxis in die Stadt, um Marrakech zu erkunden. Schon auf der Fahrt sind wir froh, dass wir nicht mit den eigenen Autos durch das immer dichter werdende Gewühl von Autos, Rollern, Fahrrädern, Fußgängern und Eselskarren zirkeln müssen. Marrakech ist mit 1,5 Millionen Einwohnern nicht nur Berberhauptstadt, sondern Hotspot für praktisch alle Marokko-Touristen. Auf dem zentralen Platz Djemaa el-Fna (Platz der Gehenkten) treffen Tradition und Moderne ungebremst aufeinander. Während auf dem Platz Schlangenbeschwörer und Gaukler mit Berberäffchen (an Halsketten!) wie seit Jahrhunderten ihrem Gewerbe nachgehen, laden in den Gebäuden rundherum schicke Rooftop-Bars zum zeitgenössischen Chillen ein – Alkoholausschank inklusive (trotz Ramadan).

Unbeschreibliches Angebot an Waren ALLER Art im Souk von Marrakech.
Neben Händlern gibt es auch Handwerker, die spinnen und weben.

Von hier aus kann man in die Medina und die weitläufigen Souks laufen. Das Angebot an Waren ist geradezu unwirklich. Neben reinen Händlern gibt es auch Handwerker, die in Hinterräumen arbeiten: Schneider, Spinner und Weber, Schuhmacher. In einer Gasse sind Schmiede und Schlosser angesiedelt, die leider keine Fotos erlauben. Wegen Ramadan herrscht offensichtlich weniger Trubel als sonst, aber es reicht auch so noch. Vor allem fahren selbst hier Roller, Radfahrer und Eselskarren zügig durch die Menschenmenge hindurch. 

Roller fahren auch surch den Souk, ihne Rücksicht auf Verluste.

Ein bisschen abseits von den Souks gibt es ein kleines Photographiemuseum, das uns empfohlen worden war. Auf drei Stockwerken werden Fotos aus Marrakech und Marokko gezeigt, die vor allem aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stammen. Die Ausstellungsräume sind alle offen und um einen Innenhof gruppiert. Auf der Dachterrasse gibt es ein Café mit schönem Ausblick auf die Medina. Eine kleine Oase: Der Tipp hat sich gelohnt!

Abends trifft sich die ganze Gruppe wieder auf dem Djemaa el-Fna zum Essen. Während der Platz am Nachmittag noch relativ leer war, stehen jetzt hier überall Garküchen mit Zelten. Schon auf dem Weg zum Treffpunkt werden wir von sehr offensiven jungen Männern zum Einkehren genötigt: „Madame, Madame, eat here. Very cheap!“ Gegen 18:30 ertönt der Ruf des Muezzins – von den arabischen Familien das ersehnte Signal zum Fastenbrechen. Sie sitzen alle schon an ihren Tischen und warten nur darauf, dass es endlich losgeht. Für die Gläubigen gibt es übeigens als erstes eine Gemüsesuppe (Harira) und eine Dattel. Erst etwas später wird eine Mahlzeit gegessen.

Das Angebot an unserem Essensstand. Das Ganze wird übrigens in der Nacht wieder ab- und am nächsten Abend wieder aufgebaut. Morgens ist der Platz leer.
Dessert gefällig? Im Ramadan sind marokkanische Süßigkeiten besonders beliebt.

Wir sitzen mitten im Trubel, staunen über die Fülle an Speisen, die uns angeboten werden und über die Geschwindigkeit, mit der das Personal des Stands arbeitet. Zwischendurch gibt es heftige Wortwechsel, die wir nicht verstehen, und dann wird einfach mal gesungen. Wer nach dem Essen ein Dessert möchte, bedient sich bei den Handkarren mit marrokanischem Gebäck, die durch die Menge geschoben werden. Der Djemaa el-Fna ist wirklich ein besonderer Platz!

Djemaal El-Fna von einer Dachterrasse aus.

Mittwoch, 05.03.2025

Heute ist wieder ein Fahrtag. Ziel ist ein Campingplatz kurz vor dem Hafenstädtchen Essaouira. Auf dem Weg müssen wir als erstes durch Marrakech hindurch, was Claus‘ Geduld auf eine harte Probe stellt. Man kann gar nicht überall gleichzeitig schauen, wo man schauen müsste: Von den Autos, Rollern, Radfahrern und Fußgängern abgesehen, muss man auch auf die Schlaglöcher und Schwellen aufpassen, die das Auto gerne mit Schlägen traktieren. Vor und hinter Marrakech sind weite, öde Ebenen mit viel Plastikmüll. Schön ist anders. 

Erst etwa eine halbe Stunde vor unserem Ziel wird es hügeliger und beginnen die Oliven- und Arganplantagen zu dominieren. Es sieht aus wie in Andalusien, nur dass dort die Olivenbäume mehr in Reih und Glied stehen. In den Dörfern, durch die wir fahren, gibt es plötzlich ganz viele Eselskarren, auf denen zum Teil Leute, zum Teil Waren transportiert werden. 

Zwischen den Autos immer wieder Esels- bzw. Maultierkarren.

Der letzte Kilometer ist wieder eine Lehmpiste, wegen des starken Regens diesmal mit Riesenpfützen versehen. Der Campingplatz ist eine Idylle mit (leerem) Pool, Lounge, Hühnern, Gänsen und einem Esel. Im Campingrestaurant, wo wir abends essen, kocht die Mutter, bäckt die Tante („maroccan cakes“) und serviert der Sohn, der sicher 2 Meter groß ist und stolz erklärt, dass er Basketballer ist. Mutter und Tante verstehen übrigens ihr Handwerk – alles ist sehr lecker.

Donnerstag, 06.03.2025

Morgens gibt heftiges Gebell sowie Geschrei von unseren beiden Hundebesitzerinnen. Wie sich herausstellt, durften unsere beiden Reisegruppenhunde, Maxies Mischling Amlou und der Dackel Wilma, ohne Leine auf dem Campingplatz spielen. Zumindest so lange, bis Wilma die Hühner mit den Küken entdeckt hat. Die Dackeldame erlegt und verspeist ohne zu zögern ein Küken, trotz der lautstarken Proteste ihrer Besitzerin. Dafür gibt es ein Foto in unserem whatsapp-chat mit dem Titel „R.I.P. liebes Hühnchen!“

Durch das Bab Marina läuft man in den Hafen von Essaouira
Die Fischerboote sind alle blau gestrichen.

Nachmittags fahren wir in die Hafenstadt Essaouira, schlendern durch die Medina mit ihren vielen Läden zum Hafen, wo der frisch gefangene Fisch auf dem Markt verkauft bzw. direkt zubereitet wird. Der Hafen wird von einer Befestigungsmauer aus dem 18.Jahrhundert zum Meer hin abgeschirmt, auf der noch portugiesische Kanonenrohre aus Bronze stehen. Wir ergattern einen Tisch bei einem der Stände, genießen das turbulente Treiben, das Schreien der Möwen und den gegrillten Fisch. 

Frisch gefangener Fisch wird unter freiem Himmel verkauft und zubereitet.
Essaouira ist von einer mächtigen Stadtmauer geschützt.

Freitag, 07.03.2025

Die Fahrt heute beginnt damit, dass Gerd und Moni aus unserer Gruppe im Schlamm steckenbleiben und trotz vereinten Kräften nicht mehr herauskommen. Die Retterin ist wieder unsere Maxie, die nicht nur als einzige ein Abschleppseil dabei hat, sondern das Wohnmobil mit ihrem 40 Jahre alten VW LT problemlos aus dem Schlamm zieht. Maxie ist einfach spitze!

Kamen allein nicht mehr aus dem Schlamm heraus: Gerd und Moni.

Wir fahren etwa 200 km der Küste entlang nach Norden. Immer wieder sehen wir dabei die Spuren der vergangenen Regengüsse: Auf den Straßen sind Bauarbeiter mit dem Wegräumen von Schlamm und Sand beschäftigt, die es aus höhergelegenen Gebieten angeschwemmt hat. Beim Fischer- und Badeort Souira Guedima hat der Fluß Tensift, der hiert ins Meer fließt, soviel roten Schlamm aus den Hügeln mitgebracht, dass das Meer an der Mündung über mehrere Kilometer rot gefärbt ist. 

Das Meer ist vom Schlamm rot gefärbt.

Wir fahren durch Safi, eine Industriestadt mit rund 300.000 Einwohnern und Zentrum der marrokanischen Phospatindustrie. Marokko ist weltweit der größte Exporteur von Phosphat, das in Safi zu Dünger und Futtermittel verarbeitet und verschifft wird. Dass die Arbeitsbedingungungen katastrophal sind und viele Arbeiter erkranken und früh sterben, können wir beim Durchfahren nicht sehen. Aber die riesigen staubumwehten Fabriken, an denen wir vorbeifahren, sind etwas ganz anderes als das ländliche Marokko, das wir bisher erlebt haben.

Unser Zielt heute ist Oualadia, ebenfalls ein Badeort. Die Atmosphäre in diesen Orten erinnert an französische oder spanische Urlaubsorte – im Winter. Viele Ferienhäuser umd -appartments, alle mit geschlossenen Fensterläden. Es ist überhaupt nichts los, und die wenigen Lokale, die vielleicht normalerweise geöffnet hätten, sind wegen Ramadan geschlossen. Dafür ist der Strand wunderschön, auch ohne Menschen.

Lagune von Oualidia.

Abends nimmt der Wind zu, und der Nacht stürmt es so stark, dass wir uns vorkommen wie in einem Zugabteil, das über die Gleise rumpelt. Dazu schüttet es.

Samstag, 08.03.2025

Die Morgenbesprechung findet in einer kurzen Regenpause statt, und wir beschließen, ohne den geplanten Abstecher direkt zum nächsten Ziel zu fahren: Mohammedia, 30 km nördlich von Casablanca. 

In Mohammedia fahren wir noch kurz bei einem marokkanischen Supermarkt „Marjane“ vorbei, um etwas einzukaufen. Keine gute Idee. Es ist Samstagnachmittag gegen 15 Uhr, und schon der riesige Parkplatz ist brechend voll. Der Supermarkt ist voller marokkanischer Familien, die einkaufen wie bei uns vor den Weihnachtsfeiertagen. Vor allem Süßigkeiten in allen erdenklichen Variationen scheinen sich großer Beliebtheit zu erfreuen. Während des Ramadan wird zwar gefastet (und nichts getrunken!), aber nur tagsüber. Sobald die Sonne untergeht, bzw. sobald der abendliche Ruf des Muezzin ertönt, wird das Fasten gebrochen. Wenn all das gegessen wird, was im Marjane-Supermarkt in den Einkaufswagen liegt, dann wird abends ganz schnell alles nachgeholt, auf was tagsüber verzichtet wurde.

Leider schüttet es immer wieder, so dass wir alle in unseren Autos bleiben.

Sonntag, 09.03.2025

Wir fahren mit einem Bus nach Casablanca, um uns die Moschee Hassan II anzuschauen. Die Moschee ist eine Ansammlung von Superlativen. Sie wurde im Auftrag von König Hassan II, dem Vater des heutigen Königs Hassan VI, in Auftrag gegeben und innerhalb von sechs Jahren zwischen 1987 und 1993 erbaut. Die Baukosten in Höhe von imgerechnet 1 Billion EUR wurden über Steuergelder sowie über (mehr oder weniger freiwillige) Spenden der Bürger finanziert.

Riesige Dimensionen: Moschee Hassan II in Casablanca.

Die Moschee ist 200 Meter lang und 100 Meter breit und bietet im zentralen Gebetsraum Platz für 25.000 Gläubige (20.000 Männer und auf den Galerien 5.000 Frauen). Sie ist damit nach Mekka die zweitgrößte Moschee, das Minarett mit 210 Metern das höchste der Welt. Bei Nacht zeigt ein Laserstrahl Richtung Mekka und ist 30 KM weit zu sehen. Die Moschee steht auf Pfeilern im Meer. Das Dach in einer Höhe von 60 Meter ist 3400 qm groß und 1100 t schwer und kann innerhalb von 5 Minuten geöffnet werden, um die Gebetshalle zu belüften.

Gebetsraum für 20.000 Männer, rechts und links die Galerien für die Frauen. Die Kronleuchter sind aus Murano.
Das Dach der Moschee kann geöffnet werden, damit die Gläubigen unter freiem Himmel beten.

Überhaupt ist die Moschee eine beeindruckende Mischung aus Kunsthandwerk auf höchstem Niveau und High Tech. Säulen verbergen insgesamt 360 Lautsprecher. Das große Tor (gefertigt aus russischem Titan), das nur für den König geöffnet wird, wiegt 5 Tonnen pro Flügel  und wird elektrisch betrieben. Die ebenfalls tonnenschweren Murano-Kronleuchter können allesamt für Reparatur und Wartung elektrisch nach unten gefahren werden. Sicherheits- und Unterhaltspersonal sind rund um die Uhr beschäftigt, um die Moschee zu bewachen und instand zu halten.

Wir haben zunächst die Gelegenheit, uns das Gebäude von außen anzuschauen (praktischerweise  in einer Regenpause), bevor wir es mit einem Guide betreten können. Die Moschee Hassan II ist übrigens die einzige in Marokko, die von Nicht-Muslimen besichtigt werden darf. Die Führung ist auch eine Gelegenheit, uns über muslimische Bräuche zu informieren. 

Im Untergeschoss befinden sich die Waschräume mit blumenförmigen Marmorbrunnen.

Gebetet wird fünfmal am Tag nach einem festen Ritual. Vor dem Betreten des Gebetsraums müssen die Gläubigen eine rituelle Waschung vollziehen. Dafür gibt es im Untergeschoss riesige Waschräume, in denen sich Männer und Frauen getrennt waschen können. Aus Marmorbrunnen, die wie Blumen gestaltet sind, fließt rundherum das Wasser, so dass viele Menschen gleichzeitig Zugang haben. 

Kalligraphie statt Abbildungen von Menschen und Tieren.

Die Moschee ist prachtvoll verziert mit Stukkaturen, feinsten Schnitzarbeiten aus Zedernholz und Kalligraphien. Da der Islam Abbildungen von Menschen und Tieren verbietet, um nicht vom Gebet abzulenken, sind kunstvolle Schriftzeichen mit Suren aus dem Koran in die Oberflächen eingearbeitet. Der Eindruck der Moschee ist überwältigend – wegen ihrer schieren Größe aber auch wegen der palastartigen Gestaltung. Unglaublich, dass ein solches Gebäude für diese Bausumme in der heutigen Zeit errichtet wurde. Das wäre so ähnlich, als wenn der Kölner Dom kürzlich mal mit einigen Spendengeldern erbaut worden wäre.

Nach der Besichtigung spazieren wir (trockenen Fußes!) in die Medina von Casablanca. Dort ist praktisch alles wegen Ramadan geschlossen, was das Besichtigungsvergnügen ein wenig schmälert. Die Altstadt wirkt wie ausgestorben. Auf Nachfrage wird uns aber doch ein Lokal genannt, das geöffnet hat. Abgeschottet hinter hohen Mauern und von einem Sicherheitsmann bewacht, finden wir ein idyllisches Restaurant mit Innenhof, in dem wir auf wunderschönen Tellern eine Kleinigkeit essen und den besten Tee der Reise trinken.

Menschenleere Medina: Wegen des Ramadan ist das Leben etwas reduziert.

Zurück auf dem Campingplatz, giesst es wieder aus Kübeln. Gutes Timing. In einer Regenpause verabschieden wir die ersten drei Mitreisenden, die früher wieder nach Hause fahren müssen. 

Montag, 10.03.2025

Heute geht es in das Küstenstädtchen Asilah, nur noch etwa 90 km von unserem Abreisehafen Tanger Med entfernt. Wie andere Städte an der nordmarokkanischen Atlantikküste ist hier der Einfluß der Portugiesen und Spanier spürbar. Die Medina mit ihren weißgetünchten Häusern könnte auch in Andalusien stehen. Der Souk ist weniger pittoresk als in den Königsstädten, die wir besichtigt haben, dafür gibt es keine Touristen und keinerlei Kaufanimation! Asilah lebte früher von seinem Hafen, der aber unter dem Protektorat der Spanier zwischen 1912 und 1956 an Bedeutung verlor. Um dem Zerfall der Medina entgegenzuwirken, startete der damalige Kultur- udn Außenminister Marokkos – der notabene aus Asilah stammte – Ende der 1970er Jahren ein Kunstprojekt. Seither gibt es einmal jährlich ein Kulturfestival, bei dem Künstler aus der ganzen Welt Wandmalereien an den Wänden der Medina anbringen. So sind die engen Gassen eine einzige Freilichtgalerie und ziehen besonders im Sommer viele Touristen an.

Medina von Asilah.
Künstler aus der ganzen Welt haben in Asilah Wandmalereien angebracht.

Abends gibt es das Abschiedsessen unserer Reise, weil am nächsten Tag weitere vier Teilnehmer unserer Gruppe – und Momo! – abreisen werden. Wir sind alle ein bisschen wehmütig und sind uns einig, dass die Tour mit Maxie und Momo nicht nur eine geoßartige Reise war, sondern wir auch eine super Reisegruppe! Da keiner von uns bisher Erfahrungen mit Gruppenreisen hatte, war das für uns alle eine positive Überraschung.

Dienstag, 11.03.2025

In der Nacht hat es geschüttet!

In der Nacht und am Vormittag schüttet es wie aus Kübeln, und die Pfützen auf dem Campingplat verwandeln sich in kleine Teiche. Aber man soll ja nie die Hoffnung auf Besserung aufgeben: Der Regen lässt langsam nach, und am Nachmittag kommt sogar die Sonne raus. Das hebt doch gleich die Stimmung in der Gruppe! Wir machen einen letzten gemeinsamen Spaziergang ins Städtchen Asilah, um die allerletzten Mitbringsel zu besorgen. Abends sitzt der Rest unserer Truppe tatsächlich bis 22 Uhr unter dem fast vollen Vollmond. Wir lassen die wunderbare Marokko-Reise nochmal Revue passieren, tauschen Anekdoten von unterwegs aus und danken vor allem nochmal unserer grandiosen Reiseleiterin Maxie für ihren professionellen, umsichtigen und geradezu fürsorglichen Einsatz. 

Letzter „Stuhlkreis“ mit dem Rest unserer Reisegruppe.

Übrigens ist an dieser Stelle etwas Schleichwerbung angebracht: Wer Interesse an einer geführten Wohnmobil-Reise durch Marokko hat, dem sei www.nomadmaroc.de allerwärmstens ans Herz gelegt!

Mittwoch, 12.03.2025

Wir brechen bereits kurz nach 7 Uhr auf, um rechtzeitig an der Fähre nach Spanien anzukommen. Bis zum Hafen Tanger Med sind es nur etwa 90 km, und wir kommen pünktlich an. Ab dann geht es allerdings nicht mehr ganz pünktlich weiter. Zunächst müssen wir mit allen anderen Wohnmobilen durch einen Scanner beim Zoll fahren. Die Pässe werden ca. 4x kontrolliert, dto das Einreisepaoier für unser Fahrzeug. Drogenhunde sind überall, aber diesmal kontrollieren sie uns nicht. Den Senf haben wir diesmal sicher im Kühlschrank verstaut.

Ein letzter Blick auf Marokko.

Trotz der ganzen Kontrollen stehen wir mit den anderen beiden Autos aus unserer Restgruppe eine gute halbe Stunde vor Abfahrt abgefertigt auf dem Parkplatz. Die Fähre kommt verspätet aus Algeciras an, und die Beladung vor allem der LKWs dauert wieder ewig. Diesmal stehen alle Wohnmobile im Untergeschoss der Fähre. In Algeciras angelangt, warten wir in den Fahrzeugen, bis wir herausgewunken werden. Das passiert aber nicht. Schließlich stellt sich heraus, dass sich der Steg, der die nach unten führende Rampe verschließt, nicht mehr öffnen lässt. Die Hydraulik sei defekt. Wir beobachten, wie mehrere Leute mit Schraubenschlüsseln und einem Vorschlaghammer die Mechanik bearbeiten. Der Steg ruckelt und verkantet sich, und das Ganze macht keinen besonders vertrauenerweckenden Eindruck. Aber irgendwann funktioniert die Vorschlaghammer-Methode, der Steg öffnet sich und wir können hinausfahren.

Wie sich im nachhinein herausstellt, waren wir mit lediglich zwei Stunden Verspätung noch gut bedient. Maxie, die eine Fähre später nehmen wollte, hatte weniger Glück. Eine Fähre fiel ganz aus (wahrscheinlich die mit dem defekten Steg), die nächsten verspäteten sich auf unbestimmte Zeit. Statt wie geplant um 14:30 war sie erst um 01:30 nachts in Algeciras.

Wir haben nach der Ankunft in Spanien kein weiteres Programm, außer einzukaufen (unter anderem mal wieder legalen Wein…), zu „unserem“ Campingplatz in Tarifa zu fahren und Wäsche zu waschen. Leider ist es stürmisch und regnet wieder mal heftig. Da wenig Besserung in Sicht ist, entscheiden wir, am nächsten Tag unsere Räder abzuholen und dann weiterzufahren.

Donnerstag, 13.03.2025

Wir müssen richtiggehend die Regenpausen abwarten, um das Auto parat zu machen und unsere Räder aufzuladen. Selbst als wir direkt vor „Tarifabox“ stehen, wo unsere Räder eingelagert sind, geht ein derartiger Guß herunter, dass wir lieber im Auto bleiben und abwarten.

Die Marokko-Reisegruppe hat noch ein Nachspiel. Wir sind ja immer noch mit allen in whatsapp-Kontakt, und so schicken uns Franz und Waltraud am Morgen Fotos von einem schönen Campingplatz bei Almería, auf dem sie gelandet sind. Der Campingplatz war wiederum ein Tipp von Gerd und Moni! Da Almería auch auf unserem Heimweg liegt, bitten wir Franz, für uns einen Platz zu reservieren. 

Unterwegs Regen und Seitenwind – und kilometerweise „mar plástico“. Hier kommen die Tomaten und Gurken her, die wir in unseren Supermärkten kaufen können.

Bis wir dort sind, müssen wir allerdings rund 400 km bei heftigem Seitenwind und durch regelmäßige Platzregen fahren. Nicht so sehr angenehm und vor allem ziemlich anstrengend. Aber wir werden belohnt: Franz und Waltraud erwarten uns auf einem total idyllischen Campingplatz und haben es geschafft, einen Platz direkt am Meer für uns zu reservieren. Nachdem das Wohnmobil steht, gehen wir unverzüglich miteinander ins Campingrestaurant, freuen uns über ein frisch gezapftes Bier und über ein leckeres Essen.

Idyllischer Platz direkt am Meer. Der Regen hat aufgehört, und der Mond scheint!

Freitag, 14.03.2025

Heute machen wir einfach gar nichts, außer dem Meer zuzuhören. 

Wir stehen in einer idyllischen Bucht, praktisch mit den Füßen im Meer.

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Marokko Februar 2025

Dienstag, 11. Februar 2025

Heute ist nicht nur Claus‘ Geburtstag, sondern heute geht es los. Wir fahren in Kolonne zum Hafen von Algeciras, wo eineinhalb Stunden bis zur Abfahrt der Fähre einkalkuliert sind. Die Zeit wird auch benötigt, vor allem wegen der vielen 40Tonner, die vor der Rampe wenden und rückwärts (!) in die Fähre hineinfahren müssen. Der letzte LKW ist ein Viehtransporter, der drei Lagen Kühe geladen hat und gnädigerweise auf dem Platz außerhalb des Schiffsrumpfs, also im Freien, bleiben darf. Die armen Kühe! Der Gestank ist so intensiv, dass er sogar mit Fahrtwind zu riechen ist.

Als endlich alle an Bord sind, dauert es nochmal eineinhalb Stunden, bis die Fähre ablegt. Informationen gibt es keine – könnte ja fast die deutsche Bahn sein. 

Eingeparkt wird rückwärts, da die Fähre nur eine „Ausfahrt“ hat.
Vorbei geht die Fahrt an Gibraltar
In der Fähre sieht es aus wie in einem Flugzeug.

Da unser Auto auf dem LKW-Deck in einer Nische steht, kommen Claus und ich in Tanger relativ zügig von Bord. Vorher müssen wir uns allerdings zwischen den LKWs durchschlängeln, um überhaupt zum Auto zu kommen. Als dabei einer losfährt, gibt es eine kleine Schrecksekunde. Am Zoll wird ein Drogenhund zum Schnüffeln in unser Auto gelassen – und findet eine Tube Senf, die vor der Abfahrt hinuntergefallen war. Da muss sogar der gestrenge Zöllner schmunzeln.

Während wir durchgewunken werden, müssen vollbepackte Autos alles am Zoll ausladen.

Wir sind in Marokko – wir sind zum ersten Mal in Afrika! Aber zunächst sieht die Landschaft auch nicht viel anders aus als in Südspanien. Wir fahren auf Autobahnen und Schnellstraßen etwa 200 km südlich nach Chefchaouen, einer kleinen Stadt im Rif-Gebirge, die für ihre blau gestrichenen Häuser berühmt ist. 

Auf dem Campingplatz werden wir von Mohammed, genannt Momo, empfangen – Maxies marokkanischem Geschäftspartner. Dass wir auf der Reise von einen Einheimischen begleitet werden, der arabisch und berberisch spricht, war für uns alle eine beruhigende Information.

Die „blaue“ Stadt Chefchaouen im Rif-Gebirge.

Für den ersten Abend ist ein marokkanisches Essen geplant. Wir laufen vom Campingplatz hinunter ins Städtchen und staunen trotz der Dunkelheit über die verschiedenen Blautöne, in denen die Häuser gestrichen sind. In einem typischen Restaurant mitten in der Medina (Altstadt) probieren wir frischgepresste Säfte, den typischen Minztee und die ersten sogenannten Tajines: Schmorgerichte mit Gemüse und verschiedenen Fleisch- oder Fischvarianten, die in irdenen Gefäßen (Tajines) langsam gegart werden.

Claus bekommt anschließend noch ein Geburtstagständchen von allen, darf zwei Kerzchen auf einem Kuchen ausblasen, die sich immer wieder von selbst entzünden, und bekommt von Maxie und Momo ein paar marokkanische Schlappen aus gelbem Leder, die, wie wir erfahren, nur bei festlichen Anlässen getragen werden. Claus hätte gerne eine Runde zum Geburtstag ausgegeben, aber keine Chance. Alkohol ist strikt verboten!

Unsere Reisleiterin Maxie mit Geburtstagsgeschenken!

Mittwoch, 12. Februar 2025

Maxie hat eine Morgenbesprechung angesetzt und dabei zusammen mit Momo ein typisches marokkanisches Frühstück für uns vorbereitet. Es gibt das (übrigens sehr leckere) Fladenbrot, Oliven, süßes Mandelmus (auch sehr fein) und Arganöl zu probieren, eine Spezialität aus dem Südwesten Marokkos. Dazu natürlich Minztee.

Marokkanisches Frühstück mit Brot, verschiedenen Oliven, Mandelmus, Arganöl – und natürlich Minztee.

Auf unsere Fragen nach dem typischen Gewand, der sogenannten Djeballah, die in verschiedenen Varianten von Frauen und Männern getragen wird, macht Momo für uns eine kleine Modenschau und zeigt eine wärmende  Alltags- sowie eine dünnere festliche Variante. Im Winter dient die zipfelige Kapuze als Mütze.

Ja, und dann tauchen wir in die blaue Stadt ein und erleben einen wahren Farbenrausch. Natürlich ist Chefchaouen sehr touristisch, bzw. sehr instagrammisiert. Aber es kommen ja auch nur alle, weil es so schön ist!

Chefchaouen bietet berückend schöne Fotomotive!

Es gibt übrigens verschiedene Theorien, warum die Häuser hier blau gestrichen sind. Im jüdischen Glauben symbolisiert blau den Himmel und damit die Nähe zu Gott. Da nach der Reconquista in Spanien nicht nur die Mauren, sondern auch die Juden vertrieben wurden und in Nordafrika Zuflucht fanden, könnte das ein möglicher Grund sein. Im islamischen Glauben wiederum soll blau die Dschinn, die bösen Geister, fernhalten. So eine zweite Theorie. Weitere Möglichkeiten: Blau soll Insekten abhalten und soll bei Hitze kühlend wirken. Wobei sich dann die Frage stellt, warum die Farbe nur hier angewandt wird. In jüngerer Zeit gibt es sicher einen weiteren, sehr pragmatischen Grund, die Häuser blau zu streichen: Die Farbe hällt vielleicht Insekten ab, aber sie zieht Touristen an!

Die Medina ist ein einziges Einkaufsparadies, wo man von Lorbeerblättern bis zum Berberteppich wirklich alles kaufen kann. Die Menschen sind überaus freundlich, heißen uns willkommen, übrigens gelegentlich auch auf deutsch, und versuchen ins Gespräch zu kommen. Immer freundlich, nie aufdringlich.

Neben Händlern gibt es auch noch viele Handwerker wie Schreiner, Weber, Schneider und Stricker (übrigens alles Männer). In einem Innenhof entdecken wir einen Schmied, der in einem winzigen dunklen Raum zwei Blasebälge bedient, um sein Feuer anzufachen.

Schmied in seiner höhlenartigen Werkstatt am Blasebalg.

Fast alle Männer unserer Reisegruppe erstehen – unabhängig voneinander – einen Djeballah, die es auch in einer kurzen Variante gibt. Wir tauschen anschließend unsere Kauferfahrungen aus, vor allem die Frage des Preisverhandelns. Denn das gehört hier definitiv dazu. Wie sich herausstellt, müssen die meisten von uns noch üben.

Donnerstag, 13.02.2025

Heute geht es nur etwas mehr als 30 Kilometer nach Akchour, einem Wandergebiet im Rif-Gebirge. Bei strahlendem Wetter fahren wir sehr gemütlich auf kleinen Landsträßchen in die sich immer höher auftürmenden Berge. 

Übrigens ist das Rif-Gebirge das Hauptanbaugebiet von Cannabis. 80% des in Europa konsumierten Haschisch kommen aus Marokko. Der Anbau ist zwar eigentlich verboten, wird aber geduldet. Für viele Familien ist er eine wichtige Einnahmequelle. Rund 1 Million Menschen sollen in Marokko vom Cannabisanbau leben.

In einem kleinen Dörfchen essen wir ein Omelette, Brot und Olivenöl und finden, dass das eines der besten Essen bisher ist. Am Straßenrand stehen immer wieder runde Lehmöfen, in denen Frauen Fladenbrot backen. Wir kaufen einen noch warmen Fladen. 

Fladenbrotbäckerin im Rif-Gebirge.

Vom Parkplatz aus gibt es einen Wanderweg zur sogenannten Gottesbrücke, einem Felsenbogen aus rotem Kalkstein, der sich über eine Schlucht wölbt. Zwei Stunden Wanderung hin und zurück, also kein Problem. Ich finde die Wanderung in Komoot und laufe los, begleitet von Dieter aus unserer Gruppe. Das Problem ist, dass es zwei Wanderwege zur Brücke gibt: einen steilen mit vielen Höhenmetern, der oben auf die Brücke führt. Und einen zweiten entlang des Flußbetts, gesäumt von vielen netten Imbissbuden am Wegesrand. Klar, welche Route Komoot vorschlägt: die steile. Genau das Richtige für mich, den bekennenden Angsthasen. Bis zum Ziel schaffe ich es nicht! Und wenn nicht mein Mitwanderer Dieter netterweise beim Runterlaufen assistiert hätte, würde ich wohl immer noch oben sitzen. 

Im Tal kommt uns Maxie mit weiteren Wanderern entgegen, und wir laufen zusammen die Route entlang des Flusses weiter. In den Imbissständen am Fluss, die sich durch Plastikstühle in unterschiedlichen Farben unterscheiden, schmurgeln Tajines über Holzfeuern. Diese Stände haben wirklich malerische Locations. Was soll ich sagen: An einem Übergang über den Fluss, der aus ein paar Bohlen besteht und bei dem man einen großen Schritt übers Wasser tun muss, kann ich einfach nicht mehr weiter. Während die anderen bis zur Brücke weiterlaufen, trinke ich Tee bei einem der Imbiss-Stände. Das war also die Wanderung zur Gottesbrücke, die nicht stattfand. Aber trotzdem war alles ganz super. Und die Hilfsbereitschaft in unserer zusammengewürfelten Reisegruppe ist beeindruckend!

Die Gottesbrücke, die ich nicht gesehen habe!

Wir übernachten auf einem Stellplatz am Fluß, sitzen abends am Lagerfeuer und bestaunen einen unglaublichen Sternenhimmel.

Freitag, 14.02.2025

Wir fahren rund 200 km nach Meknès (Fahrtzeit über vier Stunden) und cruisen dabei zunächst wieder durch das Rif-Gebirge (die gleiche Strecke wie gestern), dann durch waldreiche Hügel mit vielen Olivenbäumen und gegen Ende durch fruchtbare Ebenen mit Orangenplantagen, Bohnen- und Weizenfeldern. 

Allerdings ist die Fahrt nicht ohne Überraschungen. Kurz vor einem Kreisel kommt ein Auto aus einer Tankstellenausfahrt und fährt uns in die linke Seite. Als wir aussteigen, sind wir sofort von mehreren Marokkanern umgeben, die uns alle sehr freundlich versichern, das sei kein Problem. Der Schaden am Auto sieht allerdings nicht ganz ohne aus. Glücklicherweise funktionieren sowohl die Entsorgungsklappe fürs WC als auch die Dieselheizung noch, die beide direkt neben der Delle liegen. Vom Kreisel kommt Polizei zu uns, die dort eine ihrer vielen Kontrollen aufgebaut hat. Sie begrüßen den Verursacher mit Handschlag und würdigen uns zunächst keines Blickes. Ein komisches Gefühl, weil sie natürlich arabisch miteinander sprechen und wir nur Bahnhof verstehen. In der Zwischenzeit haben wir Maxie und Momo angerufen, und Momo hat mit Polizei und Verursacher telefoniert. Er schlägt eine, nun ja, eher marokkanische Lösung vor: Der Verursacher soll uns Geld geben, und dann könne man den Schaden hier vor Ort reparieren lassen. Aber nach ein bisschen Hin und Her und nachdem immer weitere Polizisten in unterschiedliche Uniformen aufgetaucht sind, läuft alles lehrbuchmäßig korrekt ab. Da kein Personenschaden entstanden ist, ruft die Polizei einen Versicherungssachverstündigen, der den Schaden protokolliert und beiden Parteien eine Kopie davon aushändigt. Mit diesem amtlichen Protokoll können wir den Schaden unserer Versicherung melden.

Blechschaden an unserem Auto.

Als wir endlich weiterfahren können, kommt nach erwa 20 km die nächste Überraschung. Wir werden von einer der vielen Polizeikontrollen geblitzt und sind tatsächlich zu schnell. 69 statt wie erlaubt 60 km/h. Die Polizisten sind überaus freundlich und höflich und sehen in ihren schneidigen Uniformen auch richtig gut aus. Sie knöpfen uns umgerechnet 15 EUR ab, was uns für das hiesige Preisniveau ziemlich hoch vorkommt. Aber auch hier alles superkorrekt mit Quittung und Stempel und allem, was man sich so wünscht. Ab dann fahren wir keinen Stundenkilometer mehr als erlaubt! Abends stellt sich heraus, dass fünf Teilnehmer aus unserer Gruppe an diesem Tag geblitzt wurden, einer sogar dreimal.

Zu guter Letzt ist der Stellplatz in Meknès, der für heute geplant war, voll. Maxie disponiert kurzfristig um und dirigiert die Gruppe auf einen Campingplatz außerhalb. Für uns eine super Lösung, weil uns nach diesem Tag sowieso eher nach Ruhe ist. Abends gibt es Couscous für alle – das traditionelle Freitagsgericht der Marokkaner.

Samstag, 15.02.2025

Wir fahren mit Taxis die 20 km nach Meknès und lassen die Wohnmobile auf dem Campingplatz stehen. Taxifahren in Marokko ist supereinfach und sehr günstig. Die Taxis kommen pünktlich wie vereinbart zum Campingplatz und am Nachmittag genauso zum Treffpunkt in Meknès. Echt super.

Das Bab El Mansour am zentralen Place El Hedim, der den Eingang zur Medina bildet.

Meknès ist eine der vier sogenannten Königsstädte von Marokko, die alle irgendwann in der Geschichte ein- oder mehrmals Hauptstadt des Landes waren. Es gibt eine riesige Palastanlage, die sogenannte Cité Impériale. Sie wurde im 17. Jahrhundert von Moulai Ismail errichtet, der als erster das Land einte und gleichzeitig wegen seiner Schreckensherrschaft „der Blutige“ genannt wurde. Wir besichtigen zunächst das prächtige Mausoleum Ismails, das heute als Gebetsraum genutzt wird. Dann besteigen wir zwei hübsch dekorierte Kutschen, die von ältlichen Maultieren gezogen werden und fahren einmal um die Cité Impériale.

Mit Maultierkutschen geht es einmal um die Cité Impériale. Bergauf müssen die Tiere ganz schön schnaufen.

Schließlich tauchen wir ein in die Medina, die Altstadt von Meknès, mit ihren Souks (Märkten). 

In der Medina wird alles von Hand transportiert, Autos hätten gar keinen Platz.

So ein arabischer Souk ist ziemlich unbeschreiblich. Der hier ist nochmal etwas ganz anderes als im beschaulichen Chefchaouen. Besonders beeindruckt sind wir von den Lebensmittelständen. Die Auswahl und Fülle an Obst, Gemüse, Nüssen, Datteln und Gewürzen ist buchstäblich wie im Schlaraffenland.

Weniger idyllisch sind die Fleisch- und Geflügelstände. Von Kühen wird alles angeboten – Füße, Kutteln (im Ganzen!), Kopf, also einfach das ganze Tier. Hühnerstände sind besonders interessant: Die Hühner stehen lebend in einer Art Regal. Die Käuferinnen suchen sich ein Huhn aus, das vor Ort geschlachtet und in einer Art Waschmaschine gerupft wird. Man kann ja sagen, was man will, aber frischer geht es nicht. Dass das Ganze eher abstoßend wirkt, liegt vor allem daran, dass man den Schlachtvorgang sehen kann, während das Gleiche bei uns hinter verschlossenen Türen erledigt wird. Für die Hühner ist die Tötung in Schlachthäusern wahrscheinlich auch nicht angenehmer.

Hinten stehen die lebenden Hühner, vorne werden sie geschlachtet.

Nach unserem Rundgang fahren wir mit den Wohnmobilen zu unserer nächsten Destination: Fès. Dort stoppen wir bei einem französischen Supermarkt „Carrefour“, in dem man auch Alkohol kaufen kann. Das abendliche Glas Wein ist in Marokko nicht selbstverständlich. Selbst in einem Carrefour wird Alkohol nur im Untergeschoss angeboten, das über eine separate Treppe erreicht wird. Für marokkanische Verhältnisse sind die Preise sehr hoch, und man kommt sich beim Kauf ein bisschen illegal vor. 

Für heute abend ist kein Programm und auch kein gemeinsames Essen vorgesehen. Trotzdem treffen sich fast alle aus der Gruppe abends zwischen den Wohnmobilen zum Schwätzen. Wer müde ist, zieht sich zurück. Es ist eigentlich unglaublich, wie diese 17 Personen innerhalb weniger Tage zu einer Gemeinschaft zusammengewachsen sind. Es wird gelacht, man zieht sich gegenseitig ein bisschen auf und erzählt von Gott und der Welt. 

Sonntag, 16.02.2025

Maxie hat einen Kleinbus für uns organisiert, der uns vom Campingplatz in die Altstadt von Fès bringt. Wir stehen erstmal im Stau, weil wegen eines Marathons viele Straßen gesperrt sind. Das Chaos ist beeindruckend, und so liebenswürdig die Marokkaner in der direkten Begegnung sind, so ungeduldig und rücksichtslos gebärden sie sich im Auto. Übrigens haben die meisten Fahrzeuge Dellen oder Lackschäden oder provisorisch fixierte Stoßstangen. 

Die Altstadt von Fès hat 9020 Gassen und ist die größte der Welt! Von den 1,2 Millionen Einwohnern von Fès leben 320.000 in der Medina. Fès ist die älteste Stadt Marokkos, hat eine der ältesten Universitäten der Welt (gegründet 859 n.Chr.) und gilt bis heute als religiöses und kulturelles Zentrum Marokkos. Die Einwohner von Fès waren 1944 maßgeblich an der Wiedererlangung der Unabhängigkeit des Landes beteiligt.

Das Bab Boujeloud ist der wichtigste Eingang in die Medina. Marathonläufer in gelben Trikots machen Selfies.

Wir treten durch das berühmteste Tor hinein, das Bab Boujeloud. Und wir sind froh, dass wir den Stadtrundgang mit einem Führer machen können, der perfekt deutsch spricht. Er stammt aus Fès und kennt die verschlungenen Gässchen der Medina wie seine eigene Westentasche. Allein wäre man hier völlig aufgeschmissen – keine Chance, sich hier zu orientieren. 

Im Innenhof der mittelalterlichen Hochschule Madrasa Bou Inania.

Wir besichtigen die Madrasa Bou Inania, eine Hochschule aus dem 14. Jahrhundert, bestaunen eine Wasseruhr aus dem 12. Jahrhundert, bei der mit Wasserkraft Türen für die Stunden aufgehen und Glasbehälter für die Minuten sich senken.

In den schmalen verwinkelten Gässchen der Medina wäre man ohne Führer völlig orientierungslos.

Von den insgesamt 40 Karawansereien in der Medina sind zwei restauriert worden und werden heute an (Kunst-)Handwerker vermietet. Da Fès an einer der zentralen Karawanenstraßen lag, waren die Karawansereien gut frequentiert. Die Kamele wurden in Ställen im Erdgeschoss, die Menschen und ihre Waren in den oberen Etagen untergebracht. Die Händler zogen erst weiter, wenn sie ihre Waren verkauft hatten (erklärt unser Stadtführer). 

Feinste Handwerkskunst: Ziseleur bei der Arbeit an einem Messingteller.

Am beeindruckendsten sind die Besuche der Handwerksstätten. Wir besichtigen einen Ziseleur, der ohne Vorlagen oder Schablonen feinste Muster in einen Messingteller treibt. In einer Gerberei werden seit 1151, also seit fast 900 Jahren, Häute von Lämmern, Ziegen, Schafen, Kühen und Dromedaren nach der gleichen Methode gegerbt. In gemauerten Bottichen werden die Häute zunächst mit Wasser und gebranntem Kalk enthaart, dann mit Wasser und Taubenmist gegerbt und schließlich mit Naturfarben gefärbt. Bei der Besichtigung der Gerberei wird uns freundlicherweise ein Zweiglein Pfefferminze überreicht, gegen den Gestank. Heute lässt es sich aushalten, weil es ja nicht sehr warm ist, aber im Sommer ist das sicher unerträglich. Die Gerber arbeiten mit nackten Füßen und ziehen die nassen Häute mit bloßen Händen aus den Trögen. Eine unbeschreibliche Knochenarbeit. Wir können die Gerberei von der Terrasse einer Kooperative aus besichtigen. Im Anschluß bekommen wir natürlich Gelegenheit zum Kauf von Lederprodukten!

In den Bottichen links werden die Häute enthaart und gegerbt, rechts mit Naturfarben eingefärbt.

Der dritte Handwerksbetrieb ist eine Weberei, in der die landestypischen Rohstoffe verarbeitet werden: Baumwolle, Leinen, Ziegenhaar, Wolle und Agavenseide, die aus den Fasern von Agavenblättern gesponnen wird.

Nach den vielen Eindrücken und Informationen, nach mehreren Kilometern Spaziergang durch die Medina und nach diversen Einkäufen fahren wir ganz erschöpft zurück zum Campingplatz und sind uns einig, dass es ein wunderbarer Tag war.

Montag, 17.02.2025

Wir fahren rund 80 Kilometer nach Süden in den mittleren Atlas, durch eine Gegend, die nicht sehr marokkanisch wirkt. Sie ist grün, fruchtbar und mit Zedern bewaldet. Wir fahren durch den Ort Ifrane, den man „die kleine Schweiz“ nennt. Die Architektur sieht europäisch aus, und es ist so sauber wie in der Schweiz! Wir beobachten, wie selbst die Blätter von den Gehwegen gefegt werden. Im Zedernwald von Azrou leben Berberäffchen, die eine beliebte Touristenattraktion sind – und für die Einheimischen die Gelegenheit zum Verkauf von Erdnusstüten – bieten. Wir verzichten auf die Äffchen und lassen uns berichten.

Der Campingplatz, auf dem wir übernachten, gehört zu einem Hotel, das im Stil einer mittelalterlichen Burg gebaut ist Was auf uns etwas befremdlich wirkt, ist laut Aussage von Maxie für Marokkaner sehr attraktiv. Bei der Suche nach Brot und Orangen im nahegelegenen Örtchen komme ich mit marokkanischen Touristen ins Gespräch, die voller Begeisterung von dem Hotel sprechen. 

Hotelanlage mit Burg bei unserem Campingplatz.

Dienstag, 18.02.2025

Bevor wir 200 km in den Hohen Atlas fahren, machen wir einen Abstecher zu einem Bergsee auf 2000 m Höhe. Eigentlich war hier die nächste Übernachtung geplant, aber auf der Höhe liegt Schnee, und wir entscheiden uns fürs Weiterfahren. Aber wir verbringen eine wunderbare Rast auf der Terrasse eines Hotels, das direkt am See liegt. Das Hotel ist wie eine amerikanische Lodge gebaut und sehr schick, Wir können in der Sonne sitzen, Tee trinken, und kommen uns vor wie im Skiurlaub. Anders als dort herrscht hier jedoch völlige Stille. Man weiß gar nicht genau warum, aber es ist ein besonderer Ort.

Bei unserem Besuch hat der See wenig Wasser.
Wie eine Erscheinung: die schneebedeckten Gipfel des Hohen Atlas.

Während wir weiter durch die grünen Hügel des Mittleren Atlas cruisen, erscheinen plötzlich die schneebedeckten Bergketten des Hohen Atlas. Der Anblick ist wie eine Erscheinung. Tatsächlich sind wir noch ziemlich weit entfernt und müssen rund 70 km durch eine trockene, karge Ebene, und vorbei am Städtchen Midelt fahren, bis wir die Berge des Hohen Atlas erreichen. Unser nächster Halt liegt in der Ziz-Schlucht. Der Fluß Ziz bewässert rund 100 km lange Dattel- und Olivenhaine entlang seines Laufs. Oben braune Wüste, unten grüne Oase. 

Dattelpalmen und Olivenbäume im Ziz-Tal werden durch den Fluß bewässert.

Mittwoch, 19.02.2025

In der Nacht und am Morgen hat es ziemlich heftig geregnet, und das träge Rinnsal des Ziz hat sich in einen richtigen Fluß verwandelt. Gegen Nachmittag hört der Regen auf, und wir können die geplante Wandelung zu einer Nomadenfamilie in der Gegend doch noch machen. 

Ein Guide führt uns entlang des Flusses, erklärt uns die Bewässerungssysteme, mit denen das Wasser des Flusses umgeleitet wird und zeigt uns ein verlassenes befestigtes Dorf aus Lehmbauten, das bis 1982 bewohnt war. Er erzählt auch, dass es in der Gegend erst seit zwei Jahren wieder genügend Regen – und damit Futter für die Tiere – gibt. Davor herrschten sechs Jahre lang Dürre! Auch jetzt kann man kaum erkennen, welches Futter die Ziegen an den kargen Berghängen wohl finden können. Aber es scheint zu reichen. Während der Dürrejahre kamen übrigens auch keine Nomaden in die Gegend. 

Gemeinsam schaffen wir es über den Bach.

Schließlich geht es ein Seitental hoch. Bevor wir die Nomadenfamilie erreichen, müssen wir zweimal einen Bach durchqueren, durch den man normalerweise trockenen Fußes gelangt. Heute nicht! Die Querungen (insgesamt viermal, weil wir ja wieder zurückmüssen) werden ohne weitere Diskussion in Teamarbeit bewältigt. 

Das schwarze Nomadenzelt ist aus Ziegenhaar gewebt.

Das Nomadenzelt duckt sich flach in die Landschaft. Unser Guide zeigt uns an der Felswand gegenüber die Öffnungen von Höhlen, die der Herde als Nachtquartier dienen. Die Tiere werden abends von ihren Weiden in die Höhlen getrieben.

Zeichen der Gastfreundschaft: Es gibt Tee!

Der Vater der Nomadenfamilie empfängt uns mit einer seiner Töchter zum Tee. Das Zelt ist zweigeteilt. Entlang der Zeltstangen hat die (neunköpfige!) Familie Taschen mit Kleidung und Vorräten als Trennung gehängt. Die Zeltplane ist aus schwarzem Ziegenhaaren und selbst gewebt. Sie hat ziemlich große Löcher und ist licht- und luftdurchlässig. Dass sie trotzdem keine Nässe durchlässt, können wir selbst erleben, als während unseres Besuchs ein heftiger Schauer niedergeht. Das Ziegenhaar quillt bei Feuchtigkeit und lässt kein Wasser mehr durch. Ziemlich raffiniert! Diese sogenannten Schwarzzelte sind übrigens typisch für Nomaden im ganzen Mittelmeerraum.

Während unser Guide (links) übersetzt, bereitet der Vater Tee zu, und die Tochter bäckt Fladenbrot.

Wir werden gebeten, unsere Schuhe auszuziehen und dürfen auf ausgebreiteten Decken im Zelt Platz nehmen, das größer ist als zunächst gedacht. Während der Vater Tee zubereitet und mit Nüssen und Keksen serviert, bäckt die Tochter auf einem Eisenblech auf dem Feuer Fladenbrot. Man könnte ihr ewig zuschauen, wie sie aus kleinen vorbereiteten Teigkugeln kleine Fladen zurechtdrückt, Öl darauf träufelt, jeweils vier Fladen aufeinanderschichtet und daraus mit den Händen einen großen Fladen macht. Der Fladen wird auf der Platte gebacken und mit einem Stab gewendet. Für den ganzen Vorgang benötigt sie keine Werkzeuge. Das Brot wird vom Vater in Stücke gerissen und serviert. Es ist noch lauwarm, luftig und schmeckt köstlich. Unser Besuch war natürlich von unserem Guide angekündigt worden. Trotzdem ist diese Gastfreundschaft unter solch ärmlichen Bedingungen ein kostbares Geschenk. Durch den Guide können wir uns zumindest rudimentär mit unseren Gastgebern verständigen und bedanken. 

Auf dem Rückweg werden wir von einem Regenbogen überrascht – und ganz zum Schluß nochmal von einem kräftigen Schauer. 

Regenbogen kurz vor der Ankunft.

Donnerstag, 20.02.2025

Heute fahren wir knapp 170 km zum südlichsten Punkt unserer Reise, an den Rand der Sahara nach Merzouga. Das erste Viertel der Strecke geht immer dem Ziz und endlosen Palmenhainen entlang. Der Kontrast zwischen der grünen Oase im Flußbett und den wüstenartigen Bergen darumherum ist faszinierend.

Dann wird es flach und unwirtlich. Man sieht kaum mehr Vieh, von Landwirtschaft ganz zu schweigen. Auch die Stadt Erfoud, wo wir nochmal Vorräte kaufen, scheint sich kaum gegen die umgebende Wüste wehren zu können. Eine unwirtliche und unschöne Gegend – bis man die spektakulären Dünen des Erg Chebbi am Horizont auftauchenden sieht, die sich 150 Meter über die Ebene erheben. Der kleine Ort Merzouga ist das Tor zur Sahara. Unser Campingplatz liegt direkt an den Dünen, und wir machen den ersten Spaziergang im warmen Sand. Später bewundern wir den Sternenhimmel!

Nichts als Sand: Dünen von Erg Chebbi.

Freitag, 21.02.2025

Während ein Teil der Gruppe vor Sonnenuntergang auf die Düne klettert und ein anderer Teil später eine Tour mit Quads durch die Wüste unternimmt, genießen wir einfach, dass wir hier sind. Und waschen Wäsche, was dringend nötig war.

Abends fahren wir mit Geländefahrzeugen zu einem Wüstencamp, wo wir gemeinsam essen. Die Fahrer, die uns abholen, können defintitiv autofahren! Sie preschen durch die Dünen und freuen sich, wenn wir auf den hinteren Bänken leise quietschen. Den Sonnenuntergang beobachten wir auf einer Düne – zusammen mit diversen Kamelreitern, Quadfahrern und Fußgängern, die auf den umliegenden Dünen stehen. Tourismus ist eben die wichtigste Einnahmequelle in dieser kargen Gegend. 

Von oben relativieren sich übrigens die Weiten der Dünenlandschaft. Tatsächlich ist die Erg Chebbi nur etwa 22 km lang und 5 km breit. Von oben sieht das ein bisschen aus wie ein großer Sandkasten. Rundherum ist natürlich auch Wüste, aber Stein- oder Geröllwüste oder Gebirge. Vom höchsten Punkt der Düne aus sieht man übrigens auch nach Algerien, das nur 22 km entfernt ist. 

Ein großer Sandkasten: Erg Chebbi. Im Hintergrund ist schon Algerien.

Das Wüstencamp besteht aus einem großen Speise- und vielen kleineren Übernachtungszelten. Alles sehr schön und gepflegt und mit allem Komfort. Die Übernachtungszelte haben sogar eigene Toiletten und Duschen. Nach dem Essen gibt es Berber-Livemusik am Lagerfeuer.

Livemusik am Lagerfeuer im Wüstencamp.

Samstag, 22.02.2025

Das Nette an unserer Reisegruppe ist, dass sich immer wieder kleine Grüppchen zu gemeinsamen Aktivitäten treffen. Heute laufen wir zu mehreren in den etwa zwei Kilometer entfernten Ort Merzouga, schlendern durch die „Haupt-Einkaufsstraße“, in der jedes Geschäft Berberschals, Tajineformen und diversen Schnickschnack anbietet. Als wir in einem Café etwas trinken gehen, kommen immer mehr dazu, bis fast die ganze Gruppe beisammen ist.

Zum Sonnenuntergang reiten Claus und ich mit einer Gruppe auf Dromedaren in die Sandddünen. Wir sind beide zum ersten Mal auf einem Kamel und ziemlich begeistert von diesen sanftmütigen Tieren mit ihren gleichmütigen Gesichtern, großen Augen und langen Wimpern. Übrigens haben Dromedare einen, Kamele zwei Höcker; in Marokko gibt es nur Dromedare, aber trotzdem wird überall von Kamelreiten gesprochen. Die Tiere haben ein dickes Polster um den Höcker gebunden sowie eine T-förmige Stange zum Festhalten. Wenn man aufsteigt, liegen sie natürlich. Und dann geht’s hoch: erst mit den Hinterbeinen, so dass man ganz schräg sitzt, dann mit den Vorderbeinen. Es ist ein sehr komisches Gefühl, etwa 1,7 Meter über der Erde zu sitzen und zu reiten. Besonders bequem ist es nicht, trotz des dicken Polsters. Aber diese sanfte, ruhige Schaukelbewegung durch die Dünen – das hat fast etwas Magisches. Hätte. Wenn da nicht die Quadfahrer wären, die ebenfalls zum Sonnenuntergang durch die Dünen pesen. 

Unsere beiden Führer sind sehr nett, sprechen erstaunlicherweise englisch, aber kein Französisch. Sie erzählen, dass die Dromedare pro Tag 10 Liter Wasser saufen, was wir bei der Größe nicht so sehr viel finden. Wenn es kein Wasser gibt, kommen sie auch mehrere Tage ohne aus. 

Nach dem Sonnenuntergang reiten wir wieder zum Campingplatz zurück, wo bereits ein Lagerfeuer brennt. Wir sitzen in unserem Stuhlkreis ums Feuer und genießen den Sternenhimmel.

Sonntag, 23.02.2024

Heute ist wieder ein Fahrtag: 210 Kilometer nach Westen zur Todra-Schlucht. Wir fahren endlose Kilometer durch topfebenes Land, in dem maximal kleine grüne Büschel wachsen, praktisch keine Tiere weiden und die Sonne ohne jeden Schatten niederbrennt. Wir überholen vollbepackte Esel,  Maultiere mit Karren, überladene Roller oder Dreiräder mit Anhängern, auf denen noch Leute sitzen. Und immer wieder Leute auf Fahrrädern, die uns ziemlich schrottreif vorkommen. Häufig stehen auch Menschen am Straßenrand und bitten darum, mitgenommen zu werden. Tiere sind hier offensichtlich immer noch wichtige Transportmittel. Und Trampen scheint unter Marokkanern ganz üblich zu sein, weil der öffentliche Nahverkehr nicht sehr gut ausgebaut ist, 

Wir machen Halt in Rissani, einer Wüstenstadt mit 25.000 Einwohnern und großem Souk. Dort erstehen wir etwas Gemüse, wobei man selbst dabei das Gefühl hat, handeln zu müssen. Nirgendwo stehen Preise, und wenn man nachfragt, werden willkürliche Zahlen genannt. Hier sind die Händler deutlich – nun ja, sagen wir mal – proaktiver als sie das im Norden waren. Immer wieder werden wir auch auf deutsch angesprochen. Selbst beim Parken auf der Straße steht sofort ein selbsternannter Parkwächter neben uns, der für umgerechnet 2 EUR auf unser Auto aufpassen will. Es ist ja nicht so, dass wir das Geld nicht geben würden, aber die Aufdringlichkeit ist etwas gewöhnungsbedürftig.

Auf der Strecke kommen wir an sogenannten Khettaras vorbei, die in einem Mini-Museum erklärt werden. Khettaras sind alte Bewässerungsanlagen; diese hier stammen aus dem 14. Jahrhundert. Sie bestehen aus einer 15 km langen Reihe von Schächten, die bis aufs Grundwasserniveau reichten und unterirdisch mit einem sanft abfallenden Tunnel verbunden sind. Der Tunnel endet in einer Oasen-Plantage und bewässerte diese. Weil das Wasser unterirdisch geführt wurde, gab es keine Verdunstung. Für den Bau und den Unterhalt der Khettaras musste jede Familie ein Mitglied abstellen, um im Gegenzug Zugang zum Wasser für ihre Felder in der Oase zu bekommen. Die Schächte mussten regelmäßig kontrolliert und von Sand befreit werden. Inzwischen ist das Grundwasserniveau so weit abgesunken, dass der Tunnel kein Wasser mehr führt. 

Schematische Erklärung der Khettaras.

Unser nächster Übernachtungsplatz ist am Beginn der Todra-Schlucht in einem Dattelpalmen-Garten. Das hat man auch selten, dass man mit dem Wohnmobil unter Dattelpalmen steht. Abends gehen wir im Campingrestaurant essen. Wir sitzen auf gepolsterten Bänken, die an den Wänden rund um den Raum verlaufen, mit dicken Rückenkissen und essen an niedrigen Tischen. Wie uns Momo erklärt, ist das die typische Möblierung in Marokko, weil auf den Polstern die Verwandten schlafen können, wenn sie zu Besuch kommen. 

Marokkanisches Restaurant/Wohnzimmer. Wenn Gäste kommen, werden Tische vor die Bänke geschoben.

Montag. 24.02.2025

Wir fahren mit einem Kleinbus durch die Todra-Schlucht und das Tal hinauf, um zu einer Salzmine zu wandern. Nach etwa einer Stunde Fahrt im marokkanisch dekorierten Bus mit ebensolcher Musik in Diskolautstärke halten wir in einem Dorf auf etwa 2000 m Höhe und trinken Tee auf der Terrasse eines sehr urigen Gasthauses.

Die Todra-Schlucht ist an der engsten Stelle nur 10 Meter breit.
Mit dem Minibus geht es die Schlucht hinauf. Die graphischen Zeichen sind übrigens Berbersprache.

Maxie bucht spontan den Gastwirt als Wanderguide, und der nimmt ab da die Dinge in die Hand. Statt zum verabredeten Startpunkt lässt er den Fahrer auf einen Pass in 2700 m Höhe fahren. Von dort soll es in etwa 1 1/2 Stunden zur Salzmine gehen. Inschallah! Oder wie Maxie sagt: In Marokko kommt alles immer ein bisschen anders als geplant. Der eigenmächtige Wanderführer beschert uns grandiose Ausblicke und eine wirklich schöne Wanderung. Allerdings geht es insgesamt rund 700 Meter bergab, und wir haben einige Knieprobleme in der Gruppe. Und vor allem marschiert der Wirt-Wanderführer wie ein Metronom in zügigem Tempo voran. Mit der angegebenen Wanderzeit meint er seine eigene Geschwindigkeit, Pausen sind auch nicht nötig. 

Wanderung mit grandiosen Ausblicken in den Hohen Atlas.

Die Salzminen sind auch heute noch in Betrieb. Mit der Spitzhacke wird hier das Salzgestein abgeschlagen, in Säcke abgefüllt und mit einem Esel ins nächste Dorf transportiert. Bei unserem Besuch arbeitet genau ein Mann in der Mine – Bergbau auf minimalem Niveau. Noch vor einigen Jahren, als der Tourismus die Region noch nicht erreicht hatte, war er jedoch eine wichtige Einnahmequelle für die Familien. 

Mit einer einfachen Spitzhacke wird das Salz abgebaut, wie man. an den Spuren im Gestein erkennen kann.
Das Salz wird in Säcken auf einem Esel ins Tal transportiert.

Wir kommen an einem Wasserfall vorbei, der in einen Kanal fließt. Dieser Kanal zieht sich weiter hinunter ins Tal und zweigt an einer Stelle ab. Wie der Führer erklärt, wird hier das Wasser gemäß wasserrechtlicher Verträge in zwei verschiedene Dörfer geleitet. Als wir durch eines der Dörfer kommen, können wir sehen, wie das Wasser in den Oasen beim Dorf in kleinere Kanäle fließt und die Felder bewässert. 

Wasser ist ein kostbares Gut. Seine Verwendung ist vertraglich genau geregelt.

Kurz bevor wir den Bus erreichen, treffen wir auf eine Gruppe Frauen mit ihren Kindern, die im Fluß Wäsche waschen. Von Hand. Im kalten Flußwasser. Sie sind freundlich und freuen sich sehr über einige Süßigkeiten, die jemand verteilt. Aber sie machen auch klar, dass sie keine Fotos von sich dulden.

Wir essen in der Gaststätte unseres Wander-Wirts eine Erbsensuppe mit Zimt(!), Salat und Tajine. Alles ausnahmsweise einmal raffiniert gewürzt. Dazu selbst gebackenes Brot, das so lecker ist, dass man fast auf die Tajine verzichten könnte. Zum Abschluß besuchen wir noch die Mutter des Wirts, die in einem Hinterraum auf der Erde vor einem Webstuhl sitzt und Teppiche webt. Die sind wirklich schön, und so wechseln einige Teppiche den Besitzer.

In einem winzigen Raum webt die Mutter des Gastwirts von Hand Berberteppiche.

Die Rückfahrt mit unserem grünen Bus ist abenteuerlicher als die Hinfahrt. Ganz einfach deshalb, weil es bergab geht und der Fahrer schneller fahren kann als heute morgen bergauf. Das tut er dann auch, schnell fahren, immer mit dem Handy am Ohr und ohne Rücksicht auf den wild hupenden Gegenverkehr. Irgendwann wird es Franz aus unserer Gruppe zu viel, und er äußert den bereits jetzt legendären Satz: “Unser Sicherheitsgefühl ist etwas in Frage gestellt.“ Das hilft ein kleines bisschen.

Dienstag, 25.02.2025

Am nächsten Morgen machen wir zunächst einen Abstecher in die Stadt Tinghir, um Bargeld zu holen und Lebensmittel zu kaufen. Der Bankomat bei Poste Maroc zieht als erstes mal meine Karte ein. Das Problem gibt es wohl häufiger und passiert gleich mehreren aus unserer Gruppe. Die paar Kleinigkeiten, die ich brauche, finde ich in einem marokkanischen Tante-Emma-Laden, der auf kleinstem Raum alles anbietet, was man im Haushalt braucht. Da ich keinen Eierkarton dabei habe, schnitzt mir der Verkäufer kurzerhand einen Karton in der richtigen Größe.

Es gibt immer eine Lösung: Eierkarton in Wunschgröße.

Die Stadt endet mit Neubaugebieten, die direkt in der Wüste stehen. Danach kommen wieder endlose Weiten mit nichts. Immerhin scheint es mehr Wasser zu geben als sonst, weil die endlosen gerölligen Weiten mit kleinen grünen Büscheln getupft sind. 

Karge Weiten und im Hintergrund die schneebedeckten Gipfel des Hohen Atlas.

Unser Ziel ist wieder ein Flußtal, die Dades-Schlucht. Im Gegensatz zur Todra-Schlucht, aus der wir gerade kommen, ermöglicht der Dades einen Oasenstreifen mit Feldern und Bäumen entlang des Flußbettes. Während es in der Todra-Schlucht nur ganz wenige Dörfer gibt, reiht sich hier eines ans andere.

In der Dades-Schlucht reiht sich ein Dorf an das nächste.
Grüne Oase am Fluß: Der Weizen steht schon 20 cm hoch.

Wir sind auf der Straße der Kasbahs, alten Befestigungsanlagen aus Stampflehm, die zum Teil innerhalb, zum Teil außerhalb von Städten und Dörfern errichtet wurden. Heute sind sie fast alle verlassen und bröseln vor sich hin. Aber der Kontrast zwischen den rötlichen Lehmbauten, den gleichfarbigen Bergen im Hintergrund und dem Grün des Flußtals ist unglaublich schön. Wir halten bei einem Straßencafé, um Tee zu trinken. Kurz darauf halten wir nochmal, um ein „Berberomelette“ zu essen und auf einer Terrasse den Blick ins Tal zu genießen. Mit beiden Wirten kommen wir ins Gespräch und spüren den Stolz dieser Männer auf Ihre Berber-Herkunft. 

Berberomelette: Gemüsepfanne mit Zwiebeln und darüber Ei. Natürlich in einer Tajine gekocht.
Besondere Felsformation im Dades-Tal: Die Affenpfoten-Felsen.

Wir übernachten auf einem Campingplatz am oberen Ende der Schlucht auf 1.700 Meter Höhe. Der Platz ist sonnig und liegt direkt am Dades. Statt Palmen wachsen hier übrigens Birken, die man in dieser Gegend eigentlich nicht erwartet hätte. Die Bäume sind noch kahl, haben aber bereits einen Hauch von Grün. Saftig grün sind dagegen die kleinen Felder entlang des Flusses, auf denen Weizen angebaut wird. Außerdem blühen schon die Mandel- und Aprikosenbäume. 

Unsere Reiseleiterin Maxie hat einen Schaden an ihrem Auto, der morgen als erstes repariert werden muss. Die Gruppe entscheidet sich deshalb, den nächsten Tag nochmal hier zu verbringen. Wir freuen uns alle darauf!

Mittwoch, 25.02.2025

Der Schaden an Maxies Auto ist größer als gedacht. Sie und Momo sind praktisch den ganzen Tag damit beschäftigt, eine Werkstatt und Ersatzteile zu finden. Gegen 17 Uhr kommt die Entwarnung: Das Auto läuft wieder!

Wir anderen verbringen einen wunderbar entspannten Tag an diesem schönen Ort.

Donnerstag, 26.02.2025

Bevor wir das Tal heute wieder verlassen, fahren Claus und ich einen Pass hoch und in die eigentliche Dades-Schlucht hinein. Auf dem höchsten Punkt auf 1800 Metern gibt es einen Kaffee in der Sonne und einen phantastischen Blick auf die Serpentinen. 

Die engste Stelle der Dades-Schlucht.
Die berühmtesten Serpentinen Marokkos.

Unser nächstes Ziel heute ist Soukra, etwa 80 Kilometer westlich. Nachdem wir das Dades-Tal verlassen haben, geht es wieder durch eine weite, schatten- und baumlose Landschaft. Im Süden sieht man schemenhafte Berge, im Norden die weißen Gipfel des Hohen Atlas. Und dazwischen: nichts. Die Weite und Kargheit und das gleißende Licht sind ziemlich überwältigend, und ein völliger Kontrast zum fast schon lieblichen Dades-Tal.

Kilometerweise karge, weite Landschaft.

Freitag, 28.02.2025

Bei strahlender Sonne laufen wir zur nahegelegenen Kasbah Amridil, wo uns bereits ein Guide erwartet. Kasbahs waren die Burgen der Berber, befestigte Wohnanlagen, in denen Angriffe abgewehrt werden konnten. Sie sind um einen zentralen Innenhof gebaut, der im Verteidigungsfall Platz für weitere Personen aus den umliegenden Dörfern bot. Die Kasbah Amridil stammt aus dem 17. Jahrhundert und wurde in den letzten Jahren aufwändig restauriert. Wir laufen durch enge, niedrige Türbögen, sehen dunkle Wohnräume und eine Terrasse mit Wehrmauer und Schießscharten. Es werden Alltagsgegenstände wie Olivenpressen, Butterfässer, ein Malstein und verschiedene Backöfen gezeigt. 

Schön restauriert: die kasbah Amridil.

Wie alle Berber-Gebäude wurden die Kasbahs aus Stampflehm gebaut, eine jahrhundertealten Bautechnik, die teilweise bis heute praktiziert wird. In eine Holzschalung wird Lehm eingefüllt und zu einem Block festgestampft. Wenn er getrocknet ist, wird die Schalung entfernt und auf den fertigen Block gesetzt für die Produktion des nächsten. Neben den Blöcken aus Stampflehm wurden Ziegel aus Lehm und Stroh gefertigt und für schmalere Wände und dekorative Elemente verwendet. Zum Schluß muss alles nochmals mit Lehm verputzt und mit Dächern und Abläufen vor Nässe geschützt werden.

Schalung für einen Block ais Stampflehm.

Lehmbauten gleichen die Temperaturextreme in diesen Gegenden perfekt aus: Sie kühlen bei Hitze und isolieren bei Kälte. Allerdings verwittern sie schnell und müssen regelmäßig repariert werden. Dieser Aufwand im Unterhalt wird heute vermieden, weshalb man in ganz vielen Dörfern Neubauten aus Ziegeln neben zerfallenden Lehmbauten sieht. Die neuen Häuser sind praktisch wartungsfrei – haben aber nicht das temperaturausgleichende Raumklima der Lehmbauten.

Gebetsraum in der Kasbah: Die fünf Fenster symbolisieren die fünf Säulen des Islam.

Während wir in der Kasbah sind, hat sich das Wetter verschlechtert. Als wir hinaustreten, gibt es einen richtigen Sandsturm. Als der irgendwann nachlässt, haben wir feinsten Sand in jeder Ritze des Autos, obwohl alle Türen und Fenster geschlossen waren.

Spanien Januar/Februar 2025

Sonntag, 12.01.2025

Zum Start unserer großen Reise gibt es zwei Highlights. Das erste besteht darin, dass wir überhaupt losfahren. Mit zweiwöchiger Verspätung, dafür zeitig um 14:45 Uhr. Aber wie gesagt, wir sind endlich unterwegs! Das zweite Highlight ist, dass unsere neueste Errungenschaft bei der ersten Mautstation in Frankreich funktioniert: Bip and go. In Frankreich benötigt man inzwischen ein kleines Kästchen, das an die Windschutzscheibe geklebt werden muss, und das die Mautgebühren automatisch abbucht. Kein Herumkramen im Portemonnaie nach dem passenden Kleingeld mehr, keine Kreditkarte, die zwischen Fahrzeug und Zahlstation fallen kann (und die man fast nicht mehr wiederbekommt, weil die Autotür blockiert ist). Mit Bip and go fährt man an die Schranke, es piept (bipt), und die Schranke öffnet sich. Wir freuen uns wie die Kinder bei jeder Station. Dass die französischen Mautgebühren deshalb keinen Cent günstiger werden, blenden wir mal lieber aus.

Montag, 13.01.2025

Wir haben auf einem Stellplatz in Aix-les-Bains übernachtet, etwa 60 km von Genf entfernt. Intern heißt er bei uns „Schranken-Camping“, weil wir beim ersten Mal über eine Stunde gebraucht haben, bis wir, und zwar nur dank der Unterstützung zweier hilfsbereiter Franzosen, die Schranke geöffnet bekommen haben. Wir schlafen himmlisch und beginnen den Tag mit einem Morgenspaziergang am See. 

Strandpromenade in Aix-les-Bains

Heute fahren wir im wörtlichen Sinne quer durch Frankreich: über Lyon und Clermont-Ferrand, entlang der Vulkankegel der „Puys“ des nördlichen Massif Central bis in die Dordogne. Man kommt durch imposante Landschaften, freut sich über gigantische Ausblicke und darüber, dass man meist ziemlich allein unterwegs ist. In Frankreich ist alles stark frequentiert, was von oder nach Paris führt, nicht aber die Querverbindungen.

Wir finden einen idyllischen Stellplatz beim Dörfchen Terrasson-Lavilledieu in der Dordogne. Die Besitzer sind offenbar selbst Camper und wohnen in einem umgebauten Reisebus. Allerdings ist es hier bitterkalt und selbst für einen Abendspaziergang zu ungemütlich. Wir sind mal wieder dankbar über unsere Dieselheizung! 

Wunderbarere Abendhimmel, aber sehr kalt!

Dienstag, 14.01.2025

Die eine Hälfte von uns schläft schlecht und dafür lang, die andere nur lang. Es ist 11:30 Uhr bis wir getankt haben und loskommen. Dafür genießen wir die Fahrt durch die zauberhafte, anfangs noch rauhreifbedeckte Dordogne. Die Sonne strahlt, der Himmel ist blitzeblau, und es sieht bald wärmer als als es tatsächlich ist (etwa 1 Grad!). Um Bordeaux herum knubbelt sich der Verkehr, aber wir kommen staufrei durch. Danach wird es topfeben, und es gibt nicht viel außer Pinienwäldern. Umso beeindruckender sind die ersten Ausläufer der Pyrenäen, die sich später ins Bild schieben. 

Hallo Pyrenäen!

Unser Ziel heute ist San Sebastián direkt hinter der französischen Grenze. Der dortige Stellplatz ist ein Parkplatz in einer Senke, dunkel und ungemütlich. Hier gefällt es uns überhaupt nicht, und wir fahren trotz einbrechender Dunkelheit zum nächsten Campingplatz in einem kleinen Badeort namens Zarautz. Dieses letzte Stück Fahrt hat sich gelohnt! Wir stehen am Rand des Platzes mit sensationellem Blick auf den Ort – und aufs Meer! Besser geht’s nicht! 

Einmaliger Blick vom Campingplatz auf Zarautz.

Mittwoch, 15.01.2025

Seit zwei Tagen tropft es im Bad von der Unterseite des Waschbeckens. Da wie beschlossen haben, erst morgen weiterzufahren, müssen wir das Problem heute angehen. Um an die Schläuche und Leitungen unterhalb des Waschbeckens zu gelangen, muss zunächst eine Kunststoffabdeckung abgeschraubt werden, die mit 13 (!) kleinen Kreuzschlitzschrauben befestigt ist. Auch an die Schrauben kommt man nicht so ohne Weiteres, weil der Spalt zwischen Waschbecken und Abdeckung sehr schmal ist. Und was haben wir zuhause vergessen? Genau, das Werkzeug! Houston, wir haben ein Problem. 

Kleines Bad, winzige Schräubchen, kein Platz!

Aber das Sympathische am Campingleben ist ja, dass es immer nette und vor allem hilfsbereite Nachbarn gibt. In dem Fall leiht uns Matthias aus Bern zunächst sein Werkzeug und legt später selbst Hand an. Er kann das definitiv besser als wir und ist vor allem um einiges gelenkiger. Er  schafft es, in dem winzigen Womo-Bad unter das Waschbecken zu krabbeln, findet die leckende Stelle – und zwar eine andere als die, die wir vermutet hatten – schraubt wieder alles fest und die 13 Kreuzschlitzschräubchen zu. Wir bedanken uns bei ihm und seiner Freundin Nina mit einem Apero in der Campingbar und beenden die Problemlösung mit einer sehr netten Plauderei. 

Zarautz hat einen 2,5 km langen Sandstrand, an dem im Sommer sicherlich viel los ist. Aber auch im Januar tummeln sich Spaziergänger, Hundebesitzer, eine mutige Schwimmerin und vor allem Surfer. Die Geschäfte an der Strandpromenade sind alle geschlossen – bis auf einen Surfladen. Surfen ist offenbar ein Ganzjahressport. 

Abends gehen wir zum Essen ins Campingrestaurant, das mit ausgesuchter Möblierung und gleißender Beleuchtung beeindruckt. Dazu kommt laute Diskomusik und ein gutgelaunter Barkeeper, der durch den Gastraum tanzt. Genau so stellt man sich eine Kneipe im Süden vor! Wir sind begeistert und tänzeln mit.

Donnerstag, 16.01.2025

Heute steht Bilbao auf dem Programm, das nur eine Stunde Fahrtzeit entfernt ist. Theoretisch. Praktisch nehmen wir in Bilbao zwei falsche Abzweigungen, und „die Route wird neu berechnet“. Mehrfach. Die ganze Aktion kostet Zeit und einige Nerven, da wir ja nicht allein unterwegs sind. Aber schließlich kommen wir auf dem Stellplatz oberhalb der Stadt an. Panoramablick inklusive. Und ein Bus, der an der nächsten Straßenecke hält und in Affentempo direkt ins Zentrum kutschiert. Im Gegensatz zu uns kennen die Busfahrer die Strecke!

Beim letzen Besuch hatten wir uns nur aufs Guggenheim Museum konzentriert, heute stehen weitere architektonische Highlights auf dem Programm. Zubizuri Zubia, die „weiße Brücke“ von Santiago Calatrava, spannt seit 1997 einen eleganten Bogen über den Fluß Nervión. Die beiden Hochhäuser gegenüber wurden 2008 von Arata Isozaki entworfen und sind die höchsten Wohngebäude im Baskenland (82 m, 23 Etagen).

Stabbogenbrücke Zurizuri Zubia von Calatrava vor dem Isozaki Area (Isozaki-Tor).

Zwischen Altstadt und Guggenheim-Museum wurde ein Spazierweg angelegt, der dem Fluß entlang führt und mit Skulpturen bestückt ist.

„Die Treidlerinmen“ der spanischen Künstlerin Dora Salazar erinnert an die brutale Arbeit von Frauen, die im 19. Jahrhundert Lastkähne den Nervión hinaufzogen.

Höhepunkt dieses Wegs ist das Guggenheim-Museum von Frank O. Gehry, das den Architektur-Hype in Bilbao überhaupt erst angekurbelt hat und jährlich eine Million Besucher anzieht, 60% aus dem Ausland. Der „Bilbao-Effekt“ des Guggenheim-Museums hat eine wirtschaftlichen Effekt auf die ganze Region und mehrere tausend neue Arbeitsplätze geschaffen.

Das Guggenheim Museum vom Fluß Nervión aus gesehen.

Zum zehnjährigen Bestehen des Museums 2007 wurde ein Wettbewerb ausgelobt, um die danebenliegende Spannseilbrücke Ponte Salve optisch in den Gesamtkomplex des Museums einzugliedern. Den Wettbewerb für die Umgestaltung der Brücke gewann der französische Künstler und Bildhauer Daniel Buren („Streifen-Buren“) mit seinem Entwurf des Arc Rouge, des roten Bogens, der stilistisch und farblich einen starken Kontrast zu Gehrys geschwungenen, mit Titanplatten verkleideten Gebäudeformen bildet.

Daniel Burens Arc Rouge. An den Schmalseiten der roten Bögen die charakteristischen Buren-Streifen.

Beim Rückweg vom Museum in Richtung Bus knubbeln sich plötzlich die Leute auf den Gehsteigen und Straßen. Alle haben Getränke in der Hand, und man fragt sich, ob sie alle auf der Suche nach dem nächsten Pintxo (die baskische Variante der Tapas) sind. Aber die meisten Leute tragen rot-weiße Schals, womit die Vermutung nahe liegt, dass es sich um ein Fußballspiel handeln muss. Das Stadion Mamé mehr oder weniger in der Innenstadt von Bilbao und klar, dorthin strömen alle. Später hören wir die Fangesänge von unserem Panorama-Stellplatz aus.

Blick vom Stellplatz über die Stadt (vorne rechts das Stadion)

Freitag, 17.01. und Samstag, 18.01.2025

Es folgen zwei Fahrtage. Am Freitag fahren wir von Bilbao knapp 600 km auf der Autobahn bis  kurz vor Cáceres in der Extremadura. Und am Samstag rund 250 km auf der Landstraße in das Örtchen Segura de León. Beides dauert etwa gleich lang!

Wir starten bei blauem Himmel und tauchen gleich in die Nebelsuppe ein.

Die Fahrt von Bilbao führt durch dichten Nebel, der in den Tälern der Montes Vasca, der „Baskischen Berge“ hängt. Wir queren die Meseta, die von Gebirgen umgebene Hochebene von Kastilien und León, die für ihre extremen Temperaturen berüchtigt ist (im Winter kalt, im Sommer brütend heiß). Ab Salamanca geht es durch den südlichen Gebirgszug der Sierra de Gredos, bevor man die Extremadura erreicht. Wir sind absolute Fans dieser rauen und leeren Landschaften, die extrem abwechslungsreich sind und wie ein roadmovie an einem vorbeiziehen. In Salamanca machen wir eine Stopp, um in einem Carrefour einzukaufen. Der verkauft alles von der Matratze bis zum Tintenfisch und ist derart riesig, dass der Einkauf in einer gewissen Erschöpfung endet. 

Wir finden einen wunderbar gelegenen Stellplatz in einem Dörfchen namens Cañaveral und erleben zunächst einen herrlichen Sonnenuntergang mit dunkelblauem Himmel. Wir kommen mit einem Paar aus Stuttgart ins Gespräch, wobei sich herausstellt, dass Thomas eigentlich aus Stockach stammt und jede Woche dort ist, um seine Mutter zu besuchen. Es entwickelt sich ein interessantes Gespräch mit ihm und seiner Lebensgefährtin Olimpia. Wir tauschen Nummern aus und versprechen, in Kontakt zu bleiben.

Hier darf ein Werbefoto unseres WoMos nicht fehlen.

Am Samstag fahren wir auf der  Landstraße über Badajoz in die Sierra Morena. Die Provinz Badajoz bildet die südliche Hälfte der Extremadura. Die Extremadura (wörtlich „jenseits des Duro“) ist eine flächenmäßig große Region (so groß wie die ganze Schweiz) mit sehr geringer Bevölkerungsdichte. Ganz typisch sind die mit Kork- und Steineichen bestandenen Weidelandschaften („dehesas“), auf denen Rinder, Pferde, Schafe, Ziegen oder Schweine grasen. Aus den Schweinen, die sich von den Eicheln ernähren, wird der berühmte Schinken „pata negra“ produziert. Das Ganze ist ein uraltes Prinzip extensiver Landwirtschaft. Die „dehesas“ sind Landschaften, die aus der Zeit gefallen zu sein scheinen. Sie wirken geradezu archaisch in ihrer Einfachheit und Schönheit.

Eigentlich suchen wir einen Stellplatz, der in Jerez de los Caballeros direkt neben einer Stierkampfarena liegt. Eine solche location wollen wir uns nicht entgehen lassen. Aber der Stellplatz ist gar nicht schön und vor allem voll belegt. Wir fahren also eine halbe Stunde weiter nach Segura de León, wo wir den Stellplatz ganz für uns allein haben. Das Dorf hat eine Burg, die gerade noch geöffnet hat und einen wunderbaren Blick auf die umliegende Gegend bietet.

Blick von der Burgmauer in Segura de León.
Ein wunderbar ruhiger Stellplatz für uns alleine. Mit (kostenloser) Ver- und Entsorgungsmöglichkeit.

Sonntag, 19.01. und Montag, 20.01.2025

Die Gegend ist traumhaft, das Wetter super. Eigentlich perfekt für eine längere Wanderung. Allerdings sagt der Wetterbericht Starkregen für Montag voraus, und da wollen wir nicht unbedingt auf der Straße sein müssen. Also fahren wir bereits heute nach El Puerto de Santa Maria und kommen auf dem dortigen Campingplatz unter, sogar ohne Reservierung.

El Puerto de Santa Maria ist ein Industriehafen mit Fährverbindung in die alte Stadt Cadiz.

Wir installieren uns und igeln uns ein. Pünktlich laut Wettervorhersage beginnt es am Montag gegen 14 Uhr zu schütten. 

Unsere Reiseroute bis heute.

Dienstag, 21.01.2025

El Puerto de Santa Maria und Cádiz sind Hafenstädte, in denen die glorreiche spanische Vergangenheit als Seefahrernation ihre Spuren hinterlassen hat. Wir lernen, dass Columbus zwischen seinen beiden Seefahrten nach Amerika zwei Jahre in El Puerto lebte. Es gibt eine Fähre nach Cádiz, die heute leider wegen zuviel Wind und Wellen ausfällt. Statt dessen wird ein Ersatzbus angeboten, also sozusagen ein Fährenersatzverkehr. In einer halben Stunde ist man in Cádiz, das als älteste Stadt Europas gilt. Dass sie von Herakles gegründet worden sein soll, läßt sich natürlich nicht nachweisen. Die ältesten Spuren in der Stadt stammen von den Phöniziern und werden auf etwa 1000 v.Chr. datiert. Sichtbar sind – wie häufig in Spanien – römische Ruinen, darunter ein gut erhaltenes Amphitheater, und ein Nebeneinander von maurischen, mittelalterlichen und barocken Baustilen.

Im Vordergrund der Eingangsbereich des römischen Amphitheaters, im Hintergrund ein Turm der Kathedrale.

Cádiz ist auch bekannt für die erste spanische Verfassung, die von einer Versammlung in der Stadt erarbeitet wurde und 1812 in Kraft trat. Bereits zwei Jahre später wurde sie schon wieder abgeschafft, als die Bourbonen ihre Macht zurückerlangten. Die Altstadt mit ihren mittelalterlichen Toren und engen Gässchen ist malerisch und lebendig.

Mittelalterliches Tor „Arco de la Rosa“ in Cádiz.

Straßenmusiker spielen E-Gitarre, Horden von Tauben stürzen sich auf Essensreste auf (!) den Tischen, und in der Markthalle haben Händler ihre Fülle an Waren zu kunstvollen Arrangements dekoriert.

Die „neue“ Kathedrale „Santa Cruz sobre el mar“ (Zum Heiligen Kreuz oberhalb des Meeres) ist aus dem 18.-19. Jahrhundert und wurde aus dem Handel (oder vielmehr eher der Ausbeutung) mit den spanischen Kolonien finanziert. Die neue Kathedrale spiegelte das Selbstbewußtsein der zu Reichtum gekommenen Bürger von Cádiz wider. Die direkt daneben liegende alte Kathedrale war für die stark gewachsene Bevölkerung zu Beginn des 18. Jahrhunderts zu klein geworden. 

Der Innenraum des vorwiegend barocken Kirchenraums ist lichtdurchflutet. Der Altar steht in einer Art Tempel mit koronthischen Säulen und ist von allen Seiten einsehbar. Der westliche der beiden Kirchentürme („Poniente“) ist gleichzeitig der Glockenturm und kann besichtigt werden. Statt Treppen führt eine Rampe die 40 Meter nach oben. Von oben hat man eine grandiosen Ausblick in alle Richtungen über die Stadt, den Hafen und die Bucht von Cádiz. Ein Schild weist darauf hin, dass alle 15 Minuten die Glocken läuten, und das tun sie dann auch!

Blick vom Glockenturm der neuen auf die alte Kathedrale.
Alle 15 Minuten schlagen die Glocken.

Der Hin- und Rückweg nach Cádiz führt über eine mehr als 3 km lange und 69 Meter hohe Schrägseilbrücke, „Puente de la Constitución de 1812“, die an die bereits erwähnt spanisch Verfassung erinnert. Sie ist die längste Brücke Spaniens und wurde 2015 eröffnet.

Die längste Brücke Spaniens: Puente de la Constitución del 1812.

Mittwoch, 22.01.2025

Wir fahren nach Tarifa, wo wir ab heute einen Platz auf „unserem“ Campingplatz Torre de la Peña reserviert haben. Tarifa empfängt uns mit Traumwetter und unglaublichen 21 Grad. Leider ist der Campingplatz völlig ausgebucht, und wir bekommen nur ein recht ungemütliches Plätzchen im Schatten. Aber wir werden herzlich begrüßt und Juan, der Chef, kündigt uns für den nächsten Tag Besserung an. Der erste Strandspaziergang ist endgültig wie Heimkommen.

Sonne, Wind, Meer, Surfer: Tarifa!

Donnerstag, 23.01.2025

Wir wechseln den Platz, waschen Wäsche und installieren uns. Die paar Meter sind wie eine andere Klimazone. Während wir auf dem ersten Platz im Schatten unter Bäumen standen und es immer windig war, stehen wir jetzt windgeschützt voll in der Sonne. Im Sommer wäre das sicher nicht erträglich, aber jetzt ist es einfach herrlich! Wir packen T-shirts und kurze Hosen aus und haben Sommerfeeling! 

Wir sind inzwischen zum vierten Mal auf dem Campingplatz und damit immer noch Neulinge. Hier kommen viele seit Jahrzehnten jedes Jahr wieder. Die Mehrzahl der Gäste sind natürlich (Früh-)Rentner. Viele haben riesige Wohnmobile, mit denen man auf den schmalen Wegen und engen Plätzen kaum rangieren kann. Aber es gibt auch solche wie Trevor aus England, der mit seiner Frau seit 20 Jahren von Leicester nach Tarifa fährt, unterwegs in Hostels übernachtet, und auf dem Campingplatz in einem Zelt wohnt. Er hat Knieprobleme, läuft mit Stock die steilen Wege hoch und krabbelt abends in sein Zelt. Oder Paul aus dem Chiemgau, der in seinem PKW schläft und jeden Morgen um 7:30 nach Tarifa fährt, um in einer der Kneipen Kaffee zu trinken und mit spanischen Bauarbeitern zu plaudern. Neben uns steht ein Paar aus den Niederlanden, die ein einjähriges Sabatical mit ihrem Arbeitgeber vereinbart haben und bereits seit einem halben Jahr unterwegs sind. Ein schwedisches Rentnerpaar erzählt uns, dass sie zuhause alles verkauft haben, seit einem halben Jahr im Wohnmobil leben und vom Nordkap quer durch Europa nach Südspanien gefahren sind. Ihr Plan ist, auch das Wohnmobil zu verkaufen und sich dafür ein Boot anzuschaffen, auf dem sie den Rest ihres Lebens auf dem Mittelmeer verbringen wollen. Es gibt die Einsamen wie unseren Nachbarn Tom vom letzten Jahr, bei dem bereits vormittags die Roséflasche auf dem Campingtisch steht. Und dann natürlich die Wind-, Kite- und Wingsurfer und die Rennrad- und Mountainbike-Fahrer, die mit viel Equipment unterwegs sind und ihren Tagesablauf nach Wind und Wetter ausrichten.

Jeder nach seiner Fasson! Die Mitarbeiter vom Campingplatz geben jedenfalls jedem das Gefühl, willkommen zu sein. 

Freitag, 24.01.2025

Ich fahre nach Tarifa, um mich bei der Sprachschule für einen zweiwöchigen Kurs anzumelden. Auch das ist wie Heimkommen. Ich werde mit Küsschen begrüßt und freue mich riesig, dass ich wieder meine Lehrerin Bea vom ersten Jahr bekommen werde. 

Der Tag heute ist fast windstill, was hier eine Seltenheit ist. Entsprechend intensiv ist die Sonne. Abends gehen wir zum ersten Mal in die Campingbar „El Chozo“, die direkt am Meer liegt, und beobachten, wie die Sonne ins Meer plumpst. Das geht so schnell wie in einem Film.

Die schönsten Sonnenuntergänge gibt es in der Chozo Bar auf dem Campingplatz.

Samstag, 25.01. und Sonntag, 26.01.2025

Außer Wäschewaschen, Strandspaziergängen und Spanisch-Wiederholen machen wir an dem Wochenende nicht viel. Müssen wir auch gar nicht – es ist einfach nur schön!

Montag, 27.01. bis Freitag, 31.01.2025

Die erste Schulwoche! Der Rhythmus hat sich schnell wieder eingependelt. Ich fahre gleich nach dem Aufstehen die rund 8 km mit dem Rad nach Tarifa und frühstücke in einer Kneipe in der Nähe der Schule. Das Frühstück besteht aus einem halbierten länglichen Brötchen, dessen Schnittflächen getoastet werden. Es wird serviert mit einem Fläschchen Olivenöl, einer Karaffe mit einer Art flüssigem Tomatenpüree und Salz. Das Ganze nennt sich „tostada con tomate“, und dazu gibt es einen ziemlich starken Milchkaffee („café con leche“). Keine Ahnung, ob sowas auch zuhause schmecken würde, wahrscheinlich eher nicht, aber hier ist es herrlich und eine wunderbare Grundlage für die vier Stunden Unterricht. In der Kneipe sind ausschließlich Spanier, jeden Tag die gleichen Personen, die auch jeweils das Gleiche frühstücken. Der Besitzer Juan kennt mich noch vom letzten Jahr, und ich fühle mich fast ein bisschen einheimisch.

Tostada con tomate mit café con leche.

Leider bin ich doch nicht bei Bea in der Klasse, sondern bei Maria, die immer etwas demotiviert wirkt und nicht sonderlich gut vorbereitet ist. Außerdem fragt sie uns ständig, was wir machen wollen (dieses oder lieber jenes Thema?), was ich völlig deplaziert finde.

Die Gruppe besteht aus Anita, einer österreichischen Intensiv-Krankenschwester, die in der Nähe von Linz wohnt und nur eine Woche dabei ist. 

Aus Jorge, einem 16jährigen Ukrainer, der jeden Tag über eine Stunde mit dem Bus zum Unterricht nach Tarifa fährt, und in Spanien studieren möchte. Bei einer der Diskussionen zeigt er sich sehr erstaunt, dass die B1-Sprachprüfung nicht für die Zulassung zu einer Uni ausreicht, sondern dass er vorher Abitur und eine Aufnahmeprüfung machen muss. Jorge strotzt nur so vor Energie, die sich in unablässigem Klicken von Kugelschreibern und ähnlichen Schreibutensilien Bahn bricht. Kein Wunder, zuhause hat er intensiv Karate gemacht und schon mit 15 den schwarzen Gürtel erlangt. Das Training fehlt ihm natürlich. Glücklicherweise können wir ihm das Kugelschreiberklicken abgewöhnen.

Amy ist mit ihrer Tochter Morgan im Kurs, sie stammen aus Utah in den USA. Amy hat acht (!) Kinder, die sie alle zuhause unterrichtet hat. Sie ist mit den beiden jüngsten Töchtern für zwei Monate in Tarifa, um Spanisch zu lernen. Die 15jährige Morgan spricht schon ziemlich gut und vor allem fast akzentfrei Spanisch; ihre 12jährige jüngere Schwester ist in einem anderen Kurs. Wir erfahren, dass sie in einem kleinen Städtchen namens Eagle Mountain auf 1500 m Höhe in der Nähe von Salt Lake City wohnen. 

Jedenfalls ist die Zusammensetzung der Klasse äußerst bunt und damit hochspannend.

An den Nachmittagen essen wir miteinander, und dann muss ich ja Hausaufgaben machen! Es ist wirklich wie in der Schule. Claus hört mich immer ab und hat das Gefühl, dass er auch mitlernt. Unglaublicherweise liegen wir spätestens um 22 Uhr im Bett, manchmal auch früher. Wenn wir das nur zuhause schaffen würden! Liegt sicher auch daran, dass wir kein Fernsehen haben. Manchmal, aber nicht immer, reicht der Empfang für die Nachrichten. Zeitung lesen hingegen ist kein Problem. 

In der Woche hatten wir so ziemlich alles an Wetter, was möglich ist. Montag war Sturm, und es schüttete – übrigens eine unangenehme Kombination beim Radfahren. Unser (Sand-)Platz verwandelte sich in eine Lehmgrube, in der man richtiggehend einsank. Der Lehm war ganz schnell überall.

Lehm überall.

Dienstag und Mittwoch war nur noch Sturm. Dafür gab es am Mittwoch Abend ein Gewitter, das wir so hier noch nie erlebt haben. Sturzregen machte jedes Gespräch im Auto praktisch unmöglich, und es blitzte und donnerte gefühlt direkt neben uns. Wie auf Knopfdruck war der Spuk aber ganz schnell wieder zu Ende. Ab Donnerstag dann schönstes Wetter. Nachts und morgens ist es zwar ziemlich kalt, aber dafür tagsüber in der Sonne gleich warm. Man wechselt zwischen Daunenjacke und T-Shirt. 

Am Freitag Nachmittag, sozusagen als Vorgeschmack aufs Wochenende, ist kein Wölkchen am Himmel, und wir haben eine grandiose Sicht auf die Berge von Marokko. 

Blick vom Aussichtspunkt oberhalb des Campingplatzes auf Tarifa und den Berg Jbel Musa in Marokko.


Montag, 3.2. bis Freitag, 7.2.

In dieser Woche bekommen wir in unserer Sprachgruppe einen Neuzugang: Stefan, Arzt aus Heidelberg, der sich eine Woche Auszeit von (Hausarzt-)Praxis und Familie gönnt, um im Tarifa zu kitesurfen und sein Spanisch aufzufrischen. Kitesurfen bezeichnet er als seine Therapie gegen eine Midlife-Crisis. Er ist eine angenehme und interessante Ergänzung zu unserer Gruppe.

Amy, die amerikanische Mutter mit acht Kindern, taut in der zweiten Woche ein bisschen auf und erzählt von ihrem Leben in Utah. Sie wohnt mit ihrer Familie abgeschieden auf einem Bauernhof und lebt dort weitgehend autonom. Sie zieht nicht nur Gemüse und Obst, sondern hält auch Hühner und Kühe. Acht Gallonen Milch täglich, rund 30 Liter, sind allerdings auch für eine Großfamilie zu viel. Amy produziert deshalb Käse und verschenkt den Rest. Sie bäckt sogar ihr eigenes (Sauerteig-)Brot.  Dabei ist sie eigentlich Software-Ingenieurin. Ein ziemlich ungewöhnlicher Lebensentwurf! Und auf jeden Fall eine intakte Umgebung, um Kinder großzuziehen.

Es gibt eine kleine Insel, die Tarifa vorgelagert ist, die Isla de Tarifa oder auch Isla de las Palomas (Taubeninsel) genannt wird. Angesichts hunderter Seemöven stimmt der Name allerdings nicht so ganz. Die Insel wurde wegen ihrer strategischen Lage an der engsten Stelle der Meerenge von Gibraltar über Jahrhunderte militärisch genutzt bzw. befestigt. Bis vor kurzem war sie militärisches Sperrgebiet und durfte nicht betreten werden. Jetzt geht das wieder, und die Schule hat diese Woche eine geführte Besichtigung organisiert. 

Die unwirtliche kleine Insel ist der südlichste Punkt des europäischen Kontinents. Für die Phönizier, Griechen und Römer war hier der Übergang von der ihnen bekannten Welt des Mittelmeers in die unbekannten Weiten des Atlantiks – ein mythischer und heiliger Ort. Die Araber nutzten die Insel vor allem als Steinbruch. Jahrhundertelang wurde hier Kalkstein abgebaut, der für den Bau der Burg von Tarifa und für andere Befestigungsanlagen entlang der Meerenge verwendet wurde.

Bereits im 16. Jahrhundert wurde ein Leuchtturm errichtet, zunächst nur halb so hoch wie heute. Um das Leuchtfeuer – das zunächst wirklich ein Feuer war – zu unterhalten, lebten Generationen von Leuchtturmwärterfamilien auf der Insel.

Der Leuchtturm ist nur 45 m hoch, steht aber auf einer Anhöhe und ist weithin sichtbar.

Den Damm, der die Insel mit dem Festland verbindet, bauten die Engländer Anfang des 19. Jahrhunderts, kurz bevor Tarifa Weihnachten 1811-1812 von den Franzosen belagert wurde (erfolglos). Während des Spanischen Bürgerkriegs und des zweiten Weltkriegs spielte die Straße von Gibraltar und damit auch die vorgelagerte Isla de Tarifa eine entscheidende strategische Rolle. Bis 2001 war die spanische Armee präsent, danach wurden hier bis 2022 illegale Einwanderer inhaftiert. 

Das Ufer fällt auf beiden Seiten der Küste steil ab bis auf 400 Meter Meerestiefe. Die Temperatur- und Dichteunterschiede zwischen dem warmen, salzhaltigeren Mittelmeer und dem kälteren, salzärmeren Atlantik sorgen zusammen mit den Gezeiten für extreme Strömungen in der Meerenge. Dazu kommen die bekannten Winde, vor allem der Poniente von Westen und der Levante von Osten. Der Wind ist auf der Insel deutlich stärker als an Land – und zwar immer. Bei unserem Besuch waren wir beeindruckt, wie stark es hier blies, aber unsere Inselführerin Carmen meinte, es sei eher ein ruhiger Tag. In dieser lebensfeindlichen Umgebung wachsen besondere Pflanzen, die es nur hier gibt. Jeder Besuch wird von hunderten Seemöven begleitet, deren Flugkünste absolut respekteinflößend sind. Die Isla de la Tarifa ist kein besonders schöner Ort. Aber ein eindrucksvoller!

Von hier aus ist Marokko genau 14 km entfernt.

Samstag, 08.02.2025

Wir verlassen Tarifa, um uns unserem nächsten Abenteuer zuzuwenden – der Reise nach Marokko. Heute deponieren wir unsere Fahrräder, den Fahrradträger und alles was so dazugehört, bei „Tarifabox“. Nach dem üblichen Tanken und Ablassen (getreu unserem Motto „alles voll, alles leer“) fahren wir zum Treffpunkt unserer Reisegruppe in Manilva, das an der Küste zwischen Gibraltar und Malaga liegt. Hier sind Küste und sogar das Klima anders als in Tarifa: milder, mediterraner, weniger rauh. Der Campingplatz, auf dem wir uns treffen, lebt ebenfalls von den Überwinterern aus Nordeuropa. Nur dass es hier eher Rentner sind und die Surfer fehlen. 

Strand von Manilva.

Am Sonntag steht plötzlich Maxie vor unserem Wohnmobil. Sie begrüßt alle, die schon da sind, mit einem reizenden kleinen Willkommensgeschenk inklusive handgeschriebener Karte. 

Kleiner Vorgeschmack auf Marokko.
Abendspaziergang zum Hafen von Manilva.

Montag, 10.02.2025

Laufe des Tages trudeln die restlichen Teilnehmer unserer Reise ein, und am Nachmittag gibt es eine Kennenlern- und Informationsrunde auf der Campingterrasse. Maxie überreicht jedem ein roadbook, in dem sie Hintergründe zu Land und Leuten, wichtige Hinweise und Reisetipps, sowie detaillierte Beschreibungen jedes Reisetags (mit QR-Codes für die Routenziele) zusammengefasst hat. Jeder bekommt außerdem eine marokkanische SIM-Karte – mit Büroklammer, um dieselbe zu wechseln! Unglaublich professionell aufbereitet, ästhetisch gestaltet und insgesamt sehr sympathisch. Genauso sympathisch wie ihre umfangreichen Erläuterungen bei der Einführung. Wir sind alle begeistert! Man muss vielleicht vorausschicken, dass sich Maxie eben erst mit dieser Geschäftsidee selbständig gemacht hat und dass dies ihre erste Gruppenreise ist! Morgen geht es los – und wir sind alle sehr gespannt.

Perfekte Vorbereitung von Maxie für unsere Reise durch Marokko.





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Hier geht es weiter mit der nächsten/letzten Reise…

Österreich, November 2024

Um dem permanenten Nebel am Bodensee zu entfliehen, habe wir entschieden anfangs November drei Tage in die „Höhe“ zu fahren. Denn kaum ist Mann/Frau ein paar Meter höher unterwegs, scheint die Sonne.

So fahren wir nach Vorarlberg. Knappe zwei Stunden von uns entfernt – und SONNIG! Dort stehen wir dann auf einem Bauernhof. Dieser hat zwei Stellplätze, der zweite wird genutzt von einem „Dickschiff“, einem ca. 9m langen Morello. Erstaunlich, wie die mit dem riesigen Fahrzeug überhaupt dorthin kamen, aber es ging wohl…

So standen wir dort, umgeben von Gehegen mit Ziegen, Hühnern und Kühen. Und konnten (im T-Shirt) in der Sonne sitzen. Allerdings nur bis 16:00 Uhr, da dann die Sonne hinter einem Berg verschwand und es schlagartig eiskalt wurde. Draußen essen war nicht möglich, aber im Auto war es sehr gemütlich.

Die Container waren die Ställe der Ziegen…
Auch hier gab es Nebel, der sich aber schnell auflöste.


Bayern, Oktober 2024

Ein Kurztrip, 5 Tage, 500km. Durch Bayern, Allgäu und ein kleiner Abstecher nach Österreich (Nähe Bregenz).

Mittwoch, 16.10.2024

Wir haben allen erzählt, dass wir für eine Woche nach Südtirol fahren. Aber weil es dort stärker regnen soll als auf der Alpennordseite, disponieren wir um. Ist ja nichts Neues – und für bekennende Schönwetter-Camper fast ein Muss.

Wegen verschiedener Unwägbarkeiten (wir leihen uns einen Fahrradträger aus, und die Gasflasche lässt sich nicht montieren) kommen wir noch später los als sonst. Aber egal, wir haben es ja nicht weit, wir wollen ins Allgäu. Wir fahren bei Regen los, arbeiten uns durch Nebel, bis sich die Nebelbänke in den Tälern absenken und kommen gegen 18 Uhr an unserem Ziel am Forggensee an.

Nebelbänke im Allgäu.

Weil uns der dortige Campingplatz gar nicht gefällt, fahren wir nochmal weiter und landen schlueßlich bei Einbruch der Dunkelheit am nahegelegenen Bannwaldsee auf einem großen Campingplatz. Wir sind einfach nur froh, dass wir angekommen sind, wärmen die mitgebrachte Bolognese auf und liegen um 22 Uhr in der Falle.

Donnerstag, 17.10.2024

Heute ist ein wunderbarer, sonniger Herbsttag. Wir frühstücken draußen in der Sonne und genießen jeden Strahl.

Es gibt einen Radweg, der am Campingplatz startet und einmal um den Bannwald- und den Forggensee herumführt. Dafür ist das Wetter perfekt: Bauer Himmel, buntes Laub, der See wie ein Spiegel. Die Bauern heuen bzw. heuwenden, und es riecht abwechselnd nach frischem Gras und nach erdigem Laub. Schloss Neuschwanstein thront spektakulär auf der anderen Seeseite und spiegelt sich mit den dahinterliegenden Bergen im Wasser.

Schloss Neuschwanstein thront spektakulär im Alpenvorland.
Der Pegel des Forggensees wird im Winter deutlich abgesenkt.

Während der Bannwaldsee ein Naturschutzgebiet mit Mooren und Sümpfen ist, ist der Forggensee ja „nur“ ein Stausee und nicht besonders hübsch mit seinen betonbewehrten Ufern. Aber wenn sich die Berge so schön darin spiegeln, ist das auch egal. 

Wir genehmigen uns ein Helles im Campingrestaurant, das bereits am späten Nachmittag völlig ausgebucht ist. Auch wenn wir gewollt hätten, hätten wir dort nicht essen gehen können. So gibt es wieder Spaghetti im Wohnmobil.

Freitag, 18.10.

Heute ist ist es leider nichts mit dem goldenen Oktober, aber immerhin lässt der Regen im Laufe des Vormittags nach. Wir fahren mit dem Rad bzw. dem E-Roller in das 8 km entfernte Füssen. Leider ist der E-Roller nicht voll geladen und gibt – obwohl er doch eigentlich eine Reichweite von 100 km haben soll, weshalb das Laden nicht notwendig erschien – in Füssen den Geist auf. Wieder what learned, wie mein Schatz Claus so schön zu sagen pflegt. Immerhin hat die Hinfahrt geklappt. 

Wir bummeln durch Füssen, was auch unter den grauen Wolken recht malerisch daherkommt. In einem Lokal, das früher mal eine Metzgerei war, wird die Lust auf lange geschmortes Fleisch gepflegt, und wir essen vorzüglich. Zurück geht es für den Rollerfahrer mit dem Taxi, dessen Fahrer sich über die Geschichte mit dem leeren Akku amüsiert.

Samstag – Sonntag, 19.-20.10.

Wir besuchen meine Patentochter und ihren Freund bei München und übernachten auf einem Bauernhof-Stellplatz in der Nähe. Die Adresse haben wir aus der app „park for night“ – und sind begeistert. Wir werden sehr herzlich empfangen und stehen ganz allein auf einem gekiesten Platz direkt an einem Feld. Nachts ist es so still und so dunkel, dass man Angst bekommen könnte. 

Bauernhof-Stellplatz mit Aussicht.

Es ist ziemlich kalt unter der Nebeldecke, was im geheizten Auto eigentlich kein Problem ist. Aber die Heizung verabschiedet sich, und außerhalb der warmen Bettdecke wird es ziemlich ungemütlich.

Der Blick aus dem Schlafzimmer entschädigt für alles.

12 Grad und Nebel und keine Heizung. Wir beschließen, dass das nicht so nett ist, sagen die diversen weiteren Besuche ab, die wir geplant hatten, und machen uns auf den Rückweg. Wir übernachten nochmal in Hard bei Bregenz auf dem Parkplatz eines Restaurants. Gegen Verzehr ist die Übernachtung kostenlos, ein Deal, den inzwischen mehrere Lokale anbieten. 

Der letzte Abend: Kostenloses Parken und Übernachten bei einem Restaurant nähe Bregenz.

Daheim hängt unser Tourne-Händler die Heizungssteuerung an seinen Laptop und kann den Fehler schnell beheben. Wir planen die nächste Tour!

Deutschland und Schweiz, August 2024

Im August machten wir drei verschiedene Kurztrips, die wir hier zusammenfassen.

Anfang August: Ein sehr netter Kurztrip, mit Freunden nach Sigmaringen.
Ausgiebige Fahrradtouren entlang der Donau, viel gemeinsames Essen und Reden, Schlossbesichtigung usw.
Die 2,5 Tage waren (leider) sehr schnell vorbei. Trotzdem ein kleiner Kurzurlaub.

Knapp zwei Wochen später, ging es für 4 Tage in den Schwarzwald. Zum Familienfest (Geburtstage). Dort standen wir zuerst zwei Nächte vor dem Hotel (in dem wir auch alle Mahlzeiten einnahmen). Danach fuhren wir noch ca. 1,25 Stunden weiter, auf einen Campingplatz, auf dem wir weitere zwei Nächte blieben.

Ende August dann noch ein zweitägiges Treffen von „Tourne-Fahrern“. Organisiert über eine WhatsApp-Gruppe trafen sich 35 Fahrzeuge, mit ca. 70 Personen, zum zweiten Tourne-Treffen. Dies fand diesmal in Vattis (CH), in einer traumhaft schönen Gegen statt.

Blick von 1400m in die Berge.

Frankreich, Deutschland, Juli 2024

Diese Reise führte uns zunächst auf einen unserer Lieblingscampingplätze in Herpelmont in den Vogesen. Eigentlich verreisen wir ja nicht in der Hauptsaison – aber wir „mussten“ mal wieder raus. Wie zu erwarten, waren die Campingplätze sehr voll. Zum Teil bekamen wir nur einen Platz für 1-3 Nächte, da alles bereits reserviert war.

Italien, April 2024

(Claus)

Morgen starten wir zu einem Kurztrip ins Piemont in Italien. Dafür gibt es drei gute Gründe:

  1. Wir sind ja schon wieder solange daheim, dass wir wieder weg müssen 😉
  2. Das Wetter ist hier so schlecht (tagsüber ca. 5 Grad, Regen und Graupelschauer), dass wir uns nach jedem Grad wärmer sehnen ..
  3. Der Hauptgrund: Wir gehen zusammen mit Freunden campen! Sie sind zwar länger unterwegs, aber immerhin können wir 5 Tage gemeinsam verbringen.

Imzwischen sind wieder daheim. Es waren tolle Tage – im wahrsten Sinne: Tolle Stimmung, tolle Gespräche, tolles Essen und passende Getränke.
Einzig das Wetter war nicht toll. Wir konnten insgesamt nur etwa eine. halben Tag draußen sitzen. Den Rest der Zeit verbrachten wir gemeinsam in einem (Party-)Zelt. Es regnete fast rund um die Uhr. Trotzdem war die Stimmung „sonnig“ und wir hatten viel Spass.
Ein Reiseziel, dass wir auf jeden Fall nochmals besuchen werden, der Ortasee.

Als wir auf dem Campingplatz oberhalb von Pettenasco ankamen, schien sogar noch die Sonne.
…und tatsächlich konnten wir draußen frühstücken …
Kurz darauf verzogen wir uns ins Zelt und schalteten den Heizlüfter ein…

(Jeannine)

Während unsere fußlahmen bzw. -faulen Ehegatten im beheizten Zelt stundenlang miteinander plaudern, erkunden wir zwei Frauen ein bisschen die Gegend. Der Ortasee ist eine Entdeckung: landschaftlich traumhaft schön, aber gleichzeitig verschlafener und nicht so touristisch wie der nahegelegene Lago Maggiore.

Am Samstag laufen wir die 2 km  hinunter zum Bahnhof in Pettenasco und fahren eine Station mit dem Zug, um uns Orta San Giulio anzusehen, das auf einer Halbinsel im Ortasee liegt. Das Örtchen ist absolut zauberhaft. Wir laufen an schlossartigen Villen vorbei, durch enge Gässchen mit hübschen Geschäften und freuen uns an der Aussicht auf die nahe Insel San Giulio. Der stärker werdende Regen treibt uns in ein Café, wo wir uns eine heiße Schokolade gönnen, in der der Löffel stecken bleibt. Lecker!

Prachtvolle Villen am Ufer des Sees.

Mitten auf dem Halbinselchen liegt auf einem bewaldeten Hügel eine Pilgerstätte: der Sacro Monte Orta San Giulio. Die „heiligen Berge“ (sacri monti) sind eine Besonderheit des italienischen Voralpenraums. Um die Gläubigen nach der Gegenreformation sozusagen wieder auf Spur zu bringen, baute man Kapellen, in denen das Leben von Jesus Christus, von Maria oder von Heiligen inszeniert wurde. Der Sacro Monte in Orto San Giulio besteht aus 20 Kapellen, die jeweils einer Episode aus dem Leben des Heiligen Franziskus gewidmet sind. Das wirklich Einmalige an den Sacri Monti ist, dass die Kapellen nicht nur mit Fresken bemalt sind, sondern dass lebensgroße Figuren die Geschichte erzählen. Die Figuren wirken überaus lebendig und „kommunizieren“ miteinander. Das Ganze erinnert an ein überdimensionales Wimmelbild. Fresken und Figuren gehen ineinander über und bilden ein barockes Gesamtkunstwerk. Der Besucher betrachtet die Szene von einer definierten Position aus (die meisten Kapellen darf man nicht betreten), und bei manchen wird auch das Licht, das durch die Fenster fällt, zur Inszenierung genutzt.

Der büßende Franziskus (nackt) wird durch Assissi geführt, während um ihn herum recht viel los ist.
Heiligsprechung nach Franziskus‘ Tod.

Wir kommen in den Genuß einer Privatführung, weil der Mitarbeiter am Eingang der Anlage anbietet, uns einige Kapellen zu zeigen. So wandern wir durch den strömenden Regen über das Areal und sind völlig fasziniert von seinen fundierten und anschaulichen Erklärungen. Unter anderem zeigt er uns Fotos, wie die von vorne so lebensechten Tonfiguren von der Rückseite aussehen: offen, roh und unbemalt. Das Ganze ist buchstäblich eine Illusion. Allein diese Begegnung hat den ganzen Ausflug zum einmaligen Erlebnis gemacht. 

Spanien, März 2024

Samstag, 2. März (Claus)

Wir fahren heute mit dem WoMo in die Stadt: Wocheneinkauf, Wassertank füllen (hat genau 6 Tage für uns gereicht) und Abwasser ablassen. Danach gehen wir ins Camping-Restaurant. Eigentlich, nur um einen Kaffee zu trinken, dann aber kommt uns die Idee, dass wir dort doch auch etwas zu Mittag essen könnten. Ich bestellte einen Burger mit schwarzem Brot. Ok. Dieser kam dann auch:

Das Mehl wird mit Aktivkohle gemischt. Ist leckerer als es aussieht.

Auf jeden Fall geniessen wir wieder die fantastische Aussicht und Lage des Restaurants an unserem Campinplatz.

Die Speisekarten sind mittlerweile auch 4-sprachig!

Morgen werden wir dann mal planen, wie es weitergeht. Jeannine hat noch bis/inklusive Mittwoch Schule. Leider soll es in der Woche oft regnen und „nur“ 16 Grad warm werden. Wir könnten also dann, ab ca. Donnerstag, weiterfahren – da es woanders auch regnerisch und kühler ist und wir ja mit der Schule abgeschlossen haben. Mal sehen.

Manchmal wird man beim Spülen mit wunderbaren Sonnenuntergängen belohnt.
Immer wieder ein Erlebnis: der nächtliche Blick von unserem Stellplatz auf Tarifa und die ,arokkanische Küste.

7. März, Donnerstag

Planänderung: Jeannine hat ihren Sprachunterricht bis zum Freitag (inkl.) verlängert. Also bleiben wir noch etwas länger hier. Seit 13:30 regnet es, was die nächsten Tage leider wohl so bleiben wird. Da es überall regnet, ist es auch OK, hier zu bleiben, wo wir unseren Platz haben, alles kennen und uns wohl fühlen. Zudem haben wir auch Bedenken,j einen neuen Platz zu finden (und das im Regen), da recht viele Leute unterwegs sind.
Also machen wir es uns im Auto gemütlich!


8. März, Freitag

(Claus) Gut haben wir beide einen „Kindle“ und können uns immer wieder neue Bücher „downloaden“. Denn außer Lesen bleibt einem nicht viel, da es fast ständig (seit gestern) regnet. Nichts, mit draußen sitzen und sich sonnen 🙁
Im WoMo wird es dann auf Dauer doch etwas eng, obwohl es gemütlich ist. Auch Dank unserer Dieselheizung (mit Thermostat).
Sobald Jeannine aus der Schule zurück ist, planen wir unsere „Wochenaktion“ durchzuführen. Heißt: Frischwasser auffüllen, Grauwasser ablassen und Einkaufen fahren. Mit viel Glück gibt es vielleicht einen Moment, in dem es nicht so stark regnet. Die Ausfahrt aus unserer Parzelle ist nämlich ziemlich „tricky“ – und ganz besonders, wenn der Boden sehr nass und rutschig ist. Rückwärts raus, einen kleinen Hang hinauf, dann vorwärts zwischen zwei engstehenden Bäumen hindurch zur Campingplatz-Strasse. Seit wir hier sind haben ich drei Fahrzeuge beobachtet, die beim Rangieren aufgesetzt haben. Wie wir mit unserer Trittleiter ja auch. Und in alle Fällen war es trocken. So ist dies bei einem Terrassen-Campingplatz: Sehr steile und enge Kurven, schmale Zufahrten und Wechsel der Bodenbeläge (Sand, Steine, Wurzeln und Beton)*.

*Hat heute sehr gut geklappt. Übung macht den Meister 😉

Montag, 4.3. bis Samstag, 9.3. (Jeannine)

Ich habe eine neue Routine entwickelt: Morgens ziehe mich nur an und fahre sofort nach Tarifa. Gefrühstückt wird bei Juan, in bereits erwähntem Café um die Ecke. Und zwar die ebenfalls bereits erwähnte tostada con tomate mit café con leche.

Spanisches Designercafé: Lo de Juan. Juan steht übrigens an der Theke.

Danach geht es in die Schule, um in der Pause ein zweites Mal bei Juan vorbeizugehen, diesmal nur auf einen café. Beim zweiten Mal sind immer irgendwelche Mitschüler dabei, also Rebecca, Nikki aus Schottland, oder unser neuester Zugang, Rim aus Marokko. Mit Rim kann man sich nur auf spanisch oder französisch verständigen, während Nikki sofort nach Verlassen des Schulraums ins Englische verfällt – mit starkem schottischen Akzent. Die Pausen sind deshalb immer ein ziemliches Sprachgemisch, was durchaus seinen Reiz hat.

Nach der Schule fahre ich gelegentlich noch in einem Supermarkt vorbei und bin gegen 14:30 Uhr wieder auf dem Campingplatz. Nach den Hausaufgaben hört mich Claus Vokabeln ab, und kurz darauf beginnt schon wieder die Abendroutine. 

Der Unterricht ist bei Dory zwar deutlich interessanter als bei Cindy, aber gegen das Desinteresse der beiden Jungs kann auch sie nicht viel ausrichten. Die beiden haben einfach nur Wing-Surfen im Kopf, der Spanischunterricht ist für sie wie Schule und muss mit dem geringstmöglichen Aufwand abgesessen werden. Das gibt gewisse Interessenskonflikte mit uns Erwachsenen, die wir das meiste aus dem Kurs herausholen möchten. An meinem letzten Schultag (Freitag) bin ich allein mit den beiden, und es gelingt kaum, sie aus dem Tiefschlaf zu holen. Eines ist klar: Wenn ich den nächsten Kurs belege, frage ich vorher nach, ob er jugendlichenfrei ist (letztes Jahr hatte ich ja das gleiche Thema mit zwei Schwestern). 

Jedenfalls werde ich herzlichst von Dory und von der Sekretärin Concha verabschiedet – dito von Juan und seiner Frau aus dem Café. Hasta el año próximo – bis nächstes Jahr! 

Am letzten Tag habe ich Glück mit dem Wetter. Obwohl es zwischendurch heftig schüttet, komme ich regenfrei nach Tarifa und wieder zurück. Für Samstag ist Regen und Sturm angesagt, und wir machen deshalb vorher nochmal unsere Ent- und Versorgungstour nach Tarifa. Den Samstag verbringen wir mehr oder weniger im Wohnmobil, das zweitweise vom Wind recht durchgeschüttelt wird.

Sonntag, 10.3. bis Montag, 11.3.

Nach dem völlig verregneten und stürmischen Samstag wird das Wetter am Sonntag langsam besser. Wir gehen zum Abschied zusammen mit unserem Langzeitnachbarn Tom in der Chozo-Bar Mittagessen. Tom und ich teilen uns einen Fisch, Claus isst Steak – und wir genießen das beste Essen, das wir bisher in Spanien hatten.

Eigentlich wollen wir am Montag abreisen. Aber es ist ja so schön hier! Wir lernen Geoff und Penny aus Northumberland in Nordengland kennen. Sie kamen vor dreißig Jahren das erste Mal hierher und sind der festen Überzeugung, Torre de la Peña sei der schönste Campingplatz der Welt. Wenn das stimmt, stehen wir zudem auf der schönsten Parzelle des schönsten Campingplatzes. Wir werden geradezu wehmütig – und bleiben noch einen Tag. 

Montag ist traumhaft schön und für Tarifa-Verhältnisse geradezu windstill. Zumindest vormittags. Ich fahre ein letztes Mal mit dem Rad in die Stadt.

Hafen von Tarifa mit Mole (limks) umd Leuchtturm aif der vorgelagerten Insel (rechts).

In der Innenstadt sind deutlich mehr Geschäfte und Restaurants geöffnet und deutlich mehr Touristen unterwegs. Überall hängen Plakate, die auf die Semana Santa, die heilige Woche vor Ostern, hinweisen. Von Palmsonntag bis Ostersamstag gibt es in allen spanischen Städten Prozessionen. Zu getragener Musik und dumpfen Trommeln werden Altäre durch die Straßen getragen. Die Prozessionsteilnehmer tragen Kutten und spitze Kapuzen, die an den Ku-Klux-Clan erinnern (vermutlich sind die spanischen Kostüme älter). Das Ganze sind Büßer-Prozessionen. Heute ist jedenfalls von Buße nichts zu spüren. Statt dessen herrscht eine heitere, entspannte Atmosphäre im Städtchen.

Dienstag, 12. März

Nach innigen Verabschiedungen mit diversen „abrazos“ (Umarmungen) von den Campingplatzmitarbeitern starten wir.  Das heutige Ziel ist Malaga, wo es eine lebendige Kunstszene anzuschauen gibt. Wir kaufen nochmal ein, tanken und trinken einen Abschiedskaffee auf dem (höchsten) Aussichtspunkt zwischen Tarifa und Algeciras. Den Stellplatz oberhalb von Malaga finden wir erst auf den dritten Anlauf. Wir haben zwar reserviert, aber der Platz ist voll und  gefällt uns überhaupt nicht. Also zum nächsten Campingplatz am Meer. Auch dort drehen wir eine Ehrenrunde, bis wir den Eingang gefunden haben. Auch dort ein Hinweisschild, das alles voll ist. Jetzt haben wir die Nase voll und entschließen uns weiterzufahren. Am Ende landen wir auf dem Stellplatz in Antequera, wo wir letztes Jahr schon mal waren. 

Stellplatz in Antequera – mit phantastischem Blick in die Umgebung.

Also, das mit dem spontanen Herumreisen wird wohl nicht so klappen wie wir uns das vorgestellt haben. Zumindest nicht an der Küste. Letztere werden wir jetzt erstmal meiden. Dito die großen Städte. 

Mittwoch, 13. März

In der Nacht stürmt es, dass das Wohnmobil wackelt. Wir haben offensichtlich den Wind aus Tarifa mitgebracht. Der starke Wimd macht auch unseren geplanten Ausflug zu den Felsformationen von El Torcal, etwa 10 km oberhalb von Antequera, wenig sinnvoll. Wir machen nur einen Ausflug in die Stadt, ich schaue mir nochmal die phantastischen Bilder von Cristobal Toral an, dem ich letztes Jahr im hiesigen städtischen Museum entdeckt hatte.

Gepäck und Koffer symbolisieren für Christobal Toral das Leben schlechthin.

Und wir gehen essen im Aussichtsresgaurant El Mirador, das wir von unserem Stellplatz aus zu Fuß erreichen können. Und egal wo wir sind, sieht man (fast) von überall den markanten „Berg der Liebenden“ (La Peña de los Enamorados).

Der Legende nach sollen sich im Mittelalter ein junger Christ und seine heimliche muslimische Geliebte auf der Flucht vor ihrem Vater von dem Felsen in den gemeinsamen Tod gestürzt haben. Der markante Fels mit dem gen Himmel blickenden Gesicht war allerdings schon in prähistorischer Zeit ein wichtiger Bezugspunkt – noch vor der christlich-muslimischen Romeo-und-Julia-Geschichte.

Donnerstag, 14. März

Heute ist ein perfekter Tag für unseren Ausflug zum Naturpark El Torcal. Auffaltungen und Erosion haben aus dem Karstgebirge südlich von Antequera eine wahre Skulpturenlandschaft bizarrer Felsformationen geschaffen.

Als wir gegen 11 Uhr auf dem Parkplatz ankommen (und auch gleich einen Platz finden), ist schon recht viel Betrieb. Es gibt eine Rundwanderung durch das Gebiet, die praktisch alle machen. Man startet sozusagen gemeinsam – in unserem Fall zwischen zwei Schulklassen. Aber die müssen ja notgedrungen immer wieder anhalten, um den Erklärungen der Lehrerin zu folgen, und können deshalb überholt werden. Irgendwann ist man dann ziemlich allein und kann die bizarren Felsformationen auf sich wirken lassen.

Zurück am Ausgangspunkt ist der Parkplatz inzwischen brechend voll, und von Bergruhe nichts mehr zu spüren – oder zu hören. Nichts wie weg hier! 

Wir gehen nochmal im Aussichtsrestaurant mittagessen, weil wir später bei unseren englischen Camping-Nachbarn Penny und Geoff (vom Campingplatz in Tarifa) eingeladen sind. Sie haben ganz in der Nähe von Antequera ein Haus und haben uns so herzlich gebeten, doch einen Abstecher zu machen, dass wir nicht nein sagen wollten. Auf dem Weg in das Dorf Villanueva de Algaidas führt uns das Navi leider quer durch die Altstadt von Antequera. Eigentlich wissen wir ja, dass wir die Umfahrung nehmen sollten, aber manchmal folgt man eben einfach brav den Anweisungen – und muss dann häifig die Luft anhalten. Es ist nicht nur eng und steil, sondern offensichtlich auch Schulschluss. Die Sträßchen sind gepackt voll mit Kindern und Eltern. 

Hinter Antequera wird es aber gleich leerer und weiter. Die rollenden Hügel sind getupft mit endlosen Reihen von Olivenbäumen. Auch der Ort Villanueva de Algaidas scheint von der Olivenproduktion zu leben, wie die Ölmühle gleich am Ortseingang signalisiert. Übrigens nicht nur dieser Ort. Andalusien ist das weltweit größte Anbaugebiet von Oliven. Es gibt 200 Millionen Olivenbäume in der Provinz – 23 Bäume auf jeden Einwohner. 

Penny und Geoff haben sich hier vor zehn Jahren ein Haus gekauft. Die ersten Jahre nutzten sie es nur als Ferienhaus, inzwischen teilen sie das Jahr auf in eine Hälfte Spanien und eine zuhause in Nordengland (bei Kindern und Enkeln). Die ersten Jahre haben sie das Haus mit sehr viel Eigenarbeit instand gesetzt, jetzt ist der Garten dran. Geoff war Geologie-Professor und ist sehr interessiert an unser geplanten Erdsondenbohrung zuhause. Er will als erstes wissen, durch welche Gesteinsschichten gebohrt werden soll – aber dabon haben wir natürlich überhaupt keine Ahnung. Er lädt sich sofort die geologischen Daten der Schweiz herunter und gibt uns per whatsapp eine erste Einschätzung. Es ist ein unterhaltsamer Nachmittag, während dessen wir buchstäblich über Gott und die Welt plaudern. Praktischerweise gibt es in Villanueva de Algaidas einen Stellplatz, so dass wir nicht mehr weit fahren müssen. 

 Freitag – Samstag, 14. – 15. März

Auf dem Stellplatz können wir alles entsorgen und Frischwasser tanken. Um die Ecke gibt es außerdem einen Supermarkt. Wir fahren nur etwa 150 km nach Grazalema in den gleichnamigen Bergen. Dort waren wir schon letztes Jahr, aber ohne eine der Wanderungen zu unternehmen, die hier möglich sind. Der Weg dorthin führt uns durch Olivenebenen und Olivenhügel immer weiter in die Berge.

An einem Felsen kreisen sicher 50 Geier – die wir leider nicht fotografieren können, weil wir nirgends anhalten können. Ein majestätischer Anblick.

Wir stehen wie letztes Jahr auf einem Stellplatz am oberen Ende des Dorfes. Außer Mülleimern gibt es hier zwar keine Infrastruktur, dafür aber einen sagenhaften Blick aufs Dorf und hinunter ins Tal. Der Platz ist äußerst beliebt bei Campern, wir sind also nicht allein!

Die Wanderwege hier sind zum Teil perfekt ausgeschildert- zum Teil aber leider nicht. Am Freitag klappt die kleine Nachmittags-Wanderung ganz wunderbar, am Samstag muss ich leider umkehren. Aber egal, das Wetter ist traumhaft, und es gibt wunderbare Ausblicke in alle Richtungen. Und auch hier kreisen die Geier, wenn auch nicht so viele.

Blick von Süden auf Grazalema.
Ach ja, Gemsen gibt es hier auch!
Oberhalb von Grazalema liegt ein kleiner Stausee.

Wir stehen ja wie gesagt auf einem Stellplatz zwischen diversen anderen Wohnmobilen. Das kann gelegentlich nervig sein, je nachdem wer es ist und was sie so machen. Oder es kann für ungeahnte Erlebnisse sorgen. Wie z.B. Samstag Abend, als wir in den Genuss eines Privatkonzertes kommen. Ein Gitarrist spielt und singt spanische klassische Lieder. Er hat eine eher leise, fast rauchige Stimme, die perfekt zu den melancholische Klängen der Musik passt. Seine Frau sitzt auf dem Stuhl gegenüber und hält eine Art Riesen-Kindle mit den Noten. Wir bedanken uns und genießen, bis die Abendkälte uns alle in die Autos treibt.

Sonntag bis Mittwoch, 16. bis 20. März

Wir müssen dringend waschen und suchen deshalb einen Campingplatz. Das ist gar nicht so einfach. Viele haben noch nicht geöffnet, und viele sind voll. Wir finden schließlich einen geöffneten und nicht belegten Campingplatz in einem Naturpark nordöstlich von Sevilla. Der Weg dorthin führt uns zunächst auf Serpentinen aus der Sierra de Grazalema heraus. Zwischendurch genießen wir wunderbare Ausblicke auf das schroffe Karstgebirge. Allerdings kommen uns Dutzende von Motorradfahrern entgegen, für die Verkehrsregeln nicht gelten. Klar, es ist Sonntag und schönes Wetter! Nach dem Gebirge folgt die weite, fruchtbare Ebene des Quadalquivir.

Felder soweit das Auge reicht. Und ausnahmsweise keine Olivenbäume!

.Mittendrin erhebt sich ein Hügel, auf dem das Örtchen Carmona thront. Es hat eine maurische Festung (natürlich) und eine interessante Kirche im Mudejar-Stil, deren Turm der Giralda in Sevilla nachempfunden ist. 

Maurische Alcazaba in Carmona.
Kirche und Kirchturm in Carmona.

Nachdem wir den Fluß überquert haben, wird es langsam wieder hügeliger, und wir fahren ins nächste Naturschutzgebiet, die Sierra Morena. Auf winzigen Sträßchen erreichen wir den Campingplatz, und der ist wirklich im absoluten Nirgendwo. Er gehört zum Dorf Cazalla de la Sierra, ist aber 10 km außerhalb davon. Erstaunlich ist, dass er überhaupt geöffnet hat. Außer uns stehen hier genau noch zwei Wohnmobile. Wir sind also zu dritt auf dem gesamten Campingplatz und teilen uns eine große Wiese, auf der Raps in voller Blüte steht und mit seinem Duft eine Armada von Bienen anlockt. Ein prächtiger Hahn stolziert in der Gegend herum, im Gefolge zwei ebenso schöne Hühner.

Eine Bahnlinie führt am Campingplatz entlang, auf der alle zwei Stunden ein Zug entlang fährt. Gelegentlich wird gearbeitet: Am Montag reinigt eine Bahnequipe den Grünstreifen entlang der Gleise, und Mittwoch wird der Campingplatz mit einer Motorsense gemäht. Ansonsten ist hier die absolute Stille! Nicht mal Handyempfang gibt es hier.

Fast wie Wildcampen!

Die Gegend ist absolut perfekt zum Radfahren. Neben der aktuellen Bahnlinie führt eine stillgelegte Trasse, die zu einer „via verde“ umgebaut wurde. Auf diesen grünen Wegen (die es ja auch in Italien und in Frankreich gibt) ist das Radfahren ein absolutes Vergnügen. Aber auch die Landstraßen sind schöne Radstrecken, weil es praktisch keinen Verkehr gibt. Eventuell liegt es am Naturschutzgebiet, dass hier kaum Landwirtschaft betrieben wird. Es gibt Wiesen, Bäume, kleine Wälder, vorwiegend aus Korkeichen. Einige Schafe, Ziegen und Kühe grasen vor sich hin, das Ganze aber wirklich sehr extensiv. Gelegentlich versteckt sich ein Weingut in einem der Täler. Aber ansonsten – Natur pur, durch die man kilometerweise radeln kann, ohne einem Menschen zu begegnen. Vielleicht ist es am Wochenende anders. Wir genießen jedenfalls jede Minute. Am letzten Tag fahren die beiden anderen Wohnmobile weg, und wir stehen ganz allein auf unserer Wiese. Am Abfahrtstag wird die Wiese gemäht – Zeit zu gehen.

Im nächsten Dorf San Nicolás del Puerto: Storchennest auf dem Kirchturm.

Donnerstag, 21.3. bis Freitag, 22.3.

Auf besagten Sträßchen kurven wir mit 25 km/h durch das Naturschutzgebiet, bis wir auf größere Straßen weiterfahren können Richtung Mérida. Wir vergeben ja interne Namen für die Campingplätze, die wir besuchen. So nennen wir den letzten Platz „Raps-Camping“. Beim Campingplatz in Mérida haben wir uns anfangs noch überlegt, von welchen Tieren wohl die recht großen Köttel auf dem Platz stammen. Ganz klar, wir sind auf dem „Schafs-Camping“. 

Camplingplatz in Mérida mit natürlichen Rasenmähern.

Mérida ist die Hauptstadt der Provinz Extremadura und war 25 v.Chr. vom römischen Kaiser Augustus als Kolonie für Veteranen römischer Legionen gegründet worden. Im Laufe der Zeit errichteten die Römer mehrere repräsentative Gebäude, von denen viele heute noch als Ruinen existieren. Ein imposantes Aquädukt spannt sich über das 830 m breite Flusstal und bestand ursprünglich aus 100 Pfeilern. Heute nisten Störche auf den Pfeilerresten. 

Acueducto de los Milagros in Mérida.

Die Puente Romano mit ihren 62 Pfeilern auf 755 Metern gilt als die längste Brücke, die aus der Antike erhalten blieb.

Bis in die 90er Jahre floss der Verkehr über die alte römisch Brücke in Mérida.

In unmittelbarer Nähe kommt  man an einer anderen Bogenbrücke vorbei, die durch ihre Leichtigkeit und Eleganz besticht und aussieht als wäre sie von Santiago Calatrava. Was sie auch ist! Die Lusitania-Brücke wurde Anfang der Neunziger Jahre errichtet. Bis dahin floss der Verkehr über den Fluß Guadina noch über die alte Römerbrücke. 

Lusitania-Brücke von Calatrava.

Für die Unterhaltung ihrer Veteranen, errichteten die Römer ein Amphitheater, in dem heute noch Theaterfestspiele ausgetragen werden, sowie den größten Circus Maximus des Reiches für Wagenrennen (Ben Hur…). In der 600 Meter langen und 140 Meter breiten Arena hatten bis zu 250.000 Menschen Platz! Kaum vorstellbar, selbst für heutige Verhältnisse nicht.

Samstag, 23.3. bis Sonntag, 24.3.

Wir fahren in den Nationalpark de Monfragüe, der für seine Greifvogelkolonien bekannt ist. Bereits auf dem Weg dorthin entdecken wir eine weitere Besonderheit der Gegend, sogenannte „dehesas“. Das sind naturbelassene Weiden mit Stein- und Korkeichen, auf denen Schafe, Ziegen und Rinder weiden; oder Schweine, die sich an den Eicheln gütlich tun und sich dabei den berühmten „pata negra“ anfressen (den bekanntesten spanischen Schinken). Unsere Reisezeit ist absolut perfekt. Die Weiden stehen in voller Blüte und sind berückend schön. Sie erinnern an Landschaftsgemälde aus dem 18. Jahrhundert. Es fehlt nur die Schäferin, die an einer Steineiche lehnt. 

Auf den Weiden blühen Frühlingsblumen und grasen Schafe.

Im Naturschutzgebiet ist ein großes Wasserreservoir, das von verschiedenen Flüssen gespeist wird. An einer Engstelle stehen sich auf beiden Seiten hohe, karstige Felswände gegenüber, in denen Geier hausen. Der Aussichtspunkt „Salto de Gitano“ (Zigeunersprung) ist ein beliebter Punkt, um die Geier kreisen und von den Felswänden herunter stürzen zu sehen.

Wer zur Burgruine hochläuft, die oberhalb der Felsen thront, wird mit phantastischen Ausblicken auf die Gegend belohnt.

Die Geier sind äußerst majestätisch, wenn sie in der Luft sind, aber von beeindruckender Hässlichkeit, wenn sie nicht fliegen. Wir fahren an einem Tümpel vorbei, an dem sicher zehn Geier stehen, als warteten sie auf das nächste Aas. Leider können wir nicht anhalten, um diesen Anblick zu fotografieren.

Montag, 24.3. bis Mittwoch, 26.3.

Eigentlich wollen wir zu einem Stellplatz in die Kleinstadt Plasencia fahren. Allerdings ist der Platz völlig überfüllt, und wir kommen nur mit einem mühsamen Rückwärtsmanöver wieder heraus. Wir landen auf einem Campingplatz außerhalb des Städtchens, der allerdings nicht so toll ist, und fahren am nächsten Tag das Tal de Jerte weiter bis Navanconcejo. Das Tal ist bekannt für seine vielen Kirschbäume, die zur Zeit in voller Blüte stehen. Der  Campingplatz hat ein sehr gutes Restaurant und die hübschesten Bungalows, die wir je gesehen haben. Es sind kleine Steinhäuschen, wie an einer Dorfstraße aufgereiht.

Kirschblüte im valle de Jerte.
Das ist Lebensfreude pur! Fresco in der Dorfmitte von Navanconcejo.

Leider wird das Wetter immer schlechter. Während wir am Ankunfstag noch einen Spaziergang ins Dorf machen können, schüttet es am Mittwoch von morgens bis abends. Da wünscht man sich eines der Steinhäuschen, aus denen der Geruch von Holzfeuer dringt. 

Trübe Aussichten!

Donnerstag, 27.3. bis Sonntag, 31.3.

Ja, und dann gibt es am Mittwochabend noch eine schlechte Nachricht aus der Heimat, die klar macht, dass wir nach Hause fahren müssen. Die Strecke die wir eigentlich gemütlich in den verbleibenden vier Wochen fahren wollten, fahren wir nun in 3,5 Tagen. Leider spielt das Wetter nicht mit, d.h. entweder es schüttet oder es stürmt. Am Donnerstag schaffen wir es bei orkanartigen Windböen bis Victoria-Gasteiz im Baskenland. Freitag regnet es sintflutartig, so dass wir uns teilweise mit 60 km/h über die Autobahn quälen. Wir landen auf dem schönsten Stellplatz unserer Tour kurz vor Carcassonne im Dörfchen Bram.

Diese Skulptur auf einem Rastplatz bei Pau erinnert an die Pyrenäen-Etappen der Tour de France.

 Nach einem letzten Stop auf unserem „Schrankencamping“, dem Stellplatz in Aix-les-Bains sind wir am Ostersonntag Nachmittag wieder zuhause.

Alpenpanorama im Thurgau.

…..

Spanien, Januar/Februar 2024

Mittwoch, 24.1.

Wir starten – endlich! Bei Sturm und Regen cruisen wir durch die Schweiz und erreichen ohne große Zwischenfälle unseren ersten Übernachtungsplatz in Aix-les-Bains. Nachdem wir schon mehrmals dort waren, finden wir auch im Dunkeln den Weg und können das Bezahlterminal auf Anhieb zum Öffnen der Schranke motivieren. Das Chili con Carne ist schnell aufgewärmt und ebenso schnell gegessen, und wir fallen um 22 Uhr ins Bett.

Donnerstag, 25.1. 

Schon vor der Abfahrt überlegen wir, dass wir auf dem Weg nach Spanien einen Zwischenstopp einlegen könnten, z.B. in Avignon. Von Aix-les-Bains sind das knappe 300 km. Wie sich herausstellen wird, werden wir mehrere Zwischenstopps benötigen. Bereits nach etwa 70 km werden wir von der Autobahn heruntergeleitet, ohne dass eine Ausweichstrecke ausgeschildert wäre. Das Gleiche passiert uns kurze Zeit später nochmal. Irgendwann begreifen wir, dass auch die Hauptautobahn Richtung Marseille gesperrt ist, und zwar über etwa 150 km. Wir können uns keine Baustelle über diese Länge vorstellen. Aber kein Problem, wir fahren ja auch gerne auf Landstraßen. Das machen wir also und zuckeln auf kleinen Sträßchen durch das Departement Drôme. Inzwischen scheint die Sonne, kein Wölkchen ist am Himmel, wir gondeln durch malerische Landschaften und pittoreske Dörfer, an Lavendelfeldern und Weinreben vorbei. Allerdings sind wir nicht allein. Nicht nur wir müssen eine Ausweichroute für die gesperrte Autobahn suchen.  Die anderen Autofahrer und vor allem die LKWs preschen ebenfalls über die schmalen Landsträßchen  und durch die pittoresken Dörfer. Mehrmals halten wir die Luft an, wenn uns ein 30-Tonner in einer Kurve den Weg abschneidet. Claus fährt souverän wie immer, aber es wird zunehmend anstrengender.

Die Lavendelfelder sind um diese Jahreszeit noch grau.
Stau vor malerischer Kulisse: typische französische Allee.

In einem Dorf namens Sainte-Cécile-les-Vignes geht dann gar nichts mehr. Von allen Zufahrtstraßen quetscht sich der Schwerlastverkehr in das Dorf und blockiert sich gegenseitig. Die (einzige) Kreuzung in der Dorfmitte sieht aus, als hätte jemand eine Handvoll Bauklötze hineingeworfen. Eine einsame Polizistin bemüht sich ebenso verzweifelt wie vergeblich, die Klötze zu sortieren und den Verkehr zu regeln. Wir brauchen eine geschlagene Stunde für die 1,5 km lange Ortsdurchfahrt.

Schon kurz vor dem Stau beschließen wir, nicht mehr bis Avignon zu fahren, sondern den nächstgelegenen Stellplatz nähe Orange anzusteuern. Er gehört zu einem landwirtschaftlichen Betrieb, und der Platzwart löst dann auch das Rätsel der Autobahnsperrung und des heutigen Verkehrschaos: Bauernproteste!  Landwirte blockieren die wichtigsten Autobahnen über Hunderte von Kilometern. Den französischen Landwirten geht es auch um die Steuern auf Agrardiesel, aber nicht nur. Sie bemängeln immer geringere Einkünfte bei gleichbleibend (viel) Arbeit, zunehmende Bürokratisierung sowie die immer knapper werdenden Wasserresourcen. Übrigens markieren die Bauern ihre Proteste auch dadurch, dass sie die Ortsschilder verkehrt herum anschrauben.

Ortsschild aif dem Kopf als Zeichen des Protests.

Am Wochenende soll ganz Paris von Traktoren abgeriegelt werden. Unser Gastgeber erklärt uns, wie wichtig das sei!

Stellplatz mit Vollmond bei Orange.

Wir sind nach sieben Stunden Fahrt für 290 km ziemlich geschafft und freuen uns nur noch auf Spaghetti, Rotwein und die Koje. Morgen werden wir überlegen, ob wir einfach ein paar Tage an der französischen Mittelmeerküste abwarten oder versuchen sollen, so schnell wie möglich auf Schleichwegen nach Spanien zu gelangen.

Freitag, 26.1.

Wir entscheiden uns für die Variante Abwarten am Meer. Mit der Navigationsapp von tomtom (empfehlenswert!) umschiffen wir die Staus in Orange und fühlen uns wie ortskundige Einheimische. Ohne Verzögerungen fahren wir an Avignon vorbei und durch die Camargue, wo tatsächlich überall die sprichwörtlichen weißen Pferde herumlaufen, an die Küste nach Saintes-Maries-de-la-Mer. Der Ortsname bezieht sich auf zwei Marien (Maria Salome und Maria Jakobäa), die die Auferstehung Christi miterlebt haben und im Jahre 45 n.Chr. in einer Barke über das Mittelmeer in die Camargue gelangt sein sollen. Mit dabei ihre Dienerin Sara. Die Reliquien aller drei heiligen Frauen sind in der Krypta der Hauptkirche des Ortes „Unsere liebe Frau des Meeres“ bestattet. Die Reliquen der heiligen Sara sind Ziel einer jährlichen Pilgerfahrt von Zigeunern, die jedes Jahr im Mai stattfindet. 

In der Krypta der romanischen Kirche in Saintes-Maries-de-la-Mer liegen die Reliquien der drei Heiligen.

Von Pilger- oder touristischem Rummel ist bei unserem Besuch allerdings nichts zu spüren. Die Bürgersteige sind hochgeklappt, ca. 95% aller Restaurants, Geschäfte, Hotels und alle touristischen Attraktionen geschlossen. Das Städtchen liegt in tiefem Winterschlaf. Das ermöglicht einen einsamen Strandspaziergang bei schräger Wintersonne. Auch schön.

Wintersonne am Strand in der Camargue.
Und Abendstimmung!

Die größte Herausforderung wird sein, hier wieder wegzukommen. Für das Wochenende haben die Bauern den Streik nochmal ausgeweitet. Die gesamte Autobahn bis zur spanischen Grenze ist gesperrt. Immerhin gibt es schlimmere Gegenden als die Camargue, in denen man stranden kann. 

Samstag, 27.1.

Wir beschließen, unser Glück zu versuchen und vertrauen auf tomtom für die Stauvermeidung. Das klappt mit wenigen Ausnahmen auch ganz wunderbar, und wir fahren auf malerischen Routen und kleinen Nebensträßchen bis kurz hinter Narbonne.

Ab dort ist die Autobahn wieder frei. Welch eine Wohltat! Dafür steht der Verkehr auf der gegenüberliegenden Fahrbahn auf einer Strecke von etwa 20 Kilometern.

Wir haben freie Bahn, aber gegenüber staut sich der Verkehr über 20 Kilometer. D.h. Dort standen auf drei Fahrspuren rund 3000 LKWs.

Nach 6 Stunden Fahrtzeit für 370 km landen wir in Figueres, kurz hinter der französisch-spanischen Grenze.

Sonntag, 28.1.

Wir machen einen Abstecher zum Dalí-Museum. Salvador Dalí lebte die meiste Zeit seines Lebens in der Nähe seines Geburtsortes Figueres. Das Städtchen vermachte ihm das ehemalige Stadttheater, das Dalí in mehreren Jahren zu seinem eigenen Museum umbaute und umgestaltete: zum Teatro-Museo Dalí. Das ganze Gebäude ist ein Gesamtkunstwerk und bis in die letzte Nische mit Installationen, Skulpturen, Zeichnungen und Gemälden bestückt. Dalí lädt die Besucher ein, in seinen surreal-phantastischen Kosmos einzutauchen. Ins Auge springen die Installationen wie der Cadillac im Eingangsbereich, auf dessen Dach eine nackte Frau steht, die ein umgedrehtes Geisterschiff hinter sich herzieht.

In Dalís „Regentaxi“ werden zwei Schaufensterpuppen bewässert. Oben das imgedrehte Geisterschiff.

Oder der Mae West-Raum, in dem das Bild Dalís „Das Gesicht von Mae West“ nachgestellt wird; das eigentliche Bild entsteht, wenn man auf eine Leiter steigt und durch eine große Linse blickt.

Am beeindruckendsten jedoch sind die Bilder, Grafiken, Tuschezeichnungen und ein großes Deckenfresco, die Dalís grandioses Können zeigen. Nicht nur, dass er zeitgenössische Maler wie Picasso, Matisse oder Fernand Léger perfekt und mit einem Augenzwinkern adaptieren konnte.

Vor allem entwickelte er seine surreale Traumwelten mit großer Präzision und technischen Können. Jede Oberfläche, jede Textur, jeder Hintergrund zeigen Nuancen und Tiefe. Jeder Strich sitzt. Egal, ob es ein Ölgemälde in Miniaturformat oder ein Deckengemälde von etwa 10 x 4 Metern handelt. Die schiere Fülle an Eindrücken ist zu viel für nur einen Besuch. Wir waren sicher nicht das letzte Mal hier.

Soft Self Portrait.
Allgegenwärtig: Dalís Frau und Muse Gala. Hier als „Gala atomique“.

Nach dem Besuch im Dalí-Museum fahren wir nach Calafell, das ziemlich genau zwischen Barcelona und Tarragona liegt. Der Stellplatz liegt auf dem Hafengelände und ist nicht direkt schön, aber speziell. Wir machen einen Spaziergang am Hafen – zumindest soweit es die Absperrungen zulassen – und landen in einem Strandrestaurant mit Sonnenuntergang. Den genießen wir zusammen mit einem deutschen Paar aus Berlin, das einen Zweitwohnsitz im französischen Carcasonne hat. Nachdem die Sonne untergegangen ist, müssen wie noch bis 20 Uhr warten (zwischenzeitlich legen zwei Stromausfälle alles lahm),  bevor uns das Restaurant etwas zum Essen serviert. Der Magen hängt uns in den Kniekehlen, aber die Fleischportionen (es ist ein argentinisches Restaurant!) lassen jeden Hunger bald vergessen.

Montag, 29.1.

Wir fahren weiter Richtung Valencia. Es geht entlang endloser Orangen- und Olivenplantagen, Richtung Meer mit Blick auf Bettenburgen im Hochhausformat. Der Campingplatz südlich von Valencia, den wir uns ausgesucht haben, liegt in einem Naturschutzgebiet zwischen Meer und einem Binnensee. Er bietet so ziemlich jede Animation, die man sich vorstellen kann, von Spa bis Reitparcours, aber das brauchen wir alles nicht. Eigentlich wären wir gerne zwei Nächte geblieben, aber es ist alles ausgebucht. Im Januar! Die gleiche Auskunft werden wir auch auf dem nächsten Campingplatz erhalten. Spanien im Winter ist beliebt bei Campern.

Dienstag, 30.1.

Wir werden also heute weiterfahren. Vorher schaue ich mir jedoch in Valencia die Gebäude von Santiago Calatrava an. Der Bus fährt auf direktem Wege vom Campingplatz zur „Stadt der Künste und Wissenschaften“. Das Gebäudeensemble liegt im ausgetrockneten Flussbett des Túria, und besteht aus einem Aquarium („Océanografíc“),  einem Veranstaltungszentrum für Vorträge und Konzerte („Àgora Caixaforum“), einem naturwissenschaftlichen Museum, einer Art Orangerie im Freien („Umbracle“), einem Kino („Hemisfèric“) und einem Konzert- und Opernhaus („Palau des les Arts“). Die Gebäude erstrecken sich über ein Gelände von rund einem Kilometer. Sie werden durch Wege und Wasserbecken verbunden, in denen sich die Gebäude spiegeln. Zwei Brücken überqueren das Gelände, die Pont de Montolivet im Norden und eine spektakuläre Schrägseilbrücke, Pont de L‘Assut d‘Or, im Süden. Beide natürlich ebenfalls von Calatrava. 

Caixa-Forum und Schrägseilbrücke Pont de l‘Assut d‘Or.
Palau des les Arts.

Alle Elemente sind aus hellem, fast weißen Beton gefertigt und teilweise mit weißen Fliesen verkleidet, wodurch ein Wechsel von stumpfen und glänzenden Oberflächen entsteht. Außerdem reflektieren alle Bauteile, die direkt über den Wasseroberflächen liegen, die Wasserfarbe. Sie erscheinen heute in einem hellen Türkiston. Diese Farbe wiederum hängt wahrscheinlich von der Farbe des Himmels ab, der heute leider bedeckt ist. 

Die Kuppel in Hemisfèric ist weiß gefliest.
Die Unterseite des Trägers Naturwissenschaftlichen Museum reflektiert das Wasser und schimmert türkis,

Calatrava ist nicht nur bekannt für seine kühnen Brückenbauten, sondern auch dafür, Strukturen aus der Natur zu adaptieren. Manche Elemente erinnern an Blattrippen oder an Astgabelungen. „Hemisfèric“ kommt wie ein gigantisches Insekt daher. 

Insekt? Oder UFO? Calatravas Kino Hemisfèric.

Die Altstadt von Valencia ist ein Kontrastprogramm zu Calatravas kühner, moderner Architektur. Eines der markantesten Gebäude aus dem Mittelalter ist die Lonja de la Seda, die alte Seidenbörse. Sie gilt als eines der bedeutendsten Gebäude der profanen Gotik in Europa. Besonders beeindruckend ist der „Vertragssaal“. Acht spiralförmige Säulen gehen ohne Kapitelle in die Kreuzbögen der Deckengewölbe über und tragen die 14 Meter hohe Decke. An den Außenwänden nehmen Halbsäulen die Deckenlast auf und ermöglichen, dass die Außenmauern „nur“ zwei Meter dick sind.

Spiralförmige Säulen im „Vertragssaal“ der Seidenbörse.

Im ersten Stock hat das sogenannte Meereskonsulat („Cosolado del Mar“) eine unglaublich reich verzierte Kasettendecke und einen ebenso schönen dreifarbigen Marmorfußboden.

Kasettendecke und Marmorfußboden im Meereskonsulatsraum.

Direkt gegenüber der Seidenbörse liegt die Markthalle von Valencia, die zwischen 1914 und 1928 im valencianischen Jugendstil erbaut wurde. Mit der großen Glaskuppel im Zentrum und den beiden Längsschiffen erinnert sie eher an eine Kirche als an ein kommerzielles Gebäude. Das kleinere der beiden Schiffe ist ausschließlich dem Verkauf von Fischen und Meerestieren gewidmet. In der größeren Halle gibt es alles Weitere, was das Herz begehrt, von Safran in verschiedenen Qualitätsstufen bis zu Monster-Radieschen.

Glaskuppel in der Markthalle vo. Valencia.
Monster-Radieschen gefällig?

Bei der Rückfahrt mit dem Bus lege ich einen Umweg ein. Wer denkt denn auch, dass die Linie 24 nicht zur gleichen Endstation fährt wie die Linie 25… Ich lande zwar nur etwa 2 km vom Campingplatz entfernt, aber dazwischen liegt ein See! Der Busfahrer ist sehr nett und lässt mich kostenlos eine Station zurückfahren, wo Claus mich mit dem Wohnmobil aufliest. 

Da wir ja auf dem Campingplatz in Valencia nicht bleiben können, fahren wir zu unserer nächsten Station nach Sax, etwa 50 km nordwestlich von Alicante. Der Ort liegt zwar eigentlich im Nirwana, aber nahe einer Autobahn und bietet sich deshalb als Übernachtungsplatz an. Auf dem Campingplatz waren wir bereits zweimal und haben die Herzlichkeit der Betreiber, Charmaine aus Englandund Julien aus Frankreich, schätzen gelernt. Wir würden sehr gerne zwei Nächte bleiben, aber auch hier ist alles ausgebucht. So genießen wir leider nur eine ruhige Nacht in der Idylle zwischen Olivenplantagen.

Mittwoch, 31.1.

Wir fahren weiter Richtung Südwesten nach Tabernas. Das Städtchen liegt am Rand der einzigen europäischen und der kleinsten Wüste der Welt (Desierto de Tabernas) und ist berühmt als Filmstadt. Ja genau. Hier in der Gegend wurden alle Italo-Western gedreht, unter anderem die von Sergio Leone, Lawrence von Arabien, einer der Indiana Jones-Filme und viele weitere. Hier ist alles auf Western getrimmt. Unser Stellplatz am Stadtrand kultiviert neben einer Minigolfanlage eine Westernstadt, das dazugehörige Lokal nennt sich Route66 (ok, nicht ganz Western) und hat diverse Ami-Schlitten-Oldtimer ums Gelände drapiert.

Donnerstag, 1.2.

Kurz hinter Tabernas gibt es noch die ehemaligen Filmsets, die diverse Western-Attraktionen bieten. Letztere sparen wir uns und beobachten das Ganze nur aus der Ferne.

Spanische Wüste als Filmkulisse.

Die eigentliche Wüste, bzw. das Naturschutzgebiet Tabernas-Wüste, beginnt direkt hinter den Filmsets. Erstaunlicherweise gibt es bis kurz davor und auch wieder kurz dahinter die üblichen Oliven- und Mandelbaumplantagen. Die Mandelbäume fangen gerade an zu blühen, was ganz wunderbar aussieht. Aber ausgerechnet Mandelbäume? In der Wüste? Für die Produktion von 1 kg Mandeln werden 15.000 Liter Wasser gebraucht. Klar muss dafür ziemlich tief gebohrt werden! Wenigstens brauchen die riesigen Solarparks, an denen wir kurz darauf vorbeifahren, nicht so viel Wasser.

Auch in der Wüste blühen Mandelbäume.
Die Berge in der Sierra Nevada sind über 3000 Meter hoch umd schneebedeckt.

Unser nächster Halt ist Guadix, das für seine Höhlenwohnungen bekannt ist. Die Stadt liegt auf einer Hochebene zwischen markanten, von Erosion gekennzeichneten Lössbergen. In diese Berge wurden Höhlenwohnungen hineingegraben, und zwar ein ganzes Viertel. Insgesamt soll es 4000 Höhlenwohnungen, bzw. -häuser geben, in denen heute noch etwa 10000 Menschen wohnen. Die Höhlenhäuser sind leicht zu erkennen an den weißen Kaminen, die praktisch aus dem Berg herauswachsen.

Einer der Bewohner hat sein Haus für Besucher geöffnet. Es ist sein Elternhaus, und er lebt bereits sein ganzes Leben darin. Die Temperatur im Haus liegt übrigens ganzjährig bei 20 Grad. 

Auch die spätgotisch-barocke Kathedrale von Guadix ist sehenswert. Wegen der fast dreihundert Jahre dauernden Bauzeit vom 16. bis Mitte des 18. Jahrhunderts wechselten die Baustile.

Fassade der Kathedrale von Guadix.
Prächtig geschnitztes und vergoldetes Chorgestühl.

Der Chor liegt in der Mitte der Kirche und ist mit prächtigen barocken Holzschnitzereien geschmückt. Eine Replik der Pietá von Michelangelo in einer Nebenkapelle wird durch eine Lightshow in Szene gesetzt. 

Nach der Stippvisite fahren wir weiter auf einen Stellplatz in Casares. Dieses weiße andalusische Dorf thront spektakulär auf einem Felsen im Hinterland der Costa del Sol. Bevor wir den Stellplatz erreichen, machen wir einen unfreiwilligen Abstecher in das Dorf, inklusive einem waghalsigen Wendemaneuver zwischen gut besuchten Straßencafés und diversen Autos. Wie sich später herausstellt, sind wir gleich beider Ortseinfahrt am Stellplatz vorbeigefahren. Das ganze Manöver war also ebenso nervenaufreibend wie unnötig.

Der Stellplatz in Casares ist ebenfalls auf einem Hügel und bietet eine spektakuläre Aussicht auf das Dorf und auf die Umgebung. Über uns kreisen Gänsegeier. Und einen Sonnenuntergang gibt es auch.

Casares im Abendlicht.

Freitag, 2.2.

Unser Versuch, heute schon auf den Campingplatz nach Tarifa zu fahren, scheitert nach einem Telefonanruf. Wenn wir nicht schon vorher reserviert hätten, kämen wir dort gar nicht unter. So bleiben wir noch einen Tag auf dem Stellplatz in Casares, genießen die Aussicht, die Sonne, die kreisenden Geier und machen Online-banking. Wir haben übrigens einen Router dabei, mit dem wir perfektes Internet herstellen können (mit einer spanischen SIM-Karte).  

Es gibt hier einen etwa zweistündigen Rundweg. Der Weg ist perfekt ausgeschildert – außer im Dorf, wo man sich zwangsweise verläuft und dabei den gesamten Ort erkundet. Casares ist ein typisch weißes andalusisches Dorf, in dem sich nacheinander die Phönizier, Römer, Mauren und schließlich Katholiken getummelt haben. Es ist Geburtsort des Politikers Gil Blas Infante, der als Vater des andalusischen Nationalismus gilt und den Status Andalusiens als Autonome Provinz begründet hat.

Von jeder Gasse aus gibt es schöne Ausblicke in die Umgebung.
Die (ursprünglich maurische) Festung von Casares thront auf einem Felsen.

Der Sonnenuntergang heute Abend ist nochmal schöner!

Ist das ein Adler? Oder doch ein UFO?

Freitag, 2.2

(Claus schreibt): Nach 10 Tagen unterwegs nun das erste Mal, dass wir für 2 Tage/Nächte auf einem Platz bleiben). Dies aber auch nicht ganz freiwillig. Wir sind gestern bis zu einem Stellplatz gefahren, von dem es noch ca. 100 KM zu unserem Ziel Tarifa sind. Der Stellplatz ist sehr nett (ein toller Blick – allerdings keine Infrastruktur).

Blick von unserem Stellplatz aus.

In Tarifa sind wir für den 3.2. angemeldet. Also haben wir heute kurz angerufen, ob wir einen Tag früher kommen können? Nein! Alles voll. So haben wir uns entschlossen hier noch einen weiteren Tag zu bleiben, da wir genug Proviant und Wasser haben. Warum einen neuen Platz suchen, wenn dieser doch sehr nett ist.
Wir haben bislang noch nicht die Fahrräder vom Fahrradträger genommen oder die Stühle und den Tisch ausgepackt (dafür müssen die Räder weg). Die Gelegenheit ergab sich bislang noch nicht, da wir jeden Tag gefahren sind. Auf den letzten Reisen waren wir zwischendurch immer mal 2-3 Nächte auf einem Platz – sodass man sich auch „installieren“ konnte und wollte. Durch die lange und mühsame Fahrt durch Frankreich (aufgrund der Bauernproteste, bzw. der Vollsperrung der Autobahnen und dem erheblichen Verkehrsaufkommen auf den Landstraßen)) fuhren wir ja eine Strecke, die so gar nicht geplant war und wir fuhren wesentlich länger und auch weiter, als wir ursprünglich wollten.

Gut, dass wir unseren Plan ja anpassen können. Allmählich wollen wir jedoch mal „ankommen“. Freuen uns nun auf Tarifa (morgen) und hoffen, dass wir dort einen schönen Stellplatz bekommen. Wir sind gespannt, ob dies möglich ist, wenn alles sooo voll ist.

Hier noch ein paar Stellplatz-Impressionen der letzten Tage. Alles war dabei, von riesigen Parkplätzen, über schmale Plätze – aber mit Palmen -, Plätze direkt im Hafen (allerdings ohne Seesicht) und einen Platz mit sehr viel Fläche drumherum.

Parkplatz in Guadix.
Stellplatz bei Route 66 in Tabernas.
Campingplatz in Valencia.
Stellplatz am Hafen in Callafell, südlich von Barcelona.
Stellplatz nähe Figueres.

Freitag, 3.2.

Heute steht nur eine kurze Fahrt auf dem Programm. Wir starten bei viel Wind und trübem Himmel und sind etwa eine Stunde später in Tarifa bei noch mehr Wind und Sonne! Es ist verrückt, weil wir ja noch nicht so oft hier waren. Aber schon die Fahrt von Algeciras über die Hügelkette, der erste Blick auf die Straße von Gibraltar und auf Tarifa mit seinen weißen Häusern und dem Leuchtturm und schließlich auf die lange Bucht mit dem Sandstrand – das ist ein bisschen wie Nachhause-Kommen. Wir bunkern nochmal Lebensmittel und fahren schließlich auf „unseren“ Campingplatz Torre de la Peña. Dort kennt man uns schon und begrüßt uns herzlich. Die große Frage ist immer, welcher Platz uns zugewiesen wird; die Stellplätze sind ganz unterschiedlich, näher oder weiter zur Rezeption (und der Infrastruktur), mit mehr oder weniger Blick und mit mehr oder weniger Sonne bzw.  Schatten. Aussuchen kann man sich das leider nicht. Aber wir haben Glück und bekommen einen Platz mit gigantischem Blick und viel Sonne. Dass er etwa 50 steile Höhenmeter oberhalb der Rezeption liegt, ist kein Problem, wir haben ja E-Bikes.

Blick von unserem Stellplatz: hinten Tarifa, vorne rechts der Torre de la Peña, im Dunst die marokkanische Küste,

Wir installieren uns, waschen die erste Maschine Wäsche und trinken ein Bier im Sonnenuntergang in „unserer“ Chozo Bar. Und sind angekommen!

Entspannte Atmosphäre und die schönsten Sonnenuntergänge in der Chozo Bar.

Sonntag, 4.2. – Mittwoch, 7.2.

In den nächsten Tage zelebrieren wir diverse Fälle von „das erste Mal wieder“. Das erste Mal wieder am Strand spazieren gehen und zum Aussichtspunkt La Peña klettern. Das erste Mal wieder nach Tarifa fahren, ein bisschen shoppen und einen Kaffee im Ort trinken. Das erste Mal wieder in der Spanisch-Schule vorbeischauen und sich über die herzliche Begrüßung freuen. (Ich buche einen zweiwöchigen Kurs ab kommendem Montag)

Blick vom Aussichtspunkt La Peña auf Tarifa.

Übrigens blüht hier schon einiges, und Schmetterlinge sind auch schon unterwegs.

Mittwoch ist das erste Mal wieder ein typischer Tarifa-Tag mit weißlich gleißender Sonne, blauem Himmel und genau richtig viel Wind. Das heißt, genügend Wind, damit die Kite-und Wind-Surfer auf ihre Kosten kommen, aber eben nicht so viel Wind, dass das Laufen keinen Spaß mehr macht.

Das Licht könnte süchtig machen!

Der Tag endet mit einem ebenso typischen Tarifa- (oder Camping-?) Abend. Die meisten Mit-Camper begrüßt man nämlich nur oder hilft sich, wenn erforderlich, bleibt ansonsten aber für sich. Es gibt jedoch immer wieder Begegnungen, bei denen man sich sofort gegenseitig sympatisch ist. So eben am Mittwoch abend. Spontan laden wir unsere neuen Nachbarn Graham und Sarah aus England zu einem Glas Wein auf unseren Platz ein. Aus dem Glas werden vier Flaschen, die wir vor lauter Plaudern und Politisieren überhaupt nicht spüren. Jedenfalls nicht am Abend. Am nächsten Morgen schon…

Donnerstag, 8.2. 

Der bleierne Himmel und die trübe Sonne passen zu unserem ebenfalls leicht trüben Zustand. Weil gegen Kater nur frische Luft und Bewegung hilft, laufe ich (das erste Mal wieder) nach Tarifa, wo Claus mich mit dem Wohnmobil aufpickt.

Bleierner Himmel und das Meer wie Öl.

Dann folgt die übliche Ver- und Entsorgungstour: Einkaufen, eine neue spanische Gasflasche besorgen, Wasser ablassen und Frischwasser tanken. Leider bleibt das Wohnmobil mit der elektrischen Trittstufe an einem Stein hängen, die daraufhin nicht mehr funktioniert. Wir beschließen, dass wir die Stufe zuhause reparieren lassen und uns solange mit einem Klapptritt behelfen. Graham und Sarah leihen uns einen für die nächsten Tage, Problem erstmal gelöst. Dafür klappt das Anschließen der spanischen Gasflasche mit unserem Adapter (Ihr erinnert Euch an das Galama vom vergangenen Jahr) auf Anhieb.

Wir räumen alles weg, was wegfliegen kann, und sichern unsere Fahrräder. Für die Nacht und für morgen sind Sturm und Regen angesagt. 

Freitag, 9.2.

(Claus schreibt:) Die Nacht war stürmisch. Allerdings regnete es weniger als erwartet…der Regen beginnt erst jetzt (11:00) richtig. Die nächsten Tage bleiben, laut Prognosen, ähnlich.

Wir machen es uns im Auto gemütlich. Heute werden wir es wohl kaum verlassen können. Wie schön, haben wir unser eigenes WLAN und unsere iPads. Heute ist „Car Office“ angesagt.
Wie alle auf dem Campingplatz werden wir lesen, Musik hören und eventuell TV schauen. Mehr ist auf dem kleinen Raum kaum möglich. Jeannine bereitet sich auf ihren Spanischkurs am Montag vor.

Das Meer sieht heute anders aus (aufgepeitscht durch den Westwind, der vom Atlantik kommt). Selbst aus mehreren hundert Metern Entfernung kann man ahnen, wie hoch die Wellen sind.

Vielleicht noch ein paar allgemeine Anmerkungen:
Wie bereits auf der Anfahrt nach Tarifa mehrfach gehört (und dann selbst erfahren), sind viele der geöffneten Campingplätze vollständig belegt. Verschiedene Leute, die wir trafen, sind bereits seit Dezember unterwegs und planen, erst im April oder Mai wieder heimzufahren. Bedeutet bei vielen also, dass sie ca. ein halbes Jahr campen, um dem Winter daheim zu entfliehen. Dies wird sich vermutlich so schnell nicht ändern, da die „Baby-Boomer“ in den kommenden Jahren in Rente gehen und Zeit (und Geld) haben werden, um länger zu verreisen. Somit ist zu vermuten, dass der Camping-Boom noch eine ganze Weile andauern wird.
Schön für die Campingplatz-Besitzer, schlecht für das spontane Reisen. Mit einem Wohnmobil bleiben einem ja noch die Stellplätze, mit einem Wohnwagen ist man ziemlich eingeschränkt bezüglich der Übernachtungsmöglichkeiten.

Eine Camper-Weisheit: Was sich mit WD40, Panzertape und einem Leatherman-Multitool nicht reparieren lässt, lässt sich NICHT reparieren! Auch nützlich: ein Gummi-Hammer. Mit diesem habe ich gestern unsere Trittstufe zurecht geklopft. Immerhin öffnet sie sich nun wieder zu gut 70%. Besser als gar nicht!
Die Lampen und Halterungen unseres Fahrradträgers haben wir mit Panzertape geflickt – ja, irgendwas ist immer.

Samstag, 10.2.

In der Nacht auf Samstag war nicht so windig wie prognostiziert. Dafür hat es ordentlich geregnet. Nun, gegen 13:00, ist es allerdings sonnig und trocken – und die Pfützen auf dem Platz verschwinden langsam. Jeannine versucht, auf dem Campingplatz Mehl zu organisieren – für (m)einen Geburtstagskuchen!

Wir treffen uns zum gemeinsamen Abendessen mit Graham und Sarah und wollen definitiv nicht wieder so viel trinken wie beim letzten Mal. Aber wie es so geht. Sarahs Curry ist sehr lecker – und der Rotwein auch (wieder).

Ergebnis des total netten Essens mit Graham und Sarah aus England.

Sonntag, 11.2.

Geburtstag: Geschenke, tolles Frühstück und selbst gebackener Kuchen!!

Ein toller Start ins neue (Lebens-)Jahr – auch wenn es draußen leider schüttet und stark windet 🙁 Egal, wir machen es uns gemütlich.

Gegen 16:00 wird es noch gemütlicher: Kein „Landstrom“ (wir sind am Strom des Campingplatzes angeschlossen, weil keine Sonne scheint). Komisch, eben ging noch alles. Regenjacke an, Sicherungen und Kabel kontrolliert…sieht eigentlich ganz gut aus. War es vielleicht unser Wasserkocher? Hmm, aber da im Auto alles funktioniert, kann es der eigentlich nicht sein?!
Jeannine geht zur Rezeption und meldet unseren Stromausfall. Wir sind nicht die einzigen! Der ganze Platz ist ohne Strom. Nun denn, der Wasserkocher war es definitiv nicht 🙂

Irgendwas ist immer :-))

Montag, 12.2.

Gestern Nacht: Superbowl (No. 58), das Endspiel der National Football League! Die letzten 28 Jahre habe ich 27 Superbowls im TV miterlebt. Meist sogar live – was bedeutet: Um kurz vor 0:00 (immer Sonntags) geht es los und gegen 4:30 kann man ins Bett. Der nächste Tag: Ausschlafen und Frei!
Diesmal entschied ich mich dafür den SB aufzunehmen und erst heute morgen, nach dem Frühstück, zu schauen. Eine gute Entscheidung, da es erst das 2. Mal passierte, dass das Spiel in die Verlängerung ging. Verlängerung!! Nach ca. 4 Stunden, nochmals… danach noch Siegerehrung, Interviews, usw. Ein langer Fernsehmorgen. Jeannine kam schon bald wieder von ihrem Spanischkurs, als ich mit dem Spiel fertig war.
Trotzdem, es hat sich gelohnt – ein wahnsinnig spannendes und knappes Spiel!
Gewonnen haben, in letzter Sekunde, die Kansas City Chiefs gegen die San Francisco 49er, mit 25:22.

Montag, 14.2. bis Samstag, 17.2. (Jeannine)

Voller Vorfreude schwinge ich mich am Montag morgen auf mein E-Bike, um zum Spanischkurs nach Tarifa zu fahren. In den Tagen davor habe ich noch fleißig die alten Lektionen wiederholt, um möglichst gut im neuen Kurs mitzukommen. Soviel Eifer wäre nicht nötig gewesen.

Meine Klasse besteht aus vier Schülern, mich inklusive. Axel und Thomas, zwei 16jährige Zwillingsbrüder aus Innsbruck, sind mit ihren Eltern nach Tarifa gezogen, um eine Profikarriere im Wing-Surfen zu beginnen. Sie nehmen bereits an Weltmeisterschaften teil und werden von einem Sportartikelhersteller gesponsort. Außerdem Rebecca, eine 23jährige Biologiestudentin aus Freiburg, die ihre Semesterferien für einen Spanischkurs nutzt. Unsere Lehrerin ist Cindy, eine Chilenin, die der Liebe wegen nach Tarifa gezogen ist. 

Alle sind sehr sympathisch. Leider stellt sich der Unterricht bereits nach kurzer Zeit als gähnend langweilig heraus. Cindy wiederholt alles mehrfach, spricht selbst unablässig, so dass wir praktisch nicht zu Wort kommen und nicht üben können, und lässt alle jede Aufgabe einzeln laut vorlesen. Überhaupt findet sie Vorlesen ganz toll. So müssen wir Verbkonjugationen laut vorlesen. Gemeinsam, also im Chor. Ich glaube, das musste ich das letzte Mal in der Grundschule machen. 

Wie immer gibt es zwei Pausen während des Unterrichts, eine viertelstündige („mini pausa“) und eine halbstündige. In einem anderen Kurs hat sich eine sehr nette Truppe aus zwei Engländerinnen und einem jungen Deutschen zusammengefunden, die die große Pause im Café an der nächsten Ecke verbringt. Rebecca und ich schließen und an, und freuen uns über cafe con leche und „tostades con tomate“, durchgeschnittenes und getoastetes Brötchen, auf das Olivenöl und Tomatensaft mit Stückchen geträufelt wird. 

Mittwoch Nachmittag haben wir eine Vertretung, und die zwei Stunden mit ihr sind interessanter und lehrreicher als die zweieinhalb Tage davor mit Cindy. Selbst die Zwillingsbrüder erwachen aus ihrem Koma, in dem sie bisher mehr oder weniger verharrt waren.

Rebecca und ich haben bereits in der Pause beschlossen, mit dem Schulleiter Gaspar zu sprechen und ihn zu bitten, in eine andere Klasse wechseln zu dürfen. Gaspar ist sehr entgegenkommend (vielleicht sind wir ja nicht die ersten, die Probleme mit Cindys pädagogischem Ansatz haben). Allerdings gibt es derzeit keine andere Klasse in der gleichen Stufe, so dass wir ein oder zwei Wochen warten müssen. 

Rebecca wollte sowieso noch nach Marokko, und für mich ist die Unterbrechung auch kein Problem. Ich lerne derweil selbst mit den Büchern. Wenn ich laut lese, dann zumindest ganz allein.

Freitag, 23.2.

(Claus:) Seit knapp einer Woche keine Einträge, weil es eigentlich nichts besonders gab. Wir sind immer noch auf „unserem“ Campingplatz und fahren nur einmal die Woche mit dem Auto in die Stadt, um einzukaufen und Frischwasser zu tanken und Grauwasser abzulassen. Die restliche Zeit stehen wir auf dem Platz und genießen die Ruhe, schauen aufs Meer und sind einfach nur „faul“.

Der Tagesablauf ist ungefähr so:
– Aufstehen (ohne Wecker, da Jeannine keine Schule hat) gegen 9:30
– Frühstück ca. 10:30 bis 11:00 (meistens draußen)
– Spülen gehen (um unser Frischwasser aufzusparen), im Auto aufräumen, Klamotten versorgen und staubsaugen, bis ca. 12:00
– draußen sitzen, Zeitung lesen und Kaffee trinken und schon ist es 13:30
– kurzes Mittagessen gegen 14:00
– dann wiederholt sich der Punkt „Zeitung lesen und Kaffee trinken“ und/oder Jeannine lernt mit ihren Büchern die nächsten Spanisch-Lektionen
– wenn möglich und nötig, kleiner Mittagsschlaf um 15:30
– dann wieder Lesen oder (Jeannine) Spaziergang machen
– und schon ist es 17:00. Zeit ans Abendessen zu denken. Jeannine kocht dann meist gegen 18:00/18:30, sodass wir dann gegen 19:00 (manchmal noch draußen) essen können.
Danach (auswärts spülen), aufräumen/einräumen.
– 20:30, Zeit ans Bett zu denken.
– Schlafen, so gegen 21:30. Wir sind dann müde und kuscheln uns in unsere Koje.

Immerhin sind wir ja schon 12 Stunden wach und haben soooo viel unternommen.

Am nächsten Tag wiederholen wir das Programm, weil es sich bewährt hat :-))

P.S.: Wir sind nun 1 Monat unterwegs.

Freitag, 23.2. bis Sonntag, 25.2.

Am Wochenende ist „Carnaval“ in Tarifa. Schon in den Tagen davor wird die Innenstadt dekoriert und vor der Kirche eine Bühne aufgebaut. Aus Neugierde fahre ich Samstag Nachmittag in die Stadt, um mir das anzusehen. Na ja, es ist nicht das Gleiche wie in Konstanz – oder gar in Köln. Die Deko ist ein bisschen mager, und das närrische Treiben beschränkt sich auf die „Hauptstraße“ in der Altstadt. Aber die Stimmung ist fröhlich und entspannt. Es sind viele Familien und Freundesgruppen unterwegs, und die diversen Outdoorbars, die aufgebaut sind, lassen darauf schließen, dass es abends richtig zur Sache geht. 

Kreative Fastnachtsdeko in der Innenstadt von Tarifa.
Nicht alle sind verkleidet – aber manche schon!

Habe ich schon erwähnt, dass ich jeden Tag einen langen Strandspaziergang mache? Das wird einfach nicht langweilig! Jeder Tag ist anders, das Licht, der Wind, die Wellen, die Surfer. Manchmal bin ich schon kurz nach Sonnenaufgang unterwegs, der hier jedoch gnädigerweise erst kurz vor 8 Uhr ist.

Meer, Wind und Wellen sind jeden Tag anders. Und das Licht!

Montag, 26.2.

Ich bin wieder in der Schule! Die neue Lehrerin stammt aus Madrid und hat den beeindruckenden Namen Maria Salvadora, nennt sich aber Dory. Neben Rebecca, die erschöpft aber beseelt von ihrem Kurztrip nach Marokko zurückgekehrt ist, und den beiden Wing-surfenden Zwillingsbrüdern ist noch Nikki aus Schottland in der Klasse. Die Zwillinge sind auch bei Dory nur mäßig motiviert, aber der Unterricht ist immerhin etwas spannender. 

Weil für Montag Sturm und heftiger Regen angesagt sind, fahre ich morgens schon früher los und habe alles dabei inklusive Regenhose und Überschuhe. Ich erreiche Tarifa noch vor dem Regen und überbrücke die Zeit im Café an der nächsten Ecke.

Das ist ein typisches spanisches Frühstück: Café con leche und tostades con tomate. Lecker!

Als ich aus dem Café komme, regnet es leicht, denke ich, und für die 100 Meter bis zur Schule rentiert sich die Regenhose nicht. Denke ich. Aber als ich um die Ecke biege, erwischt mich der Regen doch, und zwar waagrecht. Auf den paar Metern werde ich klatschnass. In der Satteltasche konnte die Regenhose ihre Wirkung leider nicht entfalten.

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