Dienstag, 11. Februar 2025
Heute ist nicht nur Claus‘ Geburtstag, sondern heute geht es los. Wir fahren in Kolonne zum Hafen von Algeciras, wo eineinhalb Stunden bis zur Abfahrt der Fähre einkalkuliert sind. Die Zeit wird auch benötigt, vor allem wegen der vielen 40Tonner, die vor der Rampe wenden und rückwärts (!) in die Fähre hineinfahren müssen. Der letzte LKW ist ein Viehtransporter, der drei Lagen Kühe geladen hat und gnädigerweise auf dem Platz außerhalb des Schiffsrumpfs, also im Freien, bleiben darf. Die armen Kühe! Der Gestank ist so intensiv, dass er sogar mit Fahrtwind zu riechen ist.
Als endlich alle an Bord sind, dauert es nochmal eineinhalb Stunden, bis die Fähre ablegt. Informationen gibt es keine – könnte ja fast die deutsche Bahn sein.



Da unser Auto auf dem LKW-Deck in einer Nische steht, kommen Claus und ich in Tanger relativ zügig von Bord. Vorher müssen wir uns allerdings zwischen den LKWs durchschlängeln, um überhaupt zum Auto zu kommen. Als dabei einer losfährt, gibt es eine kleine Schrecksekunde. Am Zoll wird ein Drogenhund zum Schnüffeln in unser Auto gelassen – und findet eine Tube Senf, die vor der Abfahrt hinuntergefallen war. Da muss sogar der gestrenge Zöllner schmunzeln.

Wir sind in Marokko – wir sind zum ersten Mal in Afrika! Aber zunächst sieht die Landschaft auch nicht viel anders aus als in Südspanien. Wir fahren auf Autobahnen und Schnellstraßen etwa 200 km südlich nach Chefchaouen, einer kleinen Stadt im Rif-Gebirge, die für ihre blau gestrichenen Häuser berühmt ist.
Auf dem Campingplatz werden wir von Mohammed, genannt Momo, empfangen – Maxies marokkanischem Geschäftspartner. Dass wir auf der Reise von einen Einheimischen begleitet werden, der arabisch und berberisch spricht, war für uns alle eine beruhigende Information.

Für den ersten Abend ist ein marokkanisches Essen geplant. Wir laufen vom Campingplatz hinunter ins Städtchen und staunen trotz der Dunkelheit über die verschiedenen Blautöne, in denen die Häuser gestrichen sind. In einem typischen Restaurant mitten in der Medina (Altstadt) probieren wir frischgepresste Säfte, den typischen Minztee und die ersten sogenannten Tajines: Schmorgerichte mit Gemüse und verschiedenen Fleisch- oder Fischvarianten, die in irdenen Gefäßen (Tajines) langsam gegart werden.
Claus bekommt anschließend noch ein Geburtstagständchen von allen, darf zwei Kerzchen auf einem Kuchen ausblasen, die sich immer wieder von selbst entzünden, und bekommt von Maxie und Momo ein paar marokkanische Schlappen aus gelbem Leder, die, wie wir erfahren, nur bei festlichen Anlässen getragen werden. Claus hätte gerne eine Runde zum Geburtstag ausgegeben, aber keine Chance. Alkohol ist strikt verboten!


Mittwoch, 12. Februar 2025
Maxie hat eine Morgenbesprechung angesetzt und dabei zusammen mit Momo ein typisches marokkanisches Frühstück für uns vorbereitet. Es gibt das (übrigens sehr leckere) Fladenbrot, Oliven, süßes Mandelmus (auch sehr fein) und Arganöl zu probieren, eine Spezialität aus dem Südwesten Marokkos. Dazu natürlich Minztee.

Auf unsere Fragen nach dem typischen Gewand, der sogenannten Djeballah, die in verschiedenen Varianten von Frauen und Männern getragen wird, macht Momo für uns eine kleine Modenschau und zeigt eine wärmende Alltags- sowie eine dünnere festliche Variante. Im Winter dient die zipfelige Kapuze als Mütze.
Ja, und dann tauchen wir in die blaue Stadt ein und erleben einen wahren Farbenrausch. Natürlich ist Chefchaouen sehr touristisch, bzw. sehr instagrammisiert. Aber es kommen ja auch nur alle, weil es so schön ist!


Es gibt übrigens verschiedene Theorien, warum die Häuser hier blau gestrichen sind. Im jüdischen Glauben symbolisiert blau den Himmel und damit die Nähe zu Gott. Da nach der Reconquista in Spanien nicht nur die Mauren, sondern auch die Juden vertrieben wurden und in Nordafrika Zuflucht fanden, könnte das ein möglicher Grund sein. Im islamischen Glauben wiederum soll blau die Dschinn, die bösen Geister, fernhalten. So eine zweite Theorie. Weitere Möglichkeiten: Blau soll Insekten abhalten und soll bei Hitze kühlend wirken. Wobei sich dann die Frage stellt, warum die Farbe nur hier angewandt wird. In jüngerer Zeit gibt es sicher einen weiteren, sehr pragmatischen Grund, die Häuser blau zu streichen: Die Farbe hällt vielleicht Insekten ab, aber sie zieht Touristen an!
Die Medina ist ein einziges Einkaufsparadies, wo man von Lorbeerblättern bis zum Berberteppich wirklich alles kaufen kann. Die Menschen sind überaus freundlich, heißen uns willkommen, übrigens gelegentlich auch auf deutsch, und versuchen ins Gespräch zu kommen. Immer freundlich, nie aufdringlich.
Neben Händlern gibt es auch noch viele Handwerker wie Schreiner, Weber, Schneider und Stricker (übrigens alles Männer). In einem Innenhof entdecken wir einen Schmied, der in einem winzigen dunklen Raum zwei Blasebälge bedient, um sein Feuer anzufachen.

Fast alle Männer unserer Reisegruppe erstehen – unabhängig voneinander – einen Djeballah, die es auch in einer kurzen Variante gibt. Wir tauschen anschließend unsere Kauferfahrungen aus, vor allem die Frage des Preisverhandelns. Denn das gehört hier definitiv dazu. Wie sich herausstellt, müssen die meisten von uns noch üben.
Donnerstag, 13.02.2025
Heute geht es nur etwas mehr als 30 Kilometer nach Akchour, einem Wandergebiet im Rif-Gebirge. Bei strahlendem Wetter fahren wir sehr gemütlich auf kleinen Landsträßchen in die sich immer höher auftürmenden Berge.
Übrigens ist das Rif-Gebirge das Hauptanbaugebiet von Cannabis. 80% des in Europa konsumierten Haschisch kommen aus Marokko. Der Anbau ist zwar eigentlich verboten, wird aber geduldet. Für viele Familien ist er eine wichtige Einnahmequelle. Rund 1 Million Menschen sollen in Marokko vom Cannabisanbau leben.
In einem kleinen Dörfchen essen wir ein Omelette, Brot und Olivenöl und finden, dass das eines der besten Essen bisher ist. Am Straßenrand stehen immer wieder runde Lehmöfen, in denen Frauen Fladenbrot backen. Wir kaufen einen noch warmen Fladen.

Vom Parkplatz aus gibt es einen Wanderweg zur sogenannten Gottesbrücke, einem Felsenbogen aus rotem Kalkstein, der sich über eine Schlucht wölbt. Zwei Stunden Wanderung hin und zurück, also kein Problem. Ich finde die Wanderung in Komoot und laufe los, begleitet von Dieter aus unserer Gruppe. Das Problem ist, dass es zwei Wanderwege zur Brücke gibt: einen steilen mit vielen Höhenmetern, der oben auf die Brücke führt. Und einen zweiten entlang des Flußbetts, gesäumt von vielen netten Imbissbuden am Wegesrand. Klar, welche Route Komoot vorschlägt: die steile. Genau das Richtige für mich, den bekennenden Angsthasen. Bis zum Ziel schaffe ich es nicht! Und wenn nicht mein Mitwanderer Dieter netterweise beim Runterlaufen assistiert hätte, würde ich wohl immer noch oben sitzen.
Im Tal kommt uns Maxie mit weiteren Wanderern entgegen, und wir laufen zusammen die Route entlang des Flusses weiter. In den Imbissständen am Fluss, die sich durch Plastikstühle in unterschiedlichen Farben unterscheiden, schmurgeln Tajines über Holzfeuern. Diese Stände haben wirklich malerische Locations. Was soll ich sagen: An einem Übergang über den Fluss, der aus ein paar Bohlen besteht und bei dem man einen großen Schritt übers Wasser tun muss, kann ich einfach nicht mehr weiter. Während die anderen bis zur Brücke weiterlaufen, trinke ich Tee bei einem der Imbiss-Stände. Das war also die Wanderung zur Gottesbrücke, die nicht stattfand. Aber trotzdem war alles ganz super. Und die Hilfsbereitschaft in unserer zusammengewürfelten Reisegruppe ist beeindruckend!

Wir übernachten auf einem Stellplatz am Fluß, sitzen abends am Lagerfeuer und bestaunen einen unglaublichen Sternenhimmel.
Freitag, 14.02.2025
Wir fahren rund 200 km nach Meknès (Fahrtzeit über vier Stunden) und cruisen dabei zunächst wieder durch das Rif-Gebirge (die gleiche Strecke wie gestern), dann durch waldreiche Hügel mit vielen Olivenbäumen und gegen Ende durch fruchtbare Ebenen mit Orangenplantagen, Bohnen- und Weizenfeldern.
Allerdings ist die Fahrt nicht ohne Überraschungen. Kurz vor einem Kreisel kommt ein Auto aus einer Tankstellenausfahrt und fährt uns in die linke Seite. Als wir aussteigen, sind wir sofort von mehreren Marokkanern umgeben, die uns alle sehr freundlich versichern, das sei kein Problem. Der Schaden am Auto sieht allerdings nicht ganz ohne aus. Glücklicherweise funktionieren sowohl die Entsorgungsklappe fürs WC als auch die Dieselheizung noch, die beide direkt neben der Delle liegen. Vom Kreisel kommt Polizei zu uns, die dort eine ihrer vielen Kontrollen aufgebaut hat. Sie begrüßen den Verursacher mit Handschlag und würdigen uns zunächst keines Blickes. Ein komisches Gefühl, weil sie natürlich arabisch miteinander sprechen und wir nur Bahnhof verstehen. In der Zwischenzeit haben wir Maxie und Momo angerufen, und Momo hat mit Polizei und Verursacher telefoniert. Er schlägt eine, nun ja, eher marokkanische Lösung vor: Der Verursacher soll uns Geld geben, und dann könne man den Schaden hier vor Ort reparieren lassen. Aber nach ein bisschen Hin und Her und nachdem immer weitere Polizisten in unterschiedliche Uniformen aufgetaucht sind, läuft alles lehrbuchmäßig korrekt ab. Da kein Personenschaden entstanden ist, ruft die Polizei einen Versicherungssachverstündigen, der den Schaden protokolliert und beiden Parteien eine Kopie davon aushändigt. Mit diesem amtlichen Protokoll können wir den Schaden unserer Versicherung melden.

Als wir endlich weiterfahren können, kommt nach erwa 20 km die nächste Überraschung. Wir werden von einer der vielen Polizeikontrollen geblitzt und sind tatsächlich zu schnell. 69 statt wie erlaubt 60 km/h. Die Polizisten sind überaus freundlich und höflich und sehen in ihren schneidigen Uniformen auch richtig gut aus. Sie knöpfen uns umgerechnet 15 EUR ab, was uns für das hiesige Preisniveau ziemlich hoch vorkommt. Aber auch hier alles superkorrekt mit Quittung und Stempel und allem, was man sich so wünscht. Ab dann fahren wir keinen Stundenkilometer mehr als erlaubt! Abends stellt sich heraus, dass fünf Teilnehmer aus unserer Gruppe an diesem Tag geblitzt wurden, einer sogar dreimal.
Zu guter Letzt ist der Stellplatz in Meknès, der für heute geplant war, voll. Maxie disponiert kurzfristig um und dirigiert die Gruppe auf einen Campingplatz außerhalb. Für uns eine super Lösung, weil uns nach diesem Tag sowieso eher nach Ruhe ist. Abends gibt es Couscous für alle – das traditionelle Freitagsgericht der Marokkaner.
Samstag, 15.02.2025
Wir fahren mit Taxis die 20 km nach Meknès und lassen die Wohnmobile auf dem Campingplatz stehen. Taxifahren in Marokko ist supereinfach und sehr günstig. Die Taxis kommen pünktlich wie vereinbart zum Campingplatz und am Nachmittag genauso zum Treffpunkt in Meknès. Echt super.

Meknès ist eine der vier sogenannten Königsstädte von Marokko, die alle irgendwann in der Geschichte ein- oder mehrmals Hauptstadt des Landes waren. Es gibt eine riesige Palastanlage, die sogenannte Cité Impériale. Sie wurde im 17. Jahrhundert von Moulai Ismail errichtet, der als erster das Land einte und gleichzeitig wegen seiner Schreckensherrschaft „der Blutige“ genannt wurde. Wir besichtigen zunächst das prächtige Mausoleum Ismails, das heute als Gebetsraum genutzt wird. Dann besteigen wir zwei hübsch dekorierte Kutschen, die von ältlichen Maultieren gezogen werden und fahren einmal um die Cité Impériale.

Schließlich tauchen wir ein in die Medina, die Altstadt von Meknès, mit ihren Souks (Märkten).

So ein arabischer Souk ist ziemlich unbeschreiblich. Der hier ist nochmal etwas ganz anderes als im beschaulichen Chefchaouen. Besonders beeindruckt sind wir von den Lebensmittelständen. Die Auswahl und Fülle an Obst, Gemüse, Nüssen, Datteln und Gewürzen ist buchstäblich wie im Schlaraffenland.


Weniger idyllisch sind die Fleisch- und Geflügelstände. Von Kühen wird alles angeboten – Füße, Kutteln (im Ganzen!), Kopf, also einfach das ganze Tier. Hühnerstände sind besonders interessant: Die Hühner stehen lebend in einer Art Regal. Die Käuferinnen suchen sich ein Huhn aus, das vor Ort geschlachtet und in einer Art Waschmaschine gerupft wird. Man kann ja sagen, was man will, aber frischer geht es nicht. Dass das Ganze eher abstoßend wirkt, liegt vor allem daran, dass man den Schlachtvorgang sehen kann, während das Gleiche bei uns hinter verschlossenen Türen erledigt wird. Für die Hühner ist die Tötung in Schlachthäusern wahrscheinlich auch nicht angenehmer.

Nach unserem Rundgang fahren wir mit den Wohnmobilen zu unserer nächsten Destination: Fès. Dort stoppen wir bei einem französischen Supermarkt „Carrefour“, in dem man auch Alkohol kaufen kann. Das abendliche Glas Wein ist in Marokko nicht selbstverständlich. Selbst in einem Carrefour wird Alkohol nur im Untergeschoss angeboten, das über eine separate Treppe erreicht wird. Für marokkanische Verhältnisse sind die Preise sehr hoch, und man kommt sich beim Kauf ein bisschen illegal vor.
Für heute abend ist kein Programm und auch kein gemeinsames Essen vorgesehen. Trotzdem treffen sich fast alle aus der Gruppe abends zwischen den Wohnmobilen zum Schwätzen. Wer müde ist, zieht sich zurück. Es ist eigentlich unglaublich, wie diese 17 Personen innerhalb weniger Tage zu einer Gemeinschaft zusammengewachsen sind. Es wird gelacht, man zieht sich gegenseitig ein bisschen auf und erzählt von Gott und der Welt.
Sonntag, 16.02.2025
Maxie hat einen Kleinbus für uns organisiert, der uns vom Campingplatz in die Altstadt von Fès bringt. Wir stehen erstmal im Stau, weil wegen eines Marathons viele Straßen gesperrt sind. Das Chaos ist beeindruckend, und so liebenswürdig die Marokkaner in der direkten Begegnung sind, so ungeduldig und rücksichtslos gebärden sie sich im Auto. Übrigens haben die meisten Fahrzeuge Dellen oder Lackschäden oder provisorisch fixierte Stoßstangen.
Die Altstadt von Fès hat 9020 Gassen und ist die größte der Welt! Von den 1,2 Millionen Einwohnern von Fès leben 320.000 in der Medina. Fès ist die älteste Stadt Marokkos, hat eine der ältesten Universitäten der Welt (gegründet 859 n.Chr.) und gilt bis heute als religiöses und kulturelles Zentrum Marokkos. Die Einwohner von Fès waren 1944 maßgeblich an der Wiedererlangung der Unabhängigkeit des Landes beteiligt.

Wir treten durch das berühmteste Tor hinein, das Bab Boujeloud. Und wir sind froh, dass wir den Stadtrundgang mit einem Führer machen können, der perfekt deutsch spricht. Er stammt aus Fès und kennt die verschlungenen Gässchen der Medina wie seine eigene Westentasche. Allein wäre man hier völlig aufgeschmissen – keine Chance, sich hier zu orientieren.

Wir besichtigen die Madrasa Bou Inania, eine Hochschule aus dem 14. Jahrhundert, bestaunen eine Wasseruhr aus dem 12. Jahrhundert, bei der mit Wasserkraft Türen für die Stunden aufgehen und Glasbehälter für die Minuten sich senken.

Von den insgesamt 40 Karawansereien in der Medina sind zwei restauriert worden und werden heute an (Kunst-)Handwerker vermietet. Da Fès an einer der zentralen Karawanenstraßen lag, waren die Karawansereien gut frequentiert. Die Kamele wurden in Ställen im Erdgeschoss, die Menschen und ihre Waren in den oberen Etagen untergebracht. Die Händler zogen erst weiter, wenn sie ihre Waren verkauft hatten (erklärt unser Stadtführer).

Am beeindruckendsten sind die Besuche der Handwerksstätten. Wir besichtigen einen Ziseleur, der ohne Vorlagen oder Schablonen feinste Muster in einen Messingteller treibt. In einer Gerberei werden seit 1151, also seit fast 900 Jahren, Häute von Lämmern, Ziegen, Schafen, Kühen und Dromedaren nach der gleichen Methode gegerbt. In gemauerten Bottichen werden die Häute zunächst mit Wasser und gebranntem Kalk enthaart, dann mit Wasser und Taubenmist gegerbt und schließlich mit Naturfarben gefärbt. Bei der Besichtigung der Gerberei wird uns freundlicherweise ein Zweiglein Pfefferminze überreicht, gegen den Gestank. Heute lässt es sich aushalten, weil es ja nicht sehr warm ist, aber im Sommer ist das sicher unerträglich. Die Gerber arbeiten mit nackten Füßen und ziehen die nassen Häute mit bloßen Händen aus den Trögen. Eine unbeschreibliche Knochenarbeit. Wir können die Gerberei von der Terrasse einer Kooperative aus besichtigen. Im Anschluß bekommen wir natürlich Gelegenheit zum Kauf von Lederprodukten!

Der dritte Handwerksbetrieb ist eine Weberei, in der die landestypischen Rohstoffe verarbeitet werden: Baumwolle, Leinen, Ziegenhaar, Wolle und Agavenseide, die aus den Fasern von Agavenblättern gesponnen wird.


Nach den vielen Eindrücken und Informationen, nach mehreren Kilometern Spaziergang durch die Medina und nach diversen Einkäufen fahren wir ganz erschöpft zurück zum Campingplatz und sind uns einig, dass es ein wunderbarer Tag war.
Montag, 17.02.2025
Wir fahren rund 80 Kilometer nach Süden in den mittleren Atlas, durch eine Gegend, die nicht sehr marokkanisch wirkt. Sie ist grün, fruchtbar und mit Zedern bewaldet. Wir fahren durch den Ort Ifrane, den man „die kleine Schweiz“ nennt. Die Architektur sieht europäisch aus, und es ist so sauber wie in der Schweiz! Wir beobachten, wie selbst die Blätter von den Gehwegen gefegt werden. Im Zedernwald von Azrou leben Berberäffchen, die eine beliebte Touristenattraktion sind – und für die Einheimischen die Gelegenheit zum Verkauf von Erdnusstüten – bieten. Wir verzichten auf die Äffchen und lassen uns berichten.
Der Campingplatz, auf dem wir übernachten, gehört zu einem Hotel, das im Stil einer mittelalterlichen Burg gebaut ist Was auf uns etwas befremdlich wirkt, ist laut Aussage von Maxie für Marokkaner sehr attraktiv. Bei der Suche nach Brot und Orangen im nahegelegenen Örtchen komme ich mit marokkanischen Touristen ins Gespräch, die voller Begeisterung von dem Hotel sprechen.

Dienstag, 18.02.2025
Bevor wir 200 km in den Hohen Atlas fahren, machen wir einen Abstecher zu einem Bergsee auf 2000 m Höhe. Eigentlich war hier die nächste Übernachtung geplant, aber auf der Höhe liegt Schnee, und wir entscheiden uns fürs Weiterfahren. Aber wir verbringen eine wunderbare Rast auf der Terrasse eines Hotels, das direkt am See liegt. Das Hotel ist wie eine amerikanische Lodge gebaut und sehr schick, Wir können in der Sonne sitzen, Tee trinken, und kommen uns vor wie im Skiurlaub. Anders als dort herrscht hier jedoch völlige Stille. Man weiß gar nicht genau warum, aber es ist ein besonderer Ort.


Während wir weiter durch die grünen Hügel des Mittleren Atlas cruisen, erscheinen plötzlich die schneebedeckten Bergketten des Hohen Atlas. Der Anblick ist wie eine Erscheinung. Tatsächlich sind wir noch ziemlich weit entfernt und müssen rund 70 km durch eine trockene, karge Ebene, und vorbei am Städtchen Midelt fahren, bis wir die Berge des Hohen Atlas erreichen. Unser nächster Halt liegt in der Ziz-Schlucht. Der Fluß Ziz bewässert rund 100 km lange Dattel- und Olivenhaine entlang seines Laufs. Oben braune Wüste, unten grüne Oase.

Mittwoch, 19.02.2025
In der Nacht und am Morgen hat es ziemlich heftig geregnet, und das träge Rinnsal des Ziz hat sich in einen richtigen Fluß verwandelt. Gegen Nachmittag hört der Regen auf, und wir können die geplante Wandelung zu einer Nomadenfamilie in der Gegend doch noch machen.
Ein Guide führt uns entlang des Flusses, erklärt uns die Bewässerungssysteme, mit denen das Wasser des Flusses umgeleitet wird und zeigt uns ein verlassenes befestigtes Dorf aus Lehmbauten, das bis 1982 bewohnt war. Er erzählt auch, dass es in der Gegend erst seit zwei Jahren wieder genügend Regen – und damit Futter für die Tiere – gibt. Davor herrschten sechs Jahre lang Dürre! Auch jetzt kann man kaum erkennen, welches Futter die Ziegen an den kargen Berghängen wohl finden können. Aber es scheint zu reichen. Während der Dürrejahre kamen übrigens auch keine Nomaden in die Gegend.

Schließlich geht es ein Seitental hoch. Bevor wir die Nomadenfamilie erreichen, müssen wir zweimal einen Bach durchqueren, durch den man normalerweise trockenen Fußes gelangt. Heute nicht! Die Querungen (insgesamt viermal, weil wir ja wieder zurückmüssen) werden ohne weitere Diskussion in Teamarbeit bewältigt.

Das Nomadenzelt duckt sich flach in die Landschaft. Unser Guide zeigt uns an der Felswand gegenüber die Öffnungen von Höhlen, die der Herde als Nachtquartier dienen. Die Tiere werden abends von ihren Weiden in die Höhlen getrieben.

Der Vater der Nomadenfamilie empfängt uns mit einer seiner Töchter zum Tee. Das Zelt ist zweigeteilt. Entlang der Zeltstangen hat die (neunköpfige!) Familie Taschen mit Kleidung und Vorräten als Trennung gehängt. Die Zeltplane ist aus schwarzem Ziegenhaaren und selbst gewebt. Sie hat ziemlich große Löcher und ist licht- und luftdurchlässig. Dass sie trotzdem keine Nässe durchlässt, können wir selbst erleben, als während unseres Besuchs ein heftiger Schauer niedergeht. Das Ziegenhaar quillt bei Feuchtigkeit und lässt kein Wasser mehr durch. Ziemlich raffiniert! Diese sogenannten Schwarzzelte sind übrigens typisch für Nomaden im ganzen Mittelmeerraum.

Wir werden gebeten, unsere Schuhe auszuziehen und dürfen auf ausgebreiteten Decken im Zelt Platz nehmen, das größer ist als zunächst gedacht. Während der Vater Tee zubereitet und mit Nüssen und Keksen serviert, bäckt die Tochter auf einem Eisenblech auf dem Feuer Fladenbrot. Man könnte ihr ewig zuschauen, wie sie aus kleinen vorbereiteten Teigkugeln kleine Fladen zurechtdrückt, Öl darauf träufelt, jeweils vier Fladen aufeinanderschichtet und daraus mit den Händen einen großen Fladen macht. Der Fladen wird auf der Platte gebacken und mit einem Stab gewendet. Für den ganzen Vorgang benötigt sie keine Werkzeuge. Das Brot wird vom Vater in Stücke gerissen und serviert. Es ist noch lauwarm, luftig und schmeckt köstlich. Unser Besuch war natürlich von unserem Guide angekündigt worden. Trotzdem ist diese Gastfreundschaft unter solch ärmlichen Bedingungen ein kostbares Geschenk. Durch den Guide können wir uns zumindest rudimentär mit unseren Gastgebern verständigen und bedanken.
Auf dem Rückweg werden wir von einem Regenbogen überrascht – und ganz zum Schluß nochmal von einem kräftigen Schauer.

Donnerstag, 20.02.2025
Heute fahren wir knapp 170 km zum südlichsten Punkt unserer Reise, an den Rand der Sahara nach Merzouga. Das erste Viertel der Strecke geht immer dem Ziz und endlosen Palmenhainen entlang. Der Kontrast zwischen der grünen Oase im Flußbett und den wüstenartigen Bergen darumherum ist faszinierend.

Dann wird es flach und unwirtlich. Man sieht kaum mehr Vieh, von Landwirtschaft ganz zu schweigen. Auch die Stadt Erfoud, wo wir nochmal Vorräte kaufen, scheint sich kaum gegen die umgebende Wüste wehren zu können. Eine unwirtliche und unschöne Gegend – bis man die spektakulären Dünen des Erg Chebbi am Horizont auftauchenden sieht, die sich 150 Meter über die Ebene erheben. Der kleine Ort Merzouga ist das Tor zur Sahara. Unser Campingplatz liegt direkt an den Dünen, und wir machen den ersten Spaziergang im warmen Sand. Später bewundern wir den Sternenhimmel!

Freitag, 21.02.2025
Während ein Teil der Gruppe vor Sonnenuntergang auf die Düne klettert und ein anderer Teil später eine Tour mit Quads durch die Wüste unternimmt, genießen wir einfach, dass wir hier sind. Und waschen Wäsche, was dringend nötig war.
Abends fahren wir mit Geländefahrzeugen zu einem Wüstencamp, wo wir gemeinsam essen. Die Fahrer, die uns abholen, können defintitiv autofahren! Sie preschen durch die Dünen und freuen sich, wenn wir auf den hinteren Bänken leise quietschen. Den Sonnenuntergang beobachten wir auf einer Düne – zusammen mit diversen Kamelreitern, Quadfahrern und Fußgängern, die auf den umliegenden Dünen stehen. Tourismus ist eben die wichtigste Einnahmequelle in dieser kargen Gegend.


Von oben relativieren sich übrigens die Weiten der Dünenlandschaft. Tatsächlich ist die Erg Chebbi nur etwa 22 km lang und 5 km breit. Von oben sieht das ein bisschen aus wie ein großer Sandkasten. Rundherum ist natürlich auch Wüste, aber Stein- oder Geröllwüste oder Gebirge. Vom höchsten Punkt der Düne aus sieht man übrigens auch nach Algerien, das nur 22 km entfernt ist.

Das Wüstencamp besteht aus einem großen Speise- und vielen kleineren Übernachtungszelten. Alles sehr schön und gepflegt und mit allem Komfort. Die Übernachtungszelte haben sogar eigene Toiletten und Duschen. Nach dem Essen gibt es Berber-Livemusik am Lagerfeuer.

Samstag, 22.02.2025
Das Nette an unserer Reisegruppe ist, dass sich immer wieder kleine Grüppchen zu gemeinsamen Aktivitäten treffen. Heute laufen wir zu mehreren in den etwa zwei Kilometer entfernten Ort Merzouga, schlendern durch die „Haupt-Einkaufsstraße“, in der jedes Geschäft Berberschals, Tajineformen und diversen Schnickschnack anbietet. Als wir in einem Café etwas trinken gehen, kommen immer mehr dazu, bis fast die ganze Gruppe beisammen ist.
Zum Sonnenuntergang reiten Claus und ich mit einer Gruppe auf Dromedaren in die Sandddünen. Wir sind beide zum ersten Mal auf einem Kamel und ziemlich begeistert von diesen sanftmütigen Tieren mit ihren gleichmütigen Gesichtern, großen Augen und langen Wimpern. Übrigens haben Dromedare einen, Kamele zwei Höcker; in Marokko gibt es nur Dromedare, aber trotzdem wird überall von Kamelreiten gesprochen. Die Tiere haben ein dickes Polster um den Höcker gebunden sowie eine T-förmige Stange zum Festhalten. Wenn man aufsteigt, liegen sie natürlich. Und dann geht’s hoch: erst mit den Hinterbeinen, so dass man ganz schräg sitzt, dann mit den Vorderbeinen. Es ist ein sehr komisches Gefühl, etwa 1,7 Meter über der Erde zu sitzen und zu reiten. Besonders bequem ist es nicht, trotz des dicken Polsters. Aber diese sanfte, ruhige Schaukelbewegung durch die Dünen – das hat fast etwas Magisches. Hätte. Wenn da nicht die Quadfahrer wären, die ebenfalls zum Sonnenuntergang durch die Dünen pesen.

Unsere beiden Führer sind sehr nett, sprechen erstaunlicherweise englisch, aber kein Französisch. Sie erzählen, dass die Dromedare pro Tag 10 Liter Wasser saufen, was wir bei der Größe nicht so sehr viel finden. Wenn es kein Wasser gibt, kommen sie auch mehrere Tage ohne aus.


Nach dem Sonnenuntergang reiten wir wieder zum Campingplatz zurück, wo bereits ein Lagerfeuer brennt. Wir sitzen in unserem Stuhlkreis ums Feuer und genießen den Sternenhimmel.
Sonntag, 23.02.2024
Heute ist wieder ein Fahrtag: 210 Kilometer nach Westen zur Todra-Schlucht. Wir fahren endlose Kilometer durch topfebenes Land, in dem maximal kleine grüne Büschel wachsen, praktisch keine Tiere weiden und die Sonne ohne jeden Schatten niederbrennt. Wir überholen vollbepackte Esel, Maultiere mit Karren, überladene Roller oder Dreiräder mit Anhängern, auf denen noch Leute sitzen. Und immer wieder Leute auf Fahrrädern, die uns ziemlich schrottreif vorkommen. Häufig stehen auch Menschen am Straßenrand und bitten darum, mitgenommen zu werden. Tiere sind hier offensichtlich immer noch wichtige Transportmittel. Und Trampen scheint unter Marokkanern ganz üblich zu sein, weil der öffentliche Nahverkehr nicht sehr gut ausgebaut ist,


Wir machen Halt in Rissani, einer Wüstenstadt mit 25.000 Einwohnern und großem Souk. Dort erstehen wir etwas Gemüse, wobei man selbst dabei das Gefühl hat, handeln zu müssen. Nirgendwo stehen Preise, und wenn man nachfragt, werden willkürliche Zahlen genannt. Hier sind die Händler deutlich – nun ja, sagen wir mal – proaktiver als sie das im Norden waren. Immer wieder werden wir auch auf deutsch angesprochen. Selbst beim Parken auf der Straße steht sofort ein selbsternannter Parkwächter neben uns, der für umgerechnet 2 EUR auf unser Auto aufpassen will. Es ist ja nicht so, dass wir das Geld nicht geben würden, aber die Aufdringlichkeit ist etwas gewöhnungsbedürftig.
Auf der Strecke kommen wir an sogenannten Khettaras vorbei, die in einem Mini-Museum erklärt werden. Khettaras sind alte Bewässerungsanlagen; diese hier stammen aus dem 14. Jahrhundert. Sie bestehen aus einer 15 km langen Reihe von Schächten, die bis aufs Grundwasserniveau reichten und unterirdisch mit einem sanft abfallenden Tunnel verbunden sind. Der Tunnel endet in einer Oasen-Plantage und bewässerte diese. Weil das Wasser unterirdisch geführt wurde, gab es keine Verdunstung. Für den Bau und den Unterhalt der Khettaras musste jede Familie ein Mitglied abstellen, um im Gegenzug Zugang zum Wasser für ihre Felder in der Oase zu bekommen. Die Schächte mussten regelmäßig kontrolliert und von Sand befreit werden. Inzwischen ist das Grundwasserniveau so weit abgesunken, dass der Tunnel kein Wasser mehr führt.



Unser nächster Übernachtungsplatz ist am Beginn der Todra-Schlucht in einem Dattelpalmen-Garten. Das hat man auch selten, dass man mit dem Wohnmobil unter Dattelpalmen steht. Abends gehen wir im Campingrestaurant essen. Wir sitzen auf gepolsterten Bänken, die an den Wänden rund um den Raum verlaufen, mit dicken Rückenkissen und essen an niedrigen Tischen. Wie uns Momo erklärt, ist das die typische Möblierung in Marokko, weil auf den Polstern die Verwandten schlafen können, wenn sie zu Besuch kommen.

Montag. 24.02.2025
Wir fahren mit einem Kleinbus durch die Todra-Schlucht und das Tal hinauf, um zu einer Salzmine zu wandern. Nach etwa einer Stunde Fahrt im marokkanisch dekorierten Bus mit ebensolcher Musik in Diskolautstärke halten wir in einem Dorf auf etwa 2000 m Höhe und trinken Tee auf der Terrasse eines sehr urigen Gasthauses.


Maxie bucht spontan den Gastwirt als Wanderguide, und der nimmt ab da die Dinge in die Hand. Statt zum verabredeten Startpunkt lässt er den Fahrer auf einen Pass in 2700 m Höhe fahren. Von dort soll es in etwa 1 1/2 Stunden zur Salzmine gehen. Inschallah! Oder wie Maxie sagt: In Marokko kommt alles immer ein bisschen anders als geplant. Der eigenmächtige Wanderführer beschert uns grandiose Ausblicke und eine wirklich schöne Wanderung. Allerdings geht es insgesamt rund 700 Meter bergab, und wir haben einige Knieprobleme in der Gruppe. Und vor allem marschiert der Wirt-Wanderführer wie ein Metronom in zügigem Tempo voran. Mit der angegebenen Wanderzeit meint er seine eigene Geschwindigkeit, Pausen sind auch nicht nötig.

Die Salzminen sind auch heute noch in Betrieb. Mit der Spitzhacke wird hier das Salzgestein abgeschlagen, in Säcke abgefüllt und mit einem Esel ins nächste Dorf transportiert. Bei unserem Besuch arbeitet genau ein Mann in der Mine – Bergbau auf minimalem Niveau. Noch vor einigen Jahren, als der Tourismus die Region noch nicht erreicht hatte, war er jedoch eine wichtige Einnahmequelle für die Familien.


Wir kommen an einem Wasserfall vorbei, der in einen Kanal fließt. Dieser Kanal zieht sich weiter hinunter ins Tal und zweigt an einer Stelle ab. Wie der Führer erklärt, wird hier das Wasser gemäß wasserrechtlicher Verträge in zwei verschiedene Dörfer geleitet. Als wir durch eines der Dörfer kommen, können wir sehen, wie das Wasser in den Oasen beim Dorf in kleinere Kanäle fließt und die Felder bewässert.

Kurz bevor wir den Bus erreichen, treffen wir auf eine Gruppe Frauen mit ihren Kindern, die im Fluß Wäsche waschen. Von Hand. Im kalten Flußwasser. Sie sind freundlich und freuen sich sehr über einige Süßigkeiten, die jemand verteilt. Aber sie machen auch klar, dass sie keine Fotos von sich dulden.
Wir essen in der Gaststätte unseres Wander-Wirts eine Erbsensuppe mit Zimt(!), Salat und Tajine. Alles ausnahmsweise einmal raffiniert gewürzt. Dazu selbst gebackenes Brot, das so lecker ist, dass man fast auf die Tajine verzichten könnte. Zum Abschluß besuchen wir noch die Mutter des Wirts, die in einem Hinterraum auf der Erde vor einem Webstuhl sitzt und Teppiche webt. Die sind wirklich schön, und so wechseln einige Teppiche den Besitzer.

Die Rückfahrt mit unserem grünen Bus ist abenteuerlicher als die Hinfahrt. Ganz einfach deshalb, weil es bergab geht und der Fahrer schneller fahren kann als heute morgen bergauf. Das tut er dann auch, schnell fahren, immer mit dem Handy am Ohr und ohne Rücksicht auf den wild hupenden Gegenverkehr. Irgendwann wird es Franz aus unserer Gruppe zu viel, und er äußert den bereits jetzt legendären Satz: “Unser Sicherheitsgefühl ist etwas in Frage gestellt.“ Das hilft ein kleines bisschen.
Dienstag, 25.02.2025
Am nächsten Morgen machen wir zunächst einen Abstecher in die Stadt Tinghir, um Bargeld zu holen und Lebensmittel zu kaufen. Der Bankomat bei Poste Maroc zieht als erstes mal meine Karte ein. Das Problem gibt es wohl häufiger und passiert gleich mehreren aus unserer Gruppe. Die paar Kleinigkeiten, die ich brauche, finde ich in einem marokkanischen Tante-Emma-Laden, der auf kleinstem Raum alles anbietet, was man im Haushalt braucht. Da ich keinen Eierkarton dabei habe, schnitzt mir der Verkäufer kurzerhand einen Karton in der richtigen Größe.

Die Stadt endet mit Neubaugebieten, die direkt in der Wüste stehen. Danach kommen wieder endlose Weiten mit nichts. Immerhin scheint es mehr Wasser zu geben als sonst, weil die endlosen gerölligen Weiten mit kleinen grünen Büscheln getupft sind.

Unser Ziel ist wieder ein Flußtal, die Dades-Schlucht. Im Gegensatz zur Todra-Schlucht, aus der wir gerade kommen, ermöglicht der Dades einen Oasenstreifen mit Feldern und Bäumen entlang des Flußbettes. Während es in der Todra-Schlucht nur ganz wenige Dörfer gibt, reiht sich hier eines ans andere.


Wir sind auf der Straße der Kasbahs, alten Befestigungsanlagen aus Stampflehm, die zum Teil innerhalb, zum Teil außerhalb von Städten und Dörfern errichtet wurden. Heute sind sie fast alle verlassen und bröseln vor sich hin. Aber der Kontrast zwischen den rötlichen Lehmbauten, den gleichfarbigen Bergen im Hintergrund und dem Grün des Flußtals ist unglaublich schön. Wir halten bei einem Straßencafé, um Tee zu trinken. Kurz darauf halten wir nochmal, um ein „Berberomelette“ zu essen und auf einer Terrasse den Blick ins Tal zu genießen. Mit beiden Wirten kommen wir ins Gespräch und spüren den Stolz dieser Männer auf Ihre Berber-Herkunft.


Wir übernachten auf einem Campingplatz am oberen Ende der Schlucht auf 1.700 Meter Höhe. Der Platz ist sonnig und liegt direkt am Dades. Statt Palmen wachsen hier übrigens Birken, die man in dieser Gegend eigentlich nicht erwartet hätte. Die Bäume sind noch kahl, haben aber bereits einen Hauch von Grün. Saftig grün sind dagegen die kleinen Felder entlang des Flusses, auf denen Weizen angebaut wird. Außerdem blühen schon die Mandel- und Aprikosenbäume.

Unsere Reiseleiterin Maxie hat einen Schaden an ihrem Auto, der morgen als erstes repariert werden muss. Die Gruppe entscheidet sich deshalb, den nächsten Tag nochmal hier zu verbringen. Wir freuen uns alle darauf!
Mittwoch, 25.02.2025
Der Schaden an Maxies Auto ist größer als gedacht. Sie und Momo sind praktisch den ganzen Tag damit beschäftigt, eine Werkstatt und Ersatzteile zu finden. Gegen 17 Uhr kommt die Entwarnung: Das Auto läuft wieder!
Wir anderen verbringen einen wunderbar entspannten Tag an diesem schönen Ort.
Donnerstag, 26.02.2025
Bevor wir das Tal heute wieder verlassen, fahren Claus und ich einen Pass hoch und in die eigentliche Dades-Schlucht hinein. Auf dem höchsten Punkt auf 1800 Metern gibt es einen Kaffee in der Sonne und einen phantastischen Blick auf die Serpentinen.


Unser nächstes Ziel heute ist Soukra, etwa 80 Kilometer westlich. Nachdem wir das Dades-Tal verlassen haben, geht es wieder durch eine weite, schatten- und baumlose Landschaft. Im Süden sieht man schemenhafte Berge, im Norden die weißen Gipfel des Hohen Atlas. Und dazwischen: nichts. Die Weite und Kargheit und das gleißende Licht sind ziemlich überwältigend, und ein völliger Kontrast zum fast schon lieblichen Dades-Tal.

Freitag, 28.02.2025
Bei strahlender Sonne laufen wir zur nahegelegenen Kasbah Amridil, wo uns bereits ein Guide erwartet. Kasbahs waren die Burgen der Berber, befestigte Wohnanlagen, in denen Angriffe abgewehrt werden konnten. Sie sind um einen zentralen Innenhof gebaut, der im Verteidigungsfall Platz für weitere Personen aus den umliegenden Dörfern bot. Die Kasbah Amridil stammt aus dem 17. Jahrhundert und wurde in den letzten Jahren aufwändig restauriert. Wir laufen durch enge, niedrige Türbögen, sehen dunkle Wohnräume und eine Terrasse mit Wehrmauer und Schießscharten. Es werden Alltagsgegenstände wie Olivenpressen, Butterfässer, ein Malstein und verschiedene Backöfen gezeigt.



Wie alle Berber-Gebäude wurden die Kasbahs aus Stampflehm gebaut, eine jahrhundertealten Bautechnik, die teilweise bis heute praktiziert wird. In eine Holzschalung wird Lehm eingefüllt und zu einem Block festgestampft. Wenn er getrocknet ist, wird die Schalung entfernt und auf den fertigen Block gesetzt für die Produktion des nächsten. Neben den Blöcken aus Stampflehm wurden Ziegel aus Lehm und Stroh gefertigt und für schmalere Wände und dekorative Elemente verwendet. Zum Schluß muss alles nochmals mit Lehm verputzt und mit Dächern und Abläufen vor Nässe geschützt werden.

Lehmbauten gleichen die Temperaturextreme in diesen Gegenden perfekt aus: Sie kühlen bei Hitze und isolieren bei Kälte. Allerdings verwittern sie schnell und müssen regelmäßig repariert werden. Dieser Aufwand im Unterhalt wird heute vermieden, weshalb man in ganz vielen Dörfern Neubauten aus Ziegeln neben zerfallenden Lehmbauten sieht. Die neuen Häuser sind praktisch wartungsfrei – haben aber nicht das temperaturausgleichende Raumklima der Lehmbauten.

Während wir in der Kasbah sind, hat sich das Wetter verschlechtert. Als wir hinaustreten, gibt es einen richtigen Sandsturm. Als der irgendwann nachlässt, haben wir feinsten Sand in jeder Ritze des Autos, obwohl alle Türen und Fenster geschlossen waren.