Grand Tour of Switzerland, 1. Etappe, Juni 2021

Grand Tour erster Teil: Basel bis Lac du Joux

Dienstag, 8.6.

Da wir ja noch nicht ohne Quarantäne nach Deutschland oder Frankreich reisen dürfen, bleiben wir einfach in der Schweiz. Wir nehmen uns die „Grand Tour of Switzerland“ vor – eine 1600 km Entdeckungsreise auf Nebenstraßen durch die ganze Schweiz. Es geht über Alpenpässe, zu UNESCO-Welterbestätten, Biosphären und entlang von 22 Seen.

Wir starten die Tour in Basel mit einem Besuch bei Freunden. Gemeinsam machen wir einen kleinen Ausflug zum Rhein. Dort liegt eine von insgesamt vier Fähren, die ohne Motor an einem Seil von einer Seite zur anderen pendeln. Man läutet die Glocke, die am Ufer hängt, und schon kommt die Fähre von der anderen Seite herangefahren.

Wir setzen einmal über und zurück, genießen die relativ schnelle Fahrt (die Geschwindigkeit hängt von der Strömung und damit vom Wasserstand ab) und den Blick aufs Basler Münster. Sehr, sehr nett!

Rheinfähre ohne Motor. Die Fähre hängt an einem Seil und wird durch die Fließkraft bewegt.

Nach dem Besuch fahren wir weiter zur Fondation Beyeler, um uns die Ausstellung „Life“ von Olafur Eliasson anzuschauen. Er hat die Fenster zum Park entfernen lassen und das halbe Museum mit grünem Wasser geflutet. Die Trennung zwischen Innen- und Außenräumen ist  vollständig aufgehoben, und man wandelt auf hölzernen Stegen von außen durch mehrere Räume über grünes Wasser. Auf dem Rasen vor dem Museum sitzen Besucher und lassen die Stille des Parks und den Blick in die gefluteten Räume auf sich wirken.

Ausstellung „Life“ von Olafur Eliasson in der Fondation Beyeler.

Nach dem Museumsbesuch gönnen wir uns ein Abendessen im Dorfrestaurant in Riehen und fahren danach zum Womo-Stellplatz. Der ist an einer Einfallstraße nach Basel und sorgt für eine laute Nacht und wenig Schlaf. Weil es gewittert und schüttet, können wir die Luken nicht öffnen – es ist also nicht nur laut, sondern auch noch warm.

Mittwoch 9.6.

Nach dem Frühstück wollen wir nur noch raus aus der Stadt und beginnen die Grand Tour. Schon nach kurzer Fahrt sind wir auf dem Land; die Ausläufer des Schweizer Jura beginnen direkt hinter der Stadtgrenze. Wir halten in Maria Stein, nach Einsiedeln die zweitgrößte Wallfahrtskirche der Schweiz. In einer Grotte gibt es eine Marienfigur, die für viele Wunder gesorgt hat, zumindest wenn man nach den Hunderten von Votivtäfelchen aus Stein geht, die an den Wänden hängen. Maria Stein ist übrigens ein noch aktives Benediktinerkloster, in dem 9 Mönche mit Durchschnittsalter von weit über 80 den Betrieb aufrechterhalten.

Grotte in Mariastein mit Marienfigur.
Tausende von Votivtafeln zeugen von der Dankbarkeit der Pilger.

Weiter geht’s durch traumhafte Landschaft – Wälder, Wiesen, Hügel soweit das Auge reicht – bis St. Ursanne.

Auch hier gab es ein Kloster, dessen Gründung auf eine Wundergeschichte zurückgeht (angeblich hat ein Mönch hier einen Bären gebändigt – deshalb St. Ursanne). Oberhalb von Dorf und Kloster gab es eine Einsiedelei, die heute mit einer liegenden Mönchsfigur sehr naturalistisch nachgestellt wird.

Das mittelalterliche Städtchen liegt malerisch an einer Flußschleife des Doubs, den wir schon von unseren Frankreichurlauben kennen.

St. Ursanne am Doubs.

Der Ort ist wie ausgestorben; bis auf eine Kneipe, einen Coop und die Touristinformation (immerhin) hat alles geschlossen. Vielleicht corona-bedingt – oder aber noch zu früh in der Saison. Der Stellplatz liegt am Ortsausgang an einer ruhigen Nebenstraße und erlaubt uns eine wesentlich angenehmere Nacht als die in Basel.

Donnerstag, 10.6.

Am nächsten Tag ziehen wir weiter auf der Tourstrecke und genießen die Fahrt durch den Schweizer Jura, bergauf und bergab. Es geht hinauf auf eine Hochebene („Freiberge“ oder „Franche Montagnes“), die berühmt ist für Pferdezucht.

Und tatsächlich weiden hier Kühe und Pferde friedlich nebeneinander. Wir umfahren La Chaux de Fonds, die Geburtsstadt le Corbusiers und die Wiege der Schweizer Uhrenindustrie. Tatsächlich gibt es in der Gegend viele Uhren-Wiegen – überall trifft man auf die Fabriken namhafter Uhrenmarken.

Nach einem kleineren Pass („Vue des Alpes“) fahren wir hinunter zum Neuenburger See, lassen Neuenburg aber links liegen und halten uns Richtung Val de Travers. Das Tal ist berühmt für Uhren, Asphalt und Absinth! Im 19. Jahrhundert wurde der hier abgebaute Asphalt in die Metropolen der Welt geliefert – London, Paris und New York. Die berüchtigte Grüne Fee – Absinth – wird zwar heute noch an jeder Ecke verkauft, allerdings in einer gesundheitsschonenderen Variante.

Blick vom Val du Travers auf den Neuenburger See.

Auf der Fahrt ins Tal bewundern wir den Blick auf den Creux du Van– eine spektakuläre Felsenarena. Unser Stellplatz ist in einem kleinen Ort (Couvet) an einem Sportplatz und direkt am Fluss und lädt geradezu ein zum Fahrradfahren. Das machen wir dann auch.

Freitag 11.6.

Am nächsten Tag fahren wir (nachdem wir den Weg gefunden haben) auf das Hochplateau des Creux du Van. Wir nähern uns der Felsenarena von hinten. Das letzte Stück laufen wir und sind beeindruckt von den fast senkrecht nach unten stürzenden Felswänden. Ein idealer Platz, um die Drohne fliegen zu lassen – ist aber leider verboten ist, weil dort seltene Vögel brüten.

Spektakuläre Felsenarena: Der Creux du Van.

In einem Berggasthof direkt an der Krete und lassen wir die Teilnehmer einer Busreise an uns vorbeiziehen.

Samstag 12.6. bis Sonntag, 13.6.

Am nächsten Tag fahren weiter ins Val du Joux (noch eine berühmte Uhrengegend), ein Hochtal auf rund 1100 m Höhe. Das Navi führt uns weg von der Tour Richtung Pontarlier. So kommen wir auf dieser Fahrt doch noch kurz auf französischen Boden und bunkern auch gleich ein bisschen in einem supermarché. In Le Pont finden wir einen wunderbaren Stellplatz, der nicht in unseren apps aufgeführt ist. Es ist eine Wiese mit Bäumen und danebenliegender Koppel, auf der drei Pferde weiden: ein weißes, ein braunes und ein schwarzes. Alle drei wunderbar gepflegt, mit akkurat gestutzten Mähnen und Schwänzen. Hier bleiben wir zwei Tage, wandern, radeln um den See, genießen die Idylle und das fantastische Abendlicht und hören den Pferden beim Schnauben zu.

Blick vom Dent du Valion auf den Lac du Joux.
Lac du Joux.
Grand Tour zweiter Teil: Vom Lac du Joux nach Thun.

Montag 14.6.

An diesem Tag fahren wir rund 140 km und sind dafür ca. 5 Stunden unterwegs. Die Fahrt ist extrem abwechslungsreich und führt zunächst aus den sanften Hügeln des Jura hinunter zum Neuenburger See. Davor machen wir einen Abstecher nach Romainmotier, um uns die älteste romanische Klosterkirche der Schweiz anzuschauen.

Romanische Kostbarkeit: Die Klosterkirche von Romainmotier.

Nach den Hügeln des Jura geht es ganz langweilig auf der Autobahn im flachen „Unterland“ dem Neuenburger See entlang Richtung Murten. Das trutzige Städtchen hat eine intakte mittelalterliche Altstadt und eine gut erhaltene Stadtmauer mit zahlreichen Türmen. Murten oder Morat liegt genau an der deutsch-französischen Sprachgrenze, die Bevölkerung dementsprechend zweisprachig.

Blick von der Stadtmauer in Murten auf den Murtensee.

Nach Murten fahren wir über Fribourg und Richtung Gruyère. Weil wir Wäsche waschen müssen, haben wir uns einen Campingplatz ausgesucht.  Der Platzwart ist ein bisschen empört, dass wir wagen, ohne Reservierung übernachten zu wollen. Der Platz ist grässlich – und die Waschmaschine schon ausgebucht. Also nix mit Wäschewaschen. Dafür werden wir Zeugen eines kulturellen Clashs zwischen einer Gruppe von Roma und den anderen Campingplatzbesuchern. Die Roma haben in dem Fall die Überhand und beeindrucken mit PS-starken Boliden und perfekt gewienerten Wohnwagen. Ansonsten ist der Campingplatz genauso wie wir uns die Plätze in der Schweiz immer vorgestellt (und deshalb gemieden) haben: eng und spießig.

Dienstag 14.6.

Nix wie weg hier. Die nächste Etappe unserer Tour ist das Simmental im Berner Oberland. Nach den sanften Hügeln des Jura fahren wir jetzt ins Gebirge. Dies ist die Schweiz als Postkartenmotiv und der blaue Himmel mit weißen Wölkchen die perfekte Kulisse.

Wir halten in dem Örtchen Rossinière, bekannt für seine schönen, bemalten Chalets mit Schindeldächern. Überall im Ort hängen gestrickte und gehäkelte „Kunstwerke“. Wir lesen nach, dass die Ausstellung „de fil en aiguille“ (Vom Faden zur Nadel) am 12. Juni, dem Weltstricktag (!), eröffnet wurde und dass die Künstler/innen aus der ganzen Welt kommen. Am nettesten ist eine Reihe von „Promi“-Püppchen.

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Unser nächster Stellplatz entschädigt für unser Campingplatzerlebnis vom Vortag: Bei einem Bauernhof vor dem Örtchen Zweisimmen stehen wir ganz allein. Der Bauer, der seinen Betrieb bereits vor einiger Zeit aufgegeben hat, empfängt uns überaus freundlich, stellt uns seine Frau und seine beiden Enkel vor, und gibt Tipps für Wanderungen. Später macht er sogar eine Hofführung mit uns, und wir plaudern über die Entwicklung der Landwirtschaft in der Schweiz.

Mittwoch 15.6.

Eigentlich gefällt es uns hier so gut, dass wir gerne noch einen Tag bleiben würden. Aber mit dem Wohnmobil hat sich unsere Einstellung geändert: Vielleicht ist es um die nächste Ecke ja noch schöner. So fahren wir weiter – und finden tatsächlich einen Platz, der den vorhergehenden toppt. Im Diemtigtal, einem Seitenarm des Simmentals, stehen wir bei einem Ausflugsrestaurant auf einer Art Kanzel, die über dem Tal thront. Ein ganz wunderbarer Ausblick.

Ausblicke ins Simmental.

Donnerstag 16.6.

Am nächsten Tag fahren wir wiederum weiter auf der Suche nach dem noch schöneren Platz, aber das ist leider ein Fehler. Während wir im Diemtigtal auf 1100 m sind und auf unserer Kanzel immer ein kleines Lüftchen geht, liegt der nächste Platz „Bim Wald“ nur auf 660 m und ganz geschützt in einer Senke beim Bauernhaus.

Traumhafter Stellplatz „Bim Wald“ – leider ohne Schatten. Links das Mini-Bauernhaus.

Es ist heiß! Im Wohnmobil hält man es sowieso nicht mehr aus, davor auch nicht. Trotzdem ist der Platz eine Entdeckung: Die Gastgeber Hans-Ruedi und Doro sind außerordentlich reizend, Hans-Ruedi gibt uns eine kleine Karte mit Wander- und Radwegen und empfiehlt ein Schattenplätzchen am Waldrand mit Blick auf die Berge. Außerdem ist dies der Stellplatz mit der absolut perfektesten Infrastruktur, was darauf zurückzuführen ist, dass die beiden selbst Camper sind. Hans-Ruedi erzählt über seinen Werdegang und wie sie erst in höherem Alter überhaupt dazu kamen, den Hof zu übernehmen. Vor dem imposanten Bauernhaus steht gewissermaßen eine Kopie en miniature. Komplett mit Balkon, Fenstern und Geranien. Auf Nachfrage erfahren wir, dass dies ursprünglich ein Lagerhaus war, das später demontiert und an anderer Stelle aufgebaut und erst kürzlich wieder am ursprünglichen Platz aufgebaut wurde. Heute steht es unter Denkmalschutz, und ist doch nur durch Zufall erhalten geblieben. Auch hier versprechen wir wiederzukommen!

Bisher haben wir jeden Abend gekocht und im Wohnmobil gegessen. Bei den Temperaturen streike ich jedoch. Wir fahren zu einem Restaurant in der Nähe, das an einem kleinen Badesee liegt, und genießen das Lüftchen, das hier weht.

Freitag, 17.6.

Für heute werden wieder über 35 Grad angekündigt. Bei den Temperaturen mag man weder wandern noch radfahren. Das Gute am Wohnobil-Dasein ist, dass man jederzeit wegfahren kann. Oder auch nach Hause fahren. Genau das machen wir. Wir setzen uns auf die Autobahn und sind in 2,5 Stunden wieder Zuhause. Bei der Hitze ist es daheim auch schön, und außerdem blühen die Rosen.

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